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Urlaub in der Corona-Krise

"Genießen können wir das nicht": Zwei junge Karlsruherinnen sitzen auf einer Insel fest

Aus ihrem Traumurlaub wird mit der Coronakrise ein Albtraum. Madeleine Roth und Agnes Beigl aus dem Landkreis Karlsruhe sitzen auf der Insel La Réunion im indischen Ozean fest. Wie lange kann ihnen bislang keine Behörde sagen. Mit der Schließung der Hotels haben sie auch keine Unterkunft mehr.

Urlaubsziel in der Coronakrise: Auf der Insel La Réunion haben Restaurants, Flughäfen und Hotels geschlossen. Zwei junge Frauen aus dem Landkreis Karlsruhe wissen nicht, wann und wie sie wieder nach Hause zurückkehren können.
Urlaubsziel in der Coronakrise: Auf der Insel La Réunion haben Restaurants, Flughäfen und Hotels geschlossen. Zwei junge Frauen aus dem Landkreis Karlsruhe wissen nicht, wann und wie sie wieder nach Hause zurückkehren können. Foto: privat

Der vermeintliche Traumurlaub endet in einem Albtraum. Anstatt am Strand sitzen Madeleine Roth und Agnes Beigl in La Réunion seit einigen Tagen auf der Straße. Zur Eindämmung des Coronavirus schließen auf Insel innerhalb weniger Stunden fast alle Hotels sowie der Flughafen. Wie und vor allem wann die 24-jährige aus Linkenheim-Hochstetten sowie die 22-Jährige aus Rheinstetten nach Hause reisen können, ist bislang völlig unklar. „Diese Ungewissheit ist das Schlimmste“, sagt Roth.

Zumindest haben sie Hoffnung auf eine der verbleibenden Unterkünfte. Bis dahin teilen Einheimische ihr Haus und Lebensmittel mit ihnen. Denn Restaurants und Supermärkte sind von der Schließung ebenfalls betroffen.

Zu Urlaubsbeginn gab es keine Spur von Corona-Krise

Vor etwa zwei Wochen brechen die Freundinnen zu den Seychellen auf. „Damals gab es noch überhaupt keine Probleme beim Flug oder Anzeichen dafür, dass es so wird“, erinnert sich Roth. Eine Woche später fliegen sie weiter nach La Réunion – ein französisches Übersee-Département im Indischen Ozean. Von dort aus wäre es nach Mauritius weitergegangen.

„Nach der Pressekonferenz von Macron wurde hier plötzlich alles dicht gemacht. Hotels, Restaurants und Supermärkte mussten schließen“, sagt sie. Die beiden jungen Frauen kamen von einer Wanderung zurück, als das Hotelpersonal auf sie zu lief. „Wir wurden auf die Straße gesetzt.“

Zudem gebe es eine komplette Ausgangssperre. Diese würde auch von der Polizei kontrolliert. Man dürfe nur raus, um Medikamente zu besorgen.

Es sitzen noch andere Reisende wie wir auf der Straße
Madeleine Roth aus dem Landkreis Karlsruhe

„Wir haben uns natürlich ans Auswärtige Amt gewandt. Das hat ewig gedauert, weil niemand ans Telefon ging. Auch über die Notrufnummer nicht“, erzählt Roth weiter. „Bis jetzt hilft uns keiner. Wir bekommen keine Informationen, wie es für uns weitergeht.“

Über Tinder suchen die Frauen nach Hilfe

Zerreißprobe auf der Insel: Madeleine Roth (rechts) und Agnes Beigl.
Zerreißprobe auf der Insel: Madeleine Roth (rechts) und Agnes Beigl. Foto: privat

Über die App Tinder, die eigentlich eine Dating-App ist, setzen sich die jungen Frauen mit weiteren Betroffenen in Verbindung, um sich zusammenzuschließen. „Es sind nicht nur meine Freundin und ich in dieser Situation. Es sitzen noch andere Reisende wie wir auf der Straße“, sagt sie.

