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Milieuschutz für Multikulti-Viertel

Gegen drohende Wuchermieten: Stadt will Häuser in der Karlsruher Südstadt kaufen

In der Karlsruher Südstadt geht die Angst davor um, dass Investoren den Stadtteil durch Sanierung oder Umbau aufwerten wollen. Mit der Folge, dass die dort ansässige Bevölkerung durch wohlhabendere Bevölkerungsschichten verdrängt wird. Nun will die Stadtverwaltung gegensteuern.

© Jodo-Foto /  Joerg  Donecker// 19.03.2021 Bebauung in der Suedstatd, Foto: Wilhelmstrasse,                 -Copyright - Jodo-Foto /  Joerg  Donecker Sonnenbergstr.4  D-76228 KARLSRUHE TEL:  0049 (0) 721-9473285 FAX:  0049 (0) 721 4903368  Mobil: 0049 (0) 172 7238737 E-Mail:  joerg.donecker@t-online.de Sparkasse Karlsruhe  IBAN: DE12 6605 0101 0010 0395 50,
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Schutzbedürftig: Teile der gründerzeitlich geprägten Südstadt sollen durch eine spezielle Satzung vor einer drohenden Gentrifizierung geschützt werden. Foto: Jörg Donecker

Die Karlsruher Südstadt genießt seit vielen Jahren den Ruf eines Multikulti-Viertels mit bezahlbaren Mieten. Nun will die Stadt zum Schutz des Quartiers vor einer möglichen Gentrifizierung, also der Verdrängung der ansässigen Bevölkerung durch Luxussanierungen, eine soziale Erhaltungssatzung für den Kernbereich der Südstadt auf den Weg bringen. BNN-Redakteur Ekart Kinkel hat die wichtigsten Fragen und Antworten zu diesem Vorhaben zusammengestellt.

Warum soll die Südstadt überhaupt vor Investoren geschützt werden?

Das Thema wurde vor drei Jahren von der Bürger-Gesellschaft der Südstadt aufs politische Parkett gebracht. Grund war der Aufkauf von mehreren Immobilien durch Investoren. Eine nicht repräsentative Umfrage der Bürger-Gesellschaft ergab, dass zahlreiche Mieter von neuen Eigentümern durch subtilen Druck aus ihren Wohnungen gedrängt wurden. Grüne, SPD, FDP, Linke und die Kult-Fraktion haben sich des Problems angenommen und im September 2019 entsprechende Anträge zum Schutz des Quartiers in den Gemeinderat eingebracht.

Wie reagierte der Gemeinderat auf diese Vorstöße?

Zunächst einmal gespalten. Die Antragsteller befürworteten die Pläne. Aber es wurden auch kritische Stimmen laut. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Tilman Pfannkuch forderte vor einer Entscheidung eine genaue Erhebung von Daten und Fakten. Genau das hat das Amt für Stadtentwicklung im vergangenen Jahr nun gemacht.

Und wie schätzt die Stadt die Situation nach dieser Erhebung ein?

In der Südstadt herrscht tatsächlich ein überdurchschnittlich hoher Verdrängungs-Druck. Vor allem der Anteil von ausländischen Bewohnern und älteren Mietern ist in der südlichen Südstadt entgegen der gesamtstädtischen Entwicklung gesunken. Außerdem stellt die Stadt in dem gründerzeitlich geprägten älteren Teil der Südstadt zwischen Baumeisterstraße, Rüppurrer Straße, Ettlinger Straße und Winterstraße ein erhöhtes bauliches Aufwertungspotenzial fest. Gründe für den Sanierungsstau sind der hohe Anteil von Altbauten, die vielen Mehrfamilienhäuser und der vergleichsweise geringe Anteil von Eigentumswohnungen.

Was hat die Untersuchung sonst noch ergeben?

In der Südstadt leben überdurchschnittlich viele Menschen von Sozialleistungen. Diese haben bei einer Verdrängung aus ihrem angestammten Viertel wegen der aktuellen Wohnungsknappheit und der steigenden Mietpreise keine Chance auf eine bezahlbare Wohnung in der Stadt. Außerdem wurden in der Südstadt in den vergangenen Jahren mehr Bauanträge gestellt und mehr Häuser aufgekauft als im stadtweiten Durchschnitt. Dieser Entwicklung will die Stadt Einhalt gebieten.

Die Südstadt genießt in Karlsruhe einen fast romantischen Ruf als Multikulti-Viertel mit legendären Straßenfesten während der großen Fußballmeisterschaften. Ist an diesem Ruf etwas dran?

Ja. Das Gebiet „Alte Südstadt“ ist durch eine Vielfalt unterschiedlicher Kulturen, Lebensstile und Lebensentwürfe sowie durch eine aus dieser Vielfalt gewachsene und darauf aufbauende Landschaft sozialer Angebote geprägt, schreibt die Stadt in ihrer Beschlussvorlage. Außerdem gibt es dort zahlreiche Angebote für sozial benachteiligte Menschen wie die Straßensozialarbeit, die Vesperkirche und den Alkohol Akzeptierenden Aufenthaltsraum. Das Angebot für Kinder und Jugendliche ist mit Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung ebenfalls auf den Bedarf der Bevölkerung zugeschnitten.

Wie will die Stadt der drohenden Gentrifizierung einen Riegel vorschieben?

Mit dem Kauf von Immobilien. Dafür soll eine spezielle Satzung zur Regelung des Vorkaufsrechts beschlossen werden. Dann kann die Stadt frühzeitig mit Immobilienbesitzern in Kontakt treten und über einen möglichen Verkauf der Häuser verhandeln.

Wann darf die Stadt vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen?

Nur wenn es der Nutzen für die Allgemeinheit rechtfertigt, also zum Beispiel für den sozialen Wohnungsbau oder zur Deckung des Wohnangebots für bestimmte Personengruppen. Die spätere Nutzung muss allerdings bereits beim Kauf eines Hauses definiert werden.

Liegen auch in anderen Karlsruher Stadtvierteln die Voraussetzungen für ähnliche Maßnahmen vor?

Nein. Der südliche Teil der Südstadt erfüllt als einziges der 70 untersuchten Stadtviertel die Voraussetzungen für eine soziale Erhaltungssatzung. Doch auch im nördlichen Teil gibt es zahlreiche Belege für eine ähnliche Entwicklung. Deshalb werden die beiden Bereiche auch unter dem Begriff „Alte Südstadt“ zusammengefasst.

Reichen die Vorschläge der Verwaltung zum Schutz der Südstadt aus?

„Es ist mehr, als wir je zu hoffen gewagt haben“, sagt Martina Hillesheimer, Vorsitzende der Bürger-Gesellschaft der Südstadt. Die Stadtverwaltung habe „richtig tolle Arbeit“ geleistet. Durch das Vorkaufsrecht könnte Immobilienspekulanten im Zaum gehalten werden. Einen Wunsch hat Hillesheimer noch: „Idealerweise wird das Vorkaufsrecht auch für die Einrichtung von alternativen Wohnkonzepten genutzt.“

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