Wir sind schwanger! Kaum hat man es verkündet, freuen sich nicht nur Familie, Freunde und Bekannte, sondern auch ein Akteur, mit dem man vorher vielleicht nicht rechnete: die Welt der Wirtschaft. Für Unternehmen, Firmen und Dienstleister sind werdende Eltern hauptsächlich eins: Goldesel, unerschöpfliche Geldquellen, die man ungeniert und wiederholt anzapfen kann.
Dank Internet beginnt dies heutzutage extrem früh. Kaum hat man „Ich bin schwanger, was darf ich essen?“ gegoogelt, geistert Werbung für überteuerte Vitamintabletten, Dehnungsstreifencreme und Schwangerschaftsmode durch das persönliche Facebook-Profil und andere soziale Medien. Auch im analogen Leben setzt sich die Konsummaschine, zu deren lukrativster Zielgruppe man nun geworden ist, unerbittlich in Bewegung. Immer öfter hält man plötzlich Prospekte für Wickeltische, Babyschlafsäcke oder Autositze in der Hand oder wird unerklärlicherweise Mitglied in verschiedenen Babyclubs, die mit weiteren Vorschlägen zum Kauf von auch für empfindliche Haut geeigneten Windelcremes, Rasseln und extra weichen Haarbürstchen animieren – am liebsten mit Schlagwörtern wie „Geborgenheit“ oder „Sicherheit“ versehen, um schamlos (und erfolgreich) an die tiefsten Ängste und Sorgen werdender Mutter und Väter zu appellieren.
Einen vorläufigen Höhepunkt erreicht der auferzwungene Kaufrausch beim ersten Besuch in einem Babycenter – einem Ort, in dem nützliche Dinge wie Babysitze fürs Auto neben unnützen Dingen wie 90-
Euro-Windelmