Skip to main content

Hat Tierschutz Grenzen?

Gnadenhof-Weihnachtsfeier mit Peta-Protest: "Das Miteinander muss man lernen"

Zur Weihnachtsfeier des Gnadenhofs für Tiere in Karlsruhe-Neureut haben sich am 8. Dezember einige Tierschützer versammelt. Manche saßen im Hof bei Glühwein und Bratwurst zusammen. Andere standen vor den Toren und hielten Protest-Plakate in die Luft. Es ging um die Frage, ob ein Gnadenhof Bratwürste verkaufen darf - und ums Prinzip.

Während der Weihnachtsfeier des Karlsruher Gnadenhofs haben fünf Aktivisten von "Peta Zwei" gegen den Verkauf von Bratwürsten protestiert.
Während der Weihnachtsfeier des Karlsruher Gnadenhofs haben fünf Aktivisten von "Peta Zwei" gegen den Verkauf von Bratwürsten protestiert. Foto: Fischer

Zur Weihnachtsfeier des Gnadenhofs für Tiere in Karlsruhe-Neureut haben sich am 8. Dezember einige Tierschützer mit Protest-Plakaten versammelt. Sie kritisierten, dass der Gnadenhof bei seiner Feier Fleisch zum Essen anbot. Die Frage, die sich nach der Weihnachtsfeier womöglich beide Parteien beantworten müssen, lautet anders: Heiligt der Zweck immer auch die Mittel?

"Warum stehen Sie hier? Der Gnadenhof ist doch eine gute Sache." Der Mann, der gerade die Gnadenhof-Weihnachtsfeier verlässt, wendet sich an die fünf Demonstranten von "Peta Zwei", die mit Plakaten vor dem Hof stehen.

"Gnade für alle Tiere" steht auf den Bannern. Und: "Tierliebe fängt auf dem Teller an." "Gnadenhöfe sind gut. Aber warum muss hier Fleisch verkauft werden?" gibt Demonstrant Andreas Luppert zurück.

Es ist die Frage, an der sich wenige Tage vor der Weihnachtsfeier bereits eine hitzige Debatte entzündete: Sind Tierschützer auch dann noch Tierschützer, wenn sie selbst Fleisch essen oder verkaufen? Für die Peta-Aktivisten ist die Antwort klar: "Wir können nicht die einen Tiere streicheln und die anderen essen. Besonders in der heutigen Zeit der Klimaproblematik", sagt Sabine Luppert, die sich ebenfalls bei den Peta-Protestlern eingereiht hat.

Auch interessant:

Der Zweck und die Mittel

Der Protest vor dem Gnadenhof verläuft friedlich. Die Stimmung auf der Weihnachtsfeier trübt er trotzdem ein bisschen. "Sicherlich ist es ein guter Zweck, den die verfolgen", sagt Sabine Knebel über die Protestierenden. "Aber es ist die Art und Weise, mit der das geschieht, die mich bedrückt. Das lässt nicht viel Raum für Kommunikation."

Knebel kümmert sich auf dem Gnadenhof meist um die Gestaltung der Plakate für die verschiedenen Events und ist schon viele Jahre dabei. Die Tiere auf dem Gnadenhof kennt sie schon lange. Sie weiß, welches Tier mit welchem Freundschaft geschlossen hat. Und sie kennt die Lebensumstände, aus denen die Tiere auf den Hof kommen.

Dass der Gnadenhof Bratwürste anbietet, steht für sie in keinem Verhältnis zu dem Guten, das er bewirkt. "Ich finde, dass man den guten Zweck nicht aus den Augen verlieren darf", sagt Knebel. "Für mich ist das eine Sache von Toleranz. Die Protestler sind ja auch für ihren Zweck da und nicht für eine Kaffeespende." Das Miteinander, das müsse man lernen.

Es geht um mehr als um die Wurst

Herr Esposito ist ebenfalls Ehrenämtler und steht mit seiner Tochter am Grill, auf dem der Stein des Anstoßes, die Bratwürste, liegen. Für die Protestaktion hat er kein Verständnis.

"Der Gnadenhof ist ein ehrenamtlicher Verein, der schon mehrmals kurz vorm Kippen gewesen ist", sagt er. "Als große Organisation wie Peta auf so einen kleinen Verein loszugehen, das finde ich nicht gut." Der Gnadenhof, das seien nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen.

"Wir sind ein Auffangnetz für Armutsrentner", sagt Esposito, "Das ist eine Gemeinschaft. Wir bemühen uns, diesen Tieren mit sehr wenigen Ressourcen ein gutes letztes Zuhause zu geben. Und da ist es schade, wenn man einen Aspekt rauszieht und das alles schlechtmacht."

Funkstille statt Kontaktaufnahme

Dieser eine Aspekt - das Problem mit der Bratwurst - hätte sich vielleicht auch anders lösen lassen, glaubt Sabine Knebel. "Die Protestler hätten ja auch fragen können: 'Wie kann ich euch helfen, dass ihr das nicht mehr machen müsst?", gibt sie zu bedenken.

Auch Michaela Krauth, die seit einem Jahr ehrenamtliche Helferin auf dem Gnadenhof ist, ist enttäuscht über den Verlauf des Konflikts. "Man hätte ja mal anrufen können. Man hätte mal nachfragen können. Man hätte das Gespräch suchen können", sagt sie.

Außer den negativen Bewertungen auf der Facebook-Seite des Gnadenhofs habe es aber keinerlei Kommunikation mit den Protestlern gegeben. "Die Menschen auf dem Gnadenhof haben mich inspiriert", sagt Krauth. "Dass die fertig gemacht werden für das, was sie machen, das verletzt mich."

Gesprächsbereitschaft ist da

Draußen vor den Toren des Gnadenhofs sind die Protestler ihrerseits enttäuscht. Sie sind mit ihrem spontanen Angebot, beim nächsten Mal Salate mitzubringen, bei einer Mitarbeiterin des Gnadenhofs auf taube Ohren gestoßen. "Zu kompliziert", habe die Frau im Vorbeigehen gesagt.

Vor der Protestaktion habe es keine Kommunikation mit dem Gnadenhof gegeben, räumt Bettina Nedoschil, die Organisatorin von "Peta 2" ein. Für den Austausch sei man aber dennoch offen."Wir sind gesprächsbereit", erklärt auch Peta-Demonstrantin Sabine Luppert und fügt resigniert hinzu: "Aber wir sind ja immer die Bösen."

Gesprächsbereitschaft gibt es also auf beiden Seiten - zumindest in der Theorie. Was nun fehlt, ist der Schritt auf den anderen zu. Vielleicht braucht es dazu - gerade in der Vorweihnachtszeit - besonders eines: ein bisschen Gnade.

Aktualisierung Nachdem wir am Sonntag auf dem Gnadenhof waren, haben sich der Gnadenhof und Peta verständigt und planen nun ein veganes Fest. Mehr dazu folgt in einem Interview, das am Montagnachmittag erscheint.

Information

Wer den Gnadenhof für Tiere e.V. in Karlsruhe Neureut unterstützen möchte, kann dies durch Sach- und Geldspenden, eine Tierpatenschaft oder durch die Mithilfe auf dem Hof tun. Alle Informationen dazu gibt es hier.

nach oben Zurück zum Seitenanfang