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Azubis aus Can

Wie Schüler aus dem türkischen Can das Ettlinger Augustinusheim erlebten

Das Ettlinger Augustinusheim verbindet eine enge Partnerschaft mit einer Schule im türkischen Can. Für eine Woche hat eine Schülergruppe von dort Deutschland besucht – und viele Eindrücke mitgenommen.

Voneinander lernen: Beim deutsch-türkischen Austausch im St. Augustinusheim gab es auch einen Keramik-Workshop, mit dabei waren Yücel Dogan (von links), Gizem, Ilhan, Joshua und Ersin Özdemir.
Voneinander lernen: Beim deutsch-türkischen Austausch im St. Augustinusheim gab es auch einen Keramik-Workshop, mit dabei waren Yücel Dogan (von links), Gizem, Ilhan, Joshua und Ersin Özdemir. Foto: Klaus Müller

Heimweh? „Nein, absolut nicht.“ Die Antwort von Ilhan und Gizem kommt geradeheraus. Vielmehr sind die beiden traurig, dass es jetzt wieder zurück nach Hause in die Türkei geht. „Das war hier ein toller Aufenthalt“, kommentieren der 19-jährige Konditorlehrling Ilhan und die 18-jährige angehende Friseurin Gizem die vergangenen Tage in der Region. Die beiden Jugendlichen aus der türkischen Kleinstadt Can gehören zu einer Gruppe von je drei jungen Männern und Frauen, die zu Gast im Ettlinger St. Augustinusheim waren.

Vorbereitung auf den Austausch fällt schwer

Seit einigen Jahren verbindet das Augustinusheim als UNESCO-Projektschule mit dem Berufsschulzentrum in Can eine enge Partnerschaft, die vom gegenseitigen (Jugend-)Austausch lebt. „Finanziert wird der Aufenthalt von der deutsch-türkischen Jugendbrücke“, berichtet Ersin Özdemir, Lehrer und Ausbilder am Augustinusheim.

Er betreut das Projekt zusammen mit Joachim Wilmshorst, Leiter der UNESCO-AG. Unterstützt wird der interkulturelle Jugendaustausch überdies vom türkischen Unternehmen Kate Group. In der 30.000 Einwohner zählenden Stadt Can, zwischen Istanbul und Izmir gelegen, betreibt Kate eine der größten Keramikfliesen-Produktionsstätten in Europa.

Für die Jugendlichen aus der Türkei ist es der erste Aufenthalt in Deutschland. „Vor dem Besuch war ich schon nervös. Ich wusste nicht, was auf mich zukommt“, gesteht Ilhan. Ähnlich erging es Gizem. Sicher, die jungen Türken, die kein Wort Deutsch können, wurden auf ihren einwöchigen Aufenthalt vorbereitet. „Das versuchen wir auch, wenn unsere Jugendlichen in die Türkei fahren“, erklärt Özdemir. Und doch ist es eine ganz andere Situation, wenn man sich dann im anderen Land befindet.

Bei der Verständigung hilft das Handy

Zuvor müssen sich die Reisenden in Sachen interkultureller Austausch bewähren. „Wichtige Kriterien dabei, das gilt hier wie dort, sind soziale Kompetenz und Verlässlichkeit“, betonten Yücel Dogan, Schulleiter in Can, und Özdemir. Das „Auswahlverfahren“ scheint gut zu funktionieren. Schnell fand die deutsch-türkische Gruppe zusammen. Kein Heimweh und ein Abschied, der allen schwerfällt, sind sichere Indizien dafür. Sprachbarrieren wurden mit Übersetzungs-Apps via Smartphone überwunden.

Angetan von der Offenheit, mit der sie aufgenommen worden seien, zeigen sich Ilhan und Gizem: „Das hätten wir so nicht erwartet.“ Eher schon, dass in Deutschland, wie sie es dann auch erlebten, alles strukturiert abläuft – und dass „die meisten an einer roten Ampel halten“.

Gefragt nach der Situation von Jugendlichen in ihrer Heimat, schauen sie zunächst ihren Schulleiter an. Der zuckt mit den Schultern. „Für junge Menschen ist es bei uns zurzeit nicht einfach“, sagen die beiden. „Die Lebensumstände sind hart. Es fehlt oft an Perspektiven.“ An was es liege? „An der Politik von oben“, lassen sie anklingen.

Abschiedsschmerz vor dem Gegenbesuch

In Deutschland habe es ihnen gut gefallen: bei Ausflügen in den Europapark, nach Stuttgart zu Daimler, auf Entdeckungstour in Karlsruhe oder in Straßburg und beim gemeinsamen Arbeiten in Werkstätten des Augustinusheims. Nicht weniger angetan als ihre Gäste sind Adam und Joshua über die türkischen Jugendlichen: „Die sind so höflich. Die kann man kaum bremsen.“ Der Blick über den Tellerrand – „eine wichtige Vorgabe des Austauschs“, so Wilmshorst – eröffnet einen Blick für den anderen, auch für dessen Kultur. Kaum verwunderlich, dass der Abschied auf beiden Seiten schwerfiel. Tröstlich mag da sein, dass demnächst der Gegenbesuch in der Türkei ansteht.

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