Seit vier Monaten ist Carlo Sickinger Kapitän beim 1. FC Kaiserslautern. Mit 22 Jahren ist er der jüngste Spielführer in der dritten Liga, nennt sich nach acht Jahren im Verein einen "fußballerischen Lauterer". Dabei dominiert in Carlos Heimatort ein anderer Verein: der Karlsruher SC. Doch zum KSC habe er schon immer eine gewisse Rivalität.
Im Keller der Familie Sickinger aus Stutensee haben sich früher kleine Dramen abgespielt. Klebeband, eine Matratze, ein Ball – und Tränen. Luca, heute 25, bastelte mit seinem Bruder Carlo (22) ein Tor an die Wand. Der Große bekam den Ball, der Kleine versuchte sich als Torwart. „Luca hat mich oft zum Weinen gebracht“, gibt Carlo die Pleiten gegen seinen Bruder zu.
Mehr zum Thema:Er sitzt an einem Februar-Nachmittag in den Katakomben des Fritz-Walter-Stadions in Kaiserslautern. Seit November 2019 ist der gebürtige Karlsruher Kapitän des 1. FC Kaiserslautern und damit ein gefragter Mann. Bei einem Club wie dem FCK bedeutet das auch mal negative Presse. Das härte ab. Über die Bruder-Duelle kann er nach mehr als 15 Jahren zwar lachen, vergessen hat er sie nicht.
Die Sickingers aus Stutensee sind eine Fußball-Familie
Carlo Sickinger kommt aus einer Fußballer-Familie. Vater Norbert und Opa Günter waren Spieler und Trainer in der Region. Günther kickte zwei Jahre in der Reserve des Karlsruher SC. Beim Heimatverein der Sickingers, dem FC Spöck, waren beide viele Jahre aktiv - Norbert sogar fast 20 Jahre im Jugendbereich. Klar, dass auch Luca und Carlo erstmals beim FCS ihre Fußballschuhe schnürten. Luca blieb in Karlsruhe, spielt heute im Mittelfeld des Verbandsligisten FV Fortuna Kirchfeld.
Weil Carlo beim in Karlsruhe unbeliebten FCK spielt, kassiert der Ältere schon mal Sprüche im Training in Baden. „Alles aus Spaß“, versichert Bruder Luca. Über Carlo verliert er kein schlechtes Wort. Die kritischsten sind, dass dieser sehr „ehrgeizig“, quasi „perfektionistisch“, sei.
Wenn einen Fehler nicht ärgern, ist das ein falsches ZeichenCarlo Sickinger, Kapitän des FCK
Dabei ist es dem 22-Jährigen egal ob es ein Keller-Kick oder ein Drittliga-Spiel in Münster ist – so wie im August 2019. Carlo Sickinger ist in seiner zweiten Profi-Saison Stammkraft im Mittelfeld. In der 51. Minute steht er am Elfmeterpunkt, hat die Chance auf 2:0 zu erhöhen – und verschießt.
Der FCK kassiert im Gegenzug den 1:1-Ausgleich und verliert letztlich mit 2:3. Zurück in Kaiserslautern schnappt sich Carlo sein Rad und fährt los – „Zeit für sich“ nennt er das und ergänzt: „Wenn einen Fehler nicht ärgern, ist das ein falsches Zeichen.“ Selbst für die Pleiten gegen Luca ist er „dankbar“.
Zwei Mal im Probetraining: Der KSC war damals "nicht so aufmerksam"
Mit 15 Jahren wechselte er vom SV Sandhausen in die U16 des FCK. Ein Jahr später folgte der Umzug ins Internat. Heute wohnt er mit seiner Freundin in der Pfalz, sieht sich nach knapp acht Jahren bei den Roten Teufeln als „fußballerischen Lauterer.“ Karlsruhe ist für ihn „Heimat“, für den KSC hat er jedoch nie gespielt. Zwei Mal sei er im Probetraining im Wildpark gewesen. „Sie waren nicht so aufmerksam. Kaiserslautern wollte mich unbedingt“, sagt Sickinger.
Ruhiger Typ mit der nötigen Identifikation beim FCK
Der 22-Jährige ist ein ruhiger Typ, wirkt abgeklärt, blickt seinem Gegenüber beim Reden in die Augen. FCK-Coach Boris Schommers betont, Carlo verkörpere alles, was ein Kapitän braucht. Angefangen bei der „Identifikation mit dem Verein.“
Dazu komme: „Er kann mit Drucksituationen während des Spiels sehr gut umgehen.“ Langjährigen Wegbegleitern zufolge, habe sich Sickinger in den vergangenen zwei Jahren enorm verbessert. Technisch-versiert und passstark baut Sickinger als Sechser das FCK-Spiel auf – zur Not mit Kommandos: „Es gibt Situationen, da werde ich lauter, weil ich denke es hilft“, erklärt Sickinger.
Auch interessant:Mit Sickinger als Kapitän feierte der FCK zunächst fünf Siege am Stück. Kaiserslautern schnupperte sogar an den Aufstiegsrängen. Ein kurzes Hoch. Seit sieben Spielen sind die Pfälzer sieglos. So auch am Samstag beim 1:1-Remis beim SV Waldhof Mannheim. „Wir haben 90 Minuten gut gespielt. Es fühlt sich an wie eine Niederlage“, kommentierte Sickinger den Gegentreffer in der 87. Minute. Ein Sieg hätte nach dem Rauswurf von FCK-Legende Gerry Ehrmann und aktuell Tabellenplatz 13 für Entspannung gesorgt.
Erfahrene FCK-Profis akzeptieren Sickinger als Kapitän
Bereits bei Sickingers Amtseinführung im November 2019 brodelte der Betzenberg. Trainer Schommers suspendierte nach einer Pleite gegen Würzburg drei Spieler – darunter Kapitän Christopher Hemlein. Carlos’ Wort sollte durch die Beförderung „mehr Kraft bekommen“, erklärte Schommers.
Erfahrene Profis wie André Hainault oder Kevin Kraus unterstützen ihn. „Sie nehmen an, was ich sage und sagen mir, was ich verbessern kann“, erklärt er und ergänzt: „Ich bestimme ich nicht, wo es langgeht.“
Gewisse Rivalität zum KSC
Etwas emotionaler wird er bei einem Thema dann doch noch: Im Februar 2019 postete er ein Foto mit dem Zusatz „Derbysieger“ auf Instagram. Gemeint war der 1:0-Erfolg des FCK beim KSC. Wiedergutmachung für die Verschmähung von einst? Sickinger: „Ich habe früher häufig in der Jugend gegen den KSC gespielt. Da war schon immer eine gewisse Rivalität.“
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