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Ehrung für 70 Jahre Chorgesang

Werner Reich ist ein Urgestein der Ettlinger Vereinslandschaft

Er singt schon länger, als die meisten Ehen halten: Der Ettlinger Werner Reich ist für 70 Jahre Chorgesang geehrt worden. Die Matinee seines Vereins, der „Freundschaft Ettlingen“, bestritt der Geehrte – wie sollte es auch anders sein – mit eigenen Gesangsbeiträgen.

Ausdauernde Stimme: Werner Reich (links) wurde für 70 Jahre Chorgesang bei der „Freundschaft Ettlingen“ geehrt – Josef Offele (rechts), Präsident des Badischen Chorverbandes und ehemaliger Ettlinger Oberbürgermeister, übergab die Urkunde.
Ausdauernde Stimme: Werner Reich (links) wurde für 70 Jahre Chorgesang bei der „Freundschaft Ettlingen“ geehrt – Josef Offele (rechts), Präsident des Badischen Chorverbandes und ehemaliger Ettlinger Oberbürgermeister, übergab die Urkunde. Foto: Werner Bentz

Von unserer Mitarbeiterin Natalie Friedrich

Gedämpftes Stimmengewirr erfüllt am Samstag kurz vor elf Uhr die Stadthalle Ettlingen. Ellbogen treffen dort corona-konform aufeinander und Hände werden zum Gruß erhoben – besonders dort, wo Werner Reich gerade durch die restlos belegten Sitzreihen schlendert.

Hundert Menschen, darunter zahlreiche Ehrengäste aus Politik und Chorverbänden, haben sich zusammengefunden, um an der Ehrungsmatinee Reichs durch seinen Verein, die Freundschaft Ettlingen, teilzunehmen. Sie findet im Rahmen eines Chorkonzertes des Vereins unter dem Motto „Das Leben mit Gesang erleben“ statt – und das ist auch ganz wörtlich zu verstehen: Der mittlerweile 86-jährige Werner Reich, Urgestein in der Ettlinger Vereinslandschaft, sollt für 70 Jahre aktiven Chorgesang eine Auszeichnung erhalten.

Optimismus in den Liedern wie auch im Leben

Pünktlich um elf Uhr öffnet sich der Vorhang und gibt den Blick auf das Wappen der „Freundschaft“ frei, die 1898 gegründet wurde und bei der Reich 56 Jahre lang Vorstand war. Vor dem ersten seiner drei Soli erzählt Reich: „Vor 71 Jahren stand ich zum ersten Mal auf dieser Bühne hier und habe gesungen“. Das Publikum reagiert mit Bewunderung, die augenblicklich in Amüsement umschlägt, als Reich darauf aufmerksam macht, dass der folgende Titel „Wie oft schaut’s trüb am Himmel aus“ auch heute sehr gut passe.

Es genügt nicht, sich bei Werner Reich nur auf das Singen zu beschränken
Josef Offele, Präsident des Badischen Chorverbandes

Der Großteil der Lieder verbreitet Optimismus. Das greift Josef Offele, ehemaliger Ettlinger OB und derzeitiger Präsident des Badischen Chorverbandes, auf, als er den Jubilar in sehr persönlichen Worten würdigt. Optimismus sei auch in Werner Reichs Charakter verhaftet. Dass seine Laudatio für Reich ein wenig lang geworden sei, entschuldigt er mit den Worten: „Es genügt nicht, sich bei Werner Reich nur auf das Singen zu beschränken.“

Eine wichtige Prägung Reichs war zum Beispiel die Stadt Ettlingen, in der er seinen gesamten Lebensunterhalt verdient und auch ehrenamtlich viel bewegt hat. Ob als Fastnachter oder als langjähriger Stadtrat oder eben als treuer Sänger.

Der Geehrte besingt die Freundschaft und das Singen

Ein „waschechter Dohlenaze“, der seine Wurzeln bis in die Zeit von Markgräfin Sibylla Augusta zurückführen könne, sei Reich. Und einer, der seine Familie „lebt und liebt“, so Offele. Besonders dem Gesang bei der „Freundschaft“ blieb Reich treu – neben seinem Gitarrenspiel, 25 Jahren im Gemeinderat, dem Engagement in der Ettlinger Narrengilde, bei der er 16 Jahre Präsident war, sowie seinem Faible für die Ettlinger Mundart.

Angesichts des vielfältigen Engagements merkt Offele an, dass Werner Reichs Tag wohl 36 bis 48 Stunden gehabt haben müsse. Dabei sei er immer „sehr zielgerichtet, beinahe stur, aber immer sympathisch gewesen“. Die „bemerkenswerte Persönlichkeit“ Werner Reichs bekam bereits viele Auszeichnungen, beispielsweise die Landesehrennadel.

Reich selbst erwidert auf die Laudatio bescheiden: „Josef, ich glaube, du kennst mich besser, als ich mich selbst!“, was den Saal hörbar erheitert. Reichs zweites Solo hat er selbst getextet. Er drückt darin den Stellenwert der Freundschaft („Sie war immer mein Leben“) und des Gesangs („Ob in Freud oder Leid, singen zu jeder Zeit“) für sein Leben aus.

Anschließend singt er noch „Der Baum des Lebens“ und berührt damit viele Menschen im Publikum. Neben Reich erhält auch Dirigent Alexej Bourmistrov für sein Solo frenetischen Applaus. Am Ende bedankt sich Reich und lässt den Chor für das Publikum applaudieren. Aber erst nachdem er ihm das Lied „Lebe-Liebe-Lache“ auf den Heimweg mitgegeben hat.

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