Diese seien ebenfalls auf der Suche nach einer Unterkunft. Denn einige wenige Hotels dürften wohl ausnahmsweise geöffnet bleiben, erklärt Roth. Mit etwas Glück finden auch die beiden Freundinnen am Donnerstag dort Platz.

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Bislang sind sie bei Einheimischen untergekommen. Deren Hilfsbereitschaft sei sehr groß. „Sie versuchen uns zu helfen, so weit es möglich ist“, sagt die 24-Jährige – mit Essen, Schlafmöglichkeiten, Telefonaten oder Übersetzungen.

„Nur wenige Menschen auf La Réunion sprechen Englisch. Das meiste läuft auf Französisch“, so Roth. „Meine Sprachkenntnisse reichen zwar, um etwas zu bestellen oder für ein kurzes Gespräch, aber nicht um mit Behörden zu klären, wie es für uns weitergeht.“

Wir wissen nicht, wie und wann wir heimkommen.
Madeleine Roth aus dem Landkreis Karlsruhe

Die Tage seit Macrons Beschluss zur Coronakrise bestünden nur noch aus Warten und Telefonieren. „Bei einigen Airlines stehen wir sogar auf einer Non-Fly-List. Das heißt, die dürfen uns gar nicht mitnehmen“, sagt Roth. „Wir wissen nicht, wie und wann wir heimkommen.“

Immer wieder fahren die jungen Frauen seither zum Flughafen. Sie stehen inzwischen auch auf einer Krisenliste beim Auswärtigen Amt. „Wir kümmern uns um alles, was wir tun können. Aber wir bekommen von den deutschen Behörden keine Rückmeldung – weder wie lange das alles dauert, noch was mit uns passiert.“

Wenige Corona-Fälle auf der Insel

An Schlaf sei nachts kaum mehr zu denken. „Wir wollen den Einheimischen nicht länger zur Last fallen. Wir wollen nach Hause, aber wir können nicht.“ La Réunion hat bislang nur wenige bestätigte Corona-Fälle, erzählt Roth. „Daher stehen wir auf der Prioritätenliste derer, die nach Hause geholt werden, nicht sonderlich weit oben“, vermutet sie.

Auch bei den Hotlines der Reiseveranstalter hätten sie keine Chance, durchzukommen. „Es klingt jedes Mal, als würde jemand ans Telefon gehen und dann sofort wieder auflegen.“

Derzeit befinden sich die jungen Frauen aus dem Landkreis Karlsruhe in der Hauptstadt Saint-Denis. Ganz in der Nähe des Flughafens, um nach Möglichkeit schnell vor Ort zu sein, falls sich etwas ändere, erklären sie. Mit ihrem Mietwagen sind die jungen Frauen zunächst noch etwas mobil, den müssen sie nun aber abgeben.

Aus heutiger Sicht wären sie nicht in den Urlaub geflogen

„Scheinbar möchten einige, die hier festsitzen, mit der Fähre in der Nacht nach Madagaskar reisen und von dort versuchen, nach Deutschland zu kommen“, erzähle Roth. „Wir bleiben aber erstmal hier und wollen so eine Aktion nicht versuchen.“

Genießen können wir das nicht mehr

Von einem Urlaub ist der Aufenthalt auf der Insel weit entfernt. „Genießen können wir das nicht mehr, auch wenn viele denken, es wäre nicht schlimm, an so einem Ort festzusitzen“, sagt die 24-Jährige. Die vergangenen Tage und die Ungewissheit würden an den Nerven zehren.

„Ich kann verstehen, dass das Virus eingedämmt werden muss“, betont sie. „Aber man hat nicht daran gedacht, was nach der Hotelschließung passiert.“ Eine Vorwarnung gab es nicht. „Hätten wir geahnt, dass alles so ein Ausmaß annimmt, wären wir erst gar nicht geflogen.“

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