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Sprache als Identifikation

"Gehirnverschütterung" und "Bosovil": Geheime Familien-Wörter aus der Region

"Jede Familie hat ihre eigenen Wörter oder grammatikalischen Auffälligkeiten." bnn.de wollte wissen, wie kreativ die Familien in der Region sind. Zu den schönsten Einsendungen der Nutzer gehören "Schnucken", "Gehirnverschütterung" und "Bosovil.

Jede Familie hat ihre eigenen Wörter oder grammatikalischen Auffälligkeiten. Häufig spielen Kinder eine wichtige Rolle bei ihrer Entwicklung.
Jede Familie hat ihre eigenen Wörter oder grammatikalischen Auffälligkeiten. Häufig spielen Kinder eine wichtige Rolle bei ihrer Entwicklung. Foto: Imago

"Jede Familie hat ihre eigenen Wörter oder grammatikalischen Auffälligkeiten." Das sagte Ekkehard Felder, Professor für Germanistische Linguistik an der Universität Heidelberg, Ende Juli in einem Interview mit bnn.de. "Sie sind identitätsstiftend und unser Alleinstellungsmerkmal", erklärte er, "das zeichnet uns aus und unterscheidet uns von anderen Familien."

Bei der Veröffentlichung wollte bnn.de wissen, welche geheimen Wörter es in den Familien in der Region gibt. Viele Leser und Nutzer haben sich gemeldet. Das sind die schönsten Wortkreationen:

So schreibt Yasmin Ritz, dass es in ihrer Familie das Verb kopfen gibt. Ihre kleine Tochter hat als Baby vor dem Einschlafen immer den Kopf hin und her geworfen. "Meine Nichte hat das als Kopfen betitelt, und seitdem sagen wir das immer, wenn sie das macht", schreibt Ritz weiter.

Schmupp für gemeinsam genutzte Sachen

Jörg Rupp aus Malsch erklärt, dass seine Familie aus den Teilen Rupp und Schmidt besteht. Daher bekommt alles, was gemeinsam genutzt wird, das Präfix Schmupp . So heißt der Mediareceiver im häuslichen LAN Schmuppceiver , das DECT-Telefon Schmuppfon . "Wir hätten uns so umbenannt, wenn es namensrechtlich möglich wäre", schreibt Rupp weiter.

Lautmalerisch ist die Familie von Sibylle Puppe aus Eggenstein-Leopoldshafen unterwegs. "Bring bitte noch Pft Pf t mit", steht bei ihr auf dem Einkaufszettel. Damit ist Glasreiniger gemeint.

Bei Nadja Gier ist es ähnlich. " Hatschuscheider ist das Wort für Blume bei uns. Weil meine Schwester an einer Blume gerochen hat und niesen musste", schreibt sie. Krakra ist in der Familie das Wort für Vogel.

MuckslMeckerle

Noch heute sprechen wir von einer
Gehirnverschütterung!

"Unser Sohn hatte als Kind mal eine Gehirnerschütterung. Noch heute sprechen wir – wie er damals – von einer Gehirnverschütterung !", schreibt Petra Schröder aus Karlsruhe.

Eine Leserin erklärt, dass in ihrer Familie Rosenkohl Kullerkohl heißt und ein Nudelgericht mit allerlei untergemengten Gemüsestreifen Halligallitopf . Die Wortschöpfungen entstanden, als ihre Kinder noch klein waren. Damals kullerte der Kohl im Teller herum, wenn man ihn mit Besteck aufnehmen wollte, und das Nudelgericht wurde nur in einem Topf zubereitet und sah kunterbunt aus. "Die Betitelungen trugen dazu bei, gesunde Gerichte für Kinder interessant (und schmackhaft) zu machen, und es hat geklappt", schreibt die Leserin.

Nina Kassel aus Karlsruhe erklärt, dass Mitglieder ihrer Familie getruschelt aussehen können. " Getruschelt ist man, wenn man versucht hat, sich hübsch anzuziehen, aber das Ganze daneben gegangen ist, also eher lächerlich oder geschmacklos aussieht", schreibt sie.

Geheimes Familienwort wird latinisiert

Edgar Mackert aus Pfinztal hat eine Reihe von Neologismen, also Wortneuschöpfungen: Bebm ist ein Fläschchen, Büben Sprudel. Gaag ist ein Glas, Gagen ein Schlafsack und Bömmelein ein Bäuerchen. "Diese lustigen Wortschöpfungen sind in der Familie immer noch im Gebrauch, besonders das Bömmelein (unter anderem Weizenbierbömmelein), obwohl unsere Älteste bereits 44 Jahre alt ist. Jaja, so manches verfestigt sich halt und hat Bestand", schreibt Mackert.

Erik Vollmer aus Sasbach erklärt, dass es in seiner Familie das Wort schnucken für schlafen gibt. Vermutlich stamme der Begriff aus der Zeit, als die Kinder noch sehr klein waren. "Jetzt sind sie schon längst aus dem Haus, aber das Wort hat die Zeiten überdauert", teilt Vollmer mit. Das Wort wurde sogar weiterentwickelt. "Die Kinder haben Latein als erste Fremdsprache gehabt. Also haben wir den Begriff auch latinisiert: schnuquer e, schnuquo , schnuqui , schnucktum . In E-Mails an die Kinder am späten Abend steht dann manchmal 'Nunc schnuquere volo, Mama iam schnuquit ' oder so ähnlich."

Hinter Bosovil verbirgt sich ein Gemüse

"In unserer Familiensprache gibt es das Wort Bosovil (zum ersten Mal geschrieben) und jeder weiß, dass es sich dabei um Sellerie handelt", teilt Eva Neumann aus Karlsruhe mit. Dieses Wort entstand, als ihr Vater auf dem Markt Sellerie einkaufte. Damit kam er nach Hause. Ihre Mutter sah die Riesenknolle und rief erschrocken aus: „Boa so viel!“ Dieses Wort ist jetzt seit 50 Jahren ein feststehender Begriff in ihrer Familie.

"Für mich gab es bis zur Grundschulzeit nur dieses Wort für Sellerie, sodass ich in der Schule selbst bei den Lehrern vehement darauf bestanden habe, dass es sich um die richtige Bezeichnung handelt", schreibt Neumann. "Als ich nach der Schule nach Hause kam und mein Unverständnis meinen Eltern gegenüber äußerte, wurde ich aufgeklärt, dass Sellerie das richtige Wort ist, ups."

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