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Gordon Stipic

Für Karlsruher Spielerberater steht fest: Corona wird den Fußball nicht revolutionieren

Der Fußball in Europa nimmt den Betrieb wieder auf: Dem deutschen Beispiel mit Geisterspielen wollen in Kürze auch England, Spanien und Italien folgen. Ob sich das Milliardengeschäft Fußball in der Krise reformiert, ist indes fraglich: Zwar gibt es derzeit weniger Transfers. Spielerberater Gordon Stipic allerdings schätzt: Die Revolution bleibt aus.

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Spielerberater Gordon Stipic (Agentur ISMG ) am Schreibtisch. GES/ Fussball/Interviewtermin mit Gordon Stipic, 25.05.2020 Foto: None

Das Kalkül der Deutschen Fußball Liga (DFL), im Notbetrieb mit ihren Clubs über die erste Corona-Runde zu kommen, scheint aufzugehen. Englands Premier League will nach diesem Modell am 17. Juni weiterspielen, Spaniens La Liga ab dem 11. Juni und Italiens Serie A ab dem 20. Juni. Spielerberater wie der Karlsruher Gordon Stipic rechnen mit einem zurückhaltenden Transfer-Sommer und wehren sich gegen Kritik des DFB und der DFL.

Trotz der Rückkehr zur Fußball-Produktion treffen die Pandemie-Folgen natürlich auch das Geschäftsfeld der International Sports Management Group (ISMG). Sonst um diese Jahreszeit bahnt deren Inhaber Gordon Stipic vom Agentursitz in Karlsruhe aus Spielertransfers an, über die man in der europäischen Branche spricht.

Derzeit kaum Bewegung auf dem Markt

Beispiele der Sommer-Wechselperioden 2018 und 2019: Jannik Vestergaard für 25 Millionen Euro von Borussia Mönchengladbach zum FC Southampton. Andrij Jarmolenko für dieselbe Summe von Borussia Dortmund zu West Ham United, Maximilian Philipp für 20 Millionen Euro vom BVB zu Dinamo Moskau – schließlich: Caglar Söyüncü, für geschätzt über 20 Millionen Euro vom SC Freiburg zu Leicester City.

Aktuell rührt sich nichts auf dem Markt. Die Vertragsverlängerung des früheren KSC-Profis Grischa Prömel bei Union Berlin habe man kürzlich eingetütet, erzählt Stipic, ansonsten: abwartende Bundesligisten allenthalben.

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Die Angst der deutschen Clubs ist dieselbe wie die der Vereine in England, Spanien und in Italien. Alle Planungen seien „um etwa acht Wochen nach hinten versetzt“, schätzt er. Für die Sommerperiode 2020 in Deutschland erwartet Stipic „nicht viele Transfers in der Spanne zwischen fünf und zehn Millionen Euro“.

Keine Corona-Revolution im Fußball?

Es werde intensiver getauscht oder ausgeliehen – „aus Unwissenheit, wohin die Reise geht. Möglicherweise spielt man ja auch die nächste Saison ohne Zuschauer“, erklärt Stipic. Er spricht von einer „angespannten Lage“, lächelt dabei und vergleicht die Momentaufnahme mit dem Verlauf einer Aktie. „Der ist ja auch schwankend. Corona wird den Fußball nicht revolutionieren, wie man das zuletzt auch von einigen Fachleuten gehört hat. Meiner Meinung nach werden wir wieder da ansetzen, wo wir vor Corona aufgehört haben. Es wird wieder so sein, dass wir die Ablösesummen und auch die Gehälter in den vormals bekannten Bereichen erreichen werden.“

Die eigentümliche Logik des Business, in dem er sich seit fast 14 Jahren bewegt, lassen den Berater dies erwarten. Er sagt: „Es ist völlig selbstverständlich, dass wir uns über unsere Fehler unterhalten und diese Corona-Krise auch als Chance nutzen, um viele Themen anzusprechen. Aber die Fußball-Welt ist so gestrickt: Wenn Sie einen Spieler haben, den Bundesligisten, zwei Clubs aus der Premier League und vielleicht einer aus La Liga haben wollen, dann werden sie sich alle wieder gegenseitig überbieten. Gehaltsdeckelungen wird man im europäischen Fußball nicht sehen.“

Kritik der Verbände ist "Populismus"

Der 42-Jährige bezeichnet seine ISMG als „innovativen“ Player in einem Dienstleistungsgewerbe, das in der Krise wieder scharfe Kritik erfährt. „Es stößt mir auf, dass genau die Menschen, die jetzt pauschalisiert über die Berater herziehen und eher Politik und Populismus betreiben, dieselben sind, die ein einheitliches, strukturiertes und registriertes Beratersystem aufgehoben haben, bei dem man über Jahre Transparenz und Kontrolle hatte“, beklagt er.

Der Weltverband und die Kontinentalverbände hätten vor fünf Jahren mit der Aufhebung der Fifa-Player-Agent-License dafür gesorgt, „dass jetzt jeder Bäcker und Metzger Spielerberater sein kann“. Stipic schüttelt den Kopf, wenn er an den DFB-Präsidenten Fritz Keller oder an die harschen Worte von Christian Seifert denkt.

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Der aus Rastatt stammende DFL-Boss hatte unlängst die Einrichtung einer „Task Force“ angekündigt, die prüfen soll, wie Spielergehälter und Beraterhonorare künftig einzudämmen wären. Seifert verkenne damit, dass Agenturen wie seine ISMG dazu beitragen, dass zig Millionen aus dem Ausland ins hiesige System fließen. Jedenfalls: normalerweise.

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Sead Kolasinac vom FC Arsenal wird auch von Gordon Stipic betreut. Foto: imago images Foto: Foto: imago images

In den zurückliegenden Wochen waren Agenturen vor allem damit beschäftigt, ihre Spieler dort abzuholen, wo sie sich befanden. Von Vereinen unterschiedlich gut informiert, nicht zuletzt von Fragen zu ihren Gesundheitsrisiken umtrieben. Unsicher, was sie von der Geisterspielerei halten sollen.

Der vierfache Familienvater Stipic leistet mit seinen Mitarbeitern für rund 40 Profifußballer das, was er eine „360-Grad-Rundumbetreuung“ nennt. Auch umschwärmte Kicker können wie große Kinder sein. Unterstützung bei Behördengängen, fachgerechte Beratung in Finanzfragen, Medienbetreuung, aber auch praktische Lebenshilfe, wenn`s mit der Freundin aus ist oder es daheim Ärger gibt.

In den Büroräumen der IMSG treffen Besucher einige der Klienten an – gerahmt und in Aktion: Matthias Ginter (Gladbach), der aus Karlsruhe stammende Sead Kolasinac (Arsenal) oder Nils Petersen (Freiburg). Neuerdings zählt auch Hakan Calhanoglu vom AC Mailand dazu.

Exzellente Drähte nach England

Exzellente Drähte unterhält Stipic auf die Insel, wo er auch eine Weile lebte. So saß dann eben auch mal ein Arsène Wenger wegen Kolasinac im Badischen, so sind Videokonferenzen mit den Entscheidern von Chelsea, Manchester City oder United in der Ohiostraße nichts Ungewöhnliches. „In England sind sie nüchtern, auch defensiver als sonst, aber nicht ängstlich“, charakterisiert Stipic die Stimmung.

Sorgenkinder im Sommer werden aus seiner Sicht vor allem Profis sein, die aktuell auf Leihbasis bei Vereinen spielen. Hätten diese im Winter noch Kaufoptionen gezogen, so werden sich dies viele nun eher überlegen.

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