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Scheitern als Erfolgsrezept

"Fuckup Nights" kommen nach Karlsruhe

Scheitern gehört zum Leben – und ist in der Gründerszene völlig normal auf dem Weg zum Erfolg. Trotzdem wird Scheitern in Deutschland noch oft als Versagen wahrgenommen. Zwei Karlsruherinnen wollen das ändern und holen die so genannten Fuckup Nights in die Fächerstadt.

Scheitern ist gar nicht schlimm, finden Linda Roth und Melanie Schoen. Die beiden wollen so genannte "FuckUp Nights" in Karlsruhe etablieren.
Scheitern ist gar nicht schlimm, finden Linda Roth und Melanie Schoen. Die beiden wollen so genannte "FuckUp Nights" in Karlsruhe etablieren. Foto: Jörg Donecker
Scheitern gehört zum Leben – und ist in der Gründerszene völlig normal auf dem Weg zum Erfolg. Anders als etwa in den USA, wo Misserfolge als wertvolle Erfahrungen und damit positiv bewertet werden, wird Scheitern in Deutschland noch oft als Versagen wahrgenommen. Zwei Karlsruherinnen wollen das ändern und holen die so genannten Fuckup Nights in die Fächerstadt.

"Scheiße bauen" als Event

„To fuck up“ bedeutet im Englischen etwa „Scheiße bauen“ oder etwas „versauen“. Unter diesem bewusst provokativen Motto sprechen bei der ursprünglich aus Mexiko stammenden Eventreihe seit 2015 bekannte Persönlichkeiten über ihre beruflichen Misserfolge – in Deutschland waren etwa der FDP-Politiker Christian Lindner oder der verurteilte Ex-Manager Thomas Middelhoff schon dabei.

Rund um Karlsruhe hat sich das Format bereits in Stuttgart, Mannheim oder Freiburg etabliert. Auch in der Fächerstadt gab es vor ein paar Jahren erste Ansätze, Fuckup Nights als feste Veranstaltung zu etablieren – bisher ohne Erfolg. Aber für Linda Roth und Melanie Schoen noch lange kein Grund, es nicht zu versuchen. Die freie Journalistin und die selbstständige Online-Marketingberaterin sind fest entschlossen, den Karlsruhern die Angst vor dem Scheitern zu nehmen.

Dem Scheitern eine Bühne geben

Die Idee, Fuckup Nights in Karlsruhe zu organisieren, kam Roth im vergangenen Jahr, als sie für einen Artikel in der BNN-Wochenendbeilage „Der Fächer“ mit einem Mann sprach, der schon mit mehreren Geschäftsideen gescheitert war. „Ich will dem Scheitern eine Bühne geben“, meint sie. Sie sprach ihre Freundin Schoen an, die war sofort Feuer und Flamme von der Idee und hatte wenige Tage später schon ein Gespräch mit den Erfindern aus Mexiko organisiert, um die Lizenzrechte der Veranstaltung für Karlsruhe zu erwerben.

Denn die Fuckup Nights sind eine ganz spezielle Mischung aus Business-Veranstaltung und After-Work-Event in lockerer Atmosphäre. Pro Abend treten drei bis vier so genannte Speaker auf, die in sieben Minuten ihren persönlichen Misserfolg schildern. Danach folgt eine zehnminütige Fragerunde, zwischen den Auftritten gibt es Drinks und Musik, im Anschluss klingt der Abend locker aus.

Fuckup Nights sollen nicht nur Gründer ansprechen

„Karlsruhe ist eine Stadt mit einer so starken Gründerszene, da ist großer Bedarf an so einer Veranstaltung“, findet Schoen. Die Karlsruher Fuckup Nights sollen aber nicht nur Gründer ansprechen, stellt Roth klar. „Wir wollen alle erreichen. Gründer, Angestellte, Künstler, Visionäre…“ Und Schoen ergänzt: „Man kann eigentlich überall etwas gegen die Wand fahren.“ Als Selbstständige wisse sie gut, was es heißt, Dinge auszuprobieren, ohne eine Erfolgsgarantie zu haben. „Aus dem Umfeld hört man oft den Satz: ,Was ist, wenn’s schiefgeht?’“

Das sage viel über die Grundeinstellung, die in Deutschland oft herrsche. „Ich frage mich immer: Wie ist Innovation in diesem Land überhaupt möglich?“ Die meisten Veranstaltungen in Karlsruhe drehten sich um Erfolg, meint Schoen, die in der hiesigen Startup-Szene gut vernetzt ist. „Aber wenn alles gut läuft, hinterfragt man es ja nicht.“ Viel mehr könne man durch Misserfolge lernen – auch durch die anderer Menschen.

Was ist, wenn's schief geht?

Im persönlichen Gespräch, sagt sie, seien die Menschen eigentlich ganz offen mit ihrem Scheitern um und erzählten frei heraus. Aber öffentlich darüber zu sprechen, trauten sich die wenigsten. Zu groß – noch – die Angst, als Verlierer dazustehen, als unprofessionell angesehen zu werden. „Dabei ist es wahnsinnig beeindruckend zu hören, wie diese Personen es geschafft haben, sich da wieder rauszuziehen“, sagt Roth. Und wiederum ergänzt Schoen: „Keiner mit dem ich gesprochen habe, bereut irgendetwas. Alle sagen: Es musste so kommen, jetzt geht es mir besser als vorher.“

Aber was ist, wenn’s schief geht? Wenn die Karlsruher sich einfach nicht fürs Scheitern und die Fuckup Nights begeistern lassen? „Dann gehen wir halt nach Freiburg oder Mannheim“, sagt Roth, und beide lachen laut heraus. Schoen meint: „Dann haben wir es wenigstens versucht.“

Die erste Fuckup Night findet am Donnerstag, 14. März, um 18.30 Uhr (Einlass 18 Uhr) im Club „Die Stadtmitte“ statt. Tickets gibt es unter fuckupnights.com/karlsruhe und an der Abendkasse.

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