Einen so tiefen Einschnitt in seiner Branche habe er noch nie erlebt, sagt Waldemar Fretz – dabei ist er ein Urgestein, kennt Gastronomie und Hotellerie seit einem halben Jahrhundert. 13 Jahre lang sprach Fretz bei der Dehoga für alle 220.000 Gaststätten in Deutschland. Der Stutenseer erwartet nach Corona auch einen „unheimlichen Boom“.
Über die aktuelle Krise sowie über Hotelpläne für Karlsruhe und Baden-Baden sprach BNN-Redakteur Dirk Neubauer mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Dehoga Baden-Württemberg.
Herr Fretz, als wir den Termin für dieses Interview vor einigen Wochen vereinbarten, sollte es um Pläne für neue Hotels in der Region und um den anhaltenden Trend zur Systemgastronomie gehen …
Waldemar Fretz: … die Gastronomie war erfolgreich, hatte 2019 eine leichte Steigerung von 2,2 Prozent. In der Hotellerie hatten wir 1,2 Prozent Umsatzrückgang – der Überkapazität geschuldet. Corona macht jetzt alles nieder. Das ist existenzbedrohend für alle Gastronomiebetriebe. Das sind die tiefsten Einschnitte, die ich jemals erlebt habe in der Branche. Und das sind mittlerweile 50 Jahre.
Vapiano und Maredo waren schon vor der Krise angeschlagen, haben nun Insolvenz angemeldet. Folgen weitere Ketten?
Fretz:
Einige Gastronomen, die ihre Lokale wegen Corona auf Zeit schließen mussten, bieten nun Lieferservices an.
Fretz:Sie stellen seit Jahren fest, dass das „Gasthaus an der Ecke“ keine Chance mehr habe: zu wenig Nachwuchs im Service und in der Küche, bürokratische Auflagen, veränderte Essgewohnheiten der Gäste, eine zu geringe Rendite. So brutal es klingt: Sorgt die Corona-Krise nun für eine Marktbereinigung, sodass nur die wirtschaftlich wirklich fitten Gastronomiebetriebe überleben?
Fretz: Mit Sicherheit ist das der Fall.
Menschen werden Kneipe um die Ecke nach Corona wieder mehr schätzen
Vielleicht wissen die Menschen aber auch die Kneipe an der Ecke oder den Biergarten in der Nachbarschaft wieder mehr zu schätzen, wenn die Corona-Krise vorbei ist?
Fretz:Zur Hotellerie. Hotels dürfen für touristische Übernachtungen nicht mehr öffnen. Hoteliers sind kreativ, bieten Homeoffice-Arbeitern an, einzuziehen, wenn ihnen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt.
Fretz:Sollten Hotelbetreiber sich mit ihren Vermietern – oft auch Fonds – an einen Tisch setzen? Das Ziel: günstigere Mietverträge auf Zeit.
Fretz:Waldemar Fretz zu Hotelplänen in Karlsruhe: Das ist der größte Wahnsinn
Sie argumentieren – anders als beispielsweise die Stadt Karlsruhe –, es gebe zu viele Betten in der Region. Nun sind weitere Hotels in der Planung …
Fretz:
Die Corona-Krise mal außen vorgelassen: Die Motel-One-Gruppe ist ein Erfolgsmodell, will auch bald nach Karlsruhe . Auch Konzepte wie bei der Design-Hotelgruppe „Roomers“ in Baden-Baden, um ein weiteres Beispiel zu nennen, kommen an.
Fretz:Was ist aus Ihrer Sicht deren Problem?
Fretz:Das Schlosshotel Bühlerhöhe ist seit Jahren geschlossen, die kasachischen Investoren sind auf Tauchstation. Einer Millionärin aus Kuwait gehört das Neue Schloss in Baden-Baden, das bekanntlich auch seit etlichen Jahren zu einem Luxushotel werden soll. Warum finden sich hierzulande keine Investoren für solche Immobilien mehr, die auch tatsächlich bauen?
Fretz: