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Kommentar

Gefahr am Steuer: Deutschland braucht den Senioren-TÜV

Wer sich im Seniorenalter noch hinters Steuer setzen will, muss sich regelmäßig durchchecken lassen, kommentiert Rainer Haendle.

Bevor die theoretische Prüfung losgeht, erklärt Christian Kohl vom TÜV den Ablauf mit Beispielfragen.
Wer nach vielen Jahren Fahr-Routine noch einmal versucht, die theoretische und praktische Führerscheinprüfung zu bestehen, merkt schnell: Die Verkehrsregeln sind ein Buch mit sieben Siegeln. Foto: Rake Hora

Die deutsche Verkehrspolitik muss endlich den Mut zur Einführung eines Senioren-TÜVs aufbringen. Der Führerschein auf Lebenszeit ist ein Anachronismus, der Menschenleben im Straßenverkehr gefährden kann.

Während sich Piloten ebenso wie Fluglotsen oder Kapitäne regelmäßig zum Gesundheitscheck begeben müssen, um ihre Lizenz nicht zu verlieren, gibt es für die Position hinter dem Autosteuer keinerlei Auflagen. Dabei lassen im Alter die Reaktionsfähigkeit und Übersicht über das Geschehen jenseits der Windschutzscheibe deutlich nach.

Diese Defizite von Senioren am Steuer werden gerne totgeschwiegen oder schöngeredet, weil die individuelle Mobilität höher gewertet wird. Was machen da ein paar Schrammen am Kotflügel schon aus, wenn die Eltern dafür noch ihre Freunde besuchen können, sagen sich viele Angehörige. Und den Betroffenen selbst fehlt oft die Einsicht, dass der Zahn der Zeit an ihnen schon sehr stark genagt hat.

Wer selbst einmal im fortgeschrittenen Alter die Chance erhält, die Fahrprüfung noch einmal zu wiederholen, der wird aus eigener Anschauung viel Verständnis für den Senioren-TÜV aufbringen. Die theoretische Prüfung ist vier Jahrzehnte nach dem Erwerb der Autofahrer-Lizenz schon deshalb ein Buch mit sieben Siegeln, weil sich viele Vorschriften geändert haben. Und bei der praktischen Prüfung wird selbst dem routiniertesten Pendler im Gespräch mit dem TÜV-Prüfer klar, dass seine Fahrweise nicht immer vorschriftsmäßig ist.

Eine komplett neue Fahrprüfung ist gar nicht notwendig für den Senioren-TÜV. Ein körperlicher Check-up beim Arzt alle zwei bis drei Jahre mit dem Test von Reaktionszeiten würde schon ausreichen, um schlimme Unfälle zu verhindern.

Die fortschreitende Automatisierung des Fahrens ist übrigens kein Argument gegen die regelmäßige Überprüfung älterer Verkehrsteilnehmer. Sensoren für das hochautomatisierte Fahren können zwar Senioren am Steuer entlasten, doch im Notfall muss ein Fahrer auch ohne Assistenzsysteme auskommen.

Zumindest auf absehbare Zeit. Die Verkehrspolitiker können das Problem also nicht auf die lange Bank schieben.

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