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Homosexualität

Fußball und Bier: Zu Gast bei einem schwulen Fußballteam aus Karlsruhe

Schwule Fußballer gibt es. Auch in Karlsruhe. Und die treffen sich wöchentlich zum Kicken in der Halle des Karlsruher Kulturzentrums Jubez. Was unterscheidet die Männer von einem Hetero-Team? Gibt es überhaupt Gegensätze? Ein Besuch im Training.

Besuch des Trainings im Karlsruher Jubez eines schwulen Fußballteams aus Karlsruhe vom Sportverein Uferlos
Besuch des Trainings im Karlsruher Jubez eines schwulen Fußballteams aus Karlsruhe vom Sportverein Uferlos Foto: Tobias Törkott

Schwule Fußballer gibt es. Auch in Karlsruhe. Und die treffen sich wöchentlich zum Kicken in der Halle des Karlsruher Kulturzentrums Jubez. Was unterscheidet die Männer von einem Hetero-Team? Gibt es überhaupt Gegensätze? Ein Besuch im Training:

Mittwochabend in der Sporthalle des Karlsruher Jubez. Treffpunkt vieler Freizeitfußballer. Kleines Feld. Vier gegen vier. Das Spiel ist schnell. „Wir spielen zu viele hohe, statt kurze Bälle“, analysiert Marek. Klatsch! Ein Spieler liegt auf dem Boden. Bei einem Zweikampf rauschen zwei zusammen. Alles okay? Klar. Weiter geht’s.

Mal im Training vorbeikommen? Kein Problem

Rückblick, wenige Tage zuvor: Anfrage bei Daniel Storm, Fußballabteilungsleiter von Uferlos Karlsruhe, dem schwul-lesbischen Sportverein: Mitkicken im Training? Klar, einfach vorbeikommen.

Zurück im Jubez: „Du musst drauf“, ruft der Torwart. Zu spät. Gegentor. „Sorry, mein Fehler!“ Ein schnelles Abklatschen folgt. „Weiter geht’s“, ertönt die Aufmunterung. Auf Gemotze habe keiner Lust, so der Tenor. „Verdammt nochmal“ ärgert sich ein Spieler kurz darauf lautstark über sich selbst.

Homosexualität ist in der Welt des Fußballs weiterhin ein Tabu. Bisher hat sich kein aktiver Spieler in der Bundesliga offen bekannt, schwul zu sein. Sportler aus anderen Ligen oder Disziplinen stehen hingegen öfter zu ihrer Sexualität. Wieso ist das im Fußball immer noch ein so brisantes Thema? Sven Wolf von der AG Vielfalt des DFB berichtet im Interview über Probleme der Betroffenen und gängige Klischees. Außerdem zeigt ein Besuch bei einem schwulen Fußballverein aus Karlsruhe, dass homosexuelle Kicker und heterosexuellen Teams mehr Gemeinsamkeiten haben als gedacht.

Nach dem Sport auf ein Bier in einer Karlsruher Kneipe

Nach dem Training geht’s in eine Kneipe am Lidellplatz: Bier, Frikadellen, Käsespätzle und Champions League stehen auf dem Tisch. „Wir sind eine normale Mannschaft. Wir könnten auch Vegetarier sein und zusammen spielen“, gibt es für Marek, keinen Unterschied zu Hetero-Teams und fügt an: „Dass wir schwul sind, ist kein Thema. Das hat uns nur zusammengebracht.“ Ein Mal die Woche kicken und ein Bier trinken, darum gehe es. „Es wird so getan, als wären wir anders“, merkt Andre an. Auch Florian kritisiert: „Das ist wie das Vorurteil, dass viele denken, wir hätten nach dem Training Sex unter der Dusche.“

Spieler kommen aus Karlsruhe, Mannheim und der Ortenau

Die Fußballer kicken seit 15 Jahren zusammen. 2006 folgte die Aufnahme bei Uferlos. Der Grund einen queeren – also schwulen, lesbischen, trans-, bi- oder intersexuellen Verein zu gründen – war pragmatisch: „Ein Verein hat andere, finanzielle Möglichkeiten“, erklärt Daniel. Auch nehme die üblichen Vereine am Ligabetrieb teil. Spaßteams seien die Seltenheit. Heute fasst die Fußballabteilung 25 Mann. Der Großteil hat sich geoutet. Gab es komische Blicke von Arbeitskollegen oder Freunden wegen der Mitgliedschaft bei Uferlos? „Nein, die Frage war eher: Was, so weit fährst du zum Kicken“, sagt Florian. Er kommt aus der Ortenau. Auch Leute aus Mannheim spielen mit. Im Training schwankt die Zahl zwischen sechs und 16 Mann. „Wir haben viel Fluktuation“, spricht Daniel die Mitgliedersuche an.

Im Frankfurt-Trikot zum Training

Heterosexuelle kämen auch häufiger ins Training. „Der Mensch steht im Vordergrund“, will Daniel keinen ausschließen. „Meine erste Frage war damals, ob ich im Frankfurt-Trikot mitspielen darf“, erinnert sich Florian. „Wir sind ja tolerant“, unterbricht in Hasan. Gelächter am Tisch.

Als vor zehn Tagen ein angeblicher Profi der Zweiten Fußball-Bundesliga über Twitter verkündete, dass er sein Versteckspiel beenden wolle, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Im Netz hatte die Ankündigung viel Zuspruch erhalten. Und es gibt Nachahmer – weitere angebliche Profis kündigten ebenfalls an, sich outen zu wollen. Unklar ist aber bislang, wer dahinter steckt und ob sich bald wirklich Fußballer offen zu ihrer Homosexualität bekennen.

Internationale Turniere mit anderen schwulen Teams

Manch einer kickte früher in einer heterosexuellen Mannschaft. Aktuell aber niemand. Aus Angst vor Diskriminierung? Nein, sagen alle. „Ich bin beruflich viel unterwegs“, nennt Florian den Faktor Zeit. Andre sieht es wie viele Amateursportler: „Ich habe keine Lust gehabt, zwei Mal die Woche zu trainieren und sonntags zu spielen.“ Stattdessen kicken die Uferlos-Spieler bei Turnieren mit schwulen Teams mit. In zwei Wochen steigt das nächste in Hamburg. Auch zu Turnieren mit Hetero-Mannschaften wurden sie eingeladen.

Mehr zum Thema:

„Einem Schwulen traut man das nicht zu“ - Sven Wolf vom DFB kritisiert Klischees.

Diskussionen über Twitter-Profile

Auch der Twitter-Account des angeblich schwulen Profis ist Thema: „Es wäre gut für den Fußball und hätte eine Vorbildfunktion“, sagt Marek. Und negative Reaktionen in den Stadien? „Ich glaube nicht, dass es ein Problem wäre“, sagt Andre. Hasan, der mit Daniel und Marek Mitglied des KSC-Fanclubs Wildpark-Junxx ist, stimmt zu: „Der Großteil wird damit klarkommen.“

Die Fußballabteilung von uferlos Karlsruhe trifft sich immer mittwochs, 19 Uhr, in der Sporthalle des Jugendzentrums Jubez beim Kronenplatz. Nähere Infos gibt es hier.

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