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Neues aus dem Elternleben

Früher war mehr Brandgefahr

Potenziell gefährlicheTeelichter gegen bunt blinkende Plastikstäbe, insbrünstiges Singen gegen schweigende Trauermärsche. Was das St. Martins-Fest angeht, war früher alles besser, findet die Autorin unserer neuesten Kinderkram-Kolumne.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Jetzt mal ehrlich: Was das St. Martins-Fest angeht, war früher alles besser! Da bastelten wir unsere Laternen noch ganz alleine aus schwarzem Tonpapier und ein paar Transparentpapierfetzen, die wir mehr schlecht als recht zusammenklebten. Wir rollten mit ungeschickten Fingern Tesafilm zu einem Ring, den wir auf den Boden unserer Laterne klebten, um darauf schief und krumm ein Teelicht zu befestigen. Dieses wiederum sorgte während der Tour für wohligen Nervenkitzel bei unseren Eltern: „Wird es die Laterne meines Kindes sein, die heute abbrennt?“, fragten sie sich. Denn eins war sicher: Mindestens eine Laterne würde als Versinnbildlichung der Liedzeile „Brenne auf mein Licht“ unter lautem Geschrei des jeweiligen kleinen Pechvogels und den pyromanisch blitzenden Augen der restlichen Gesellschaft in lodernden Flammen aufgehen. Überhaupt, die Lieder! Kilometerweit stapften wir damals durch die dunklen Straßen unseres Heimatortes, und sangen stundenlang wundervolle Weisen von denen wir nur die erste Strophe konnten und sie bis zur Redundanz wiederholten.

Und heute? Heute schneiden die Kinder das Rohmaterial für elaborierte Laternen in Form von Füchsen, Vögeln oder Nachtwächtern aus, die sie im besten Fall mit ein wenig Hilfe selbst zusammenkleben, während Mama und Papa im schlimmsten Fall zum Eltern-Laternebasteln anrücken müssen, wo sie leise fluchend Tiergesichter malen, um danach mit spitzen Drähten und Heißklebepistolen zu hantieren. Am St. Martinstag selbst ziehen sie nach jeweils einer Strophe „Laterne, Laterne“ und „Ich geh’ mit meiner Laterne“ schweigend auf kurzer Runde durch die Straßen – ganz ohne Brandgefahr, denn die Teelichter wurden schon vor langer Zeit durch bunte Plastikstäbe mit kleiner Birne ersetzt, deren Batterielaufzeit gefühlt elf Minuten beträgt und deren erschreckendste Exemplare unablässig rummelplatzbunt blinken.

Ok, diese Brandrede ist vielleicht etwas übertrieben. Nur singen, wieder mehr singen - das wäre wirklich schön.

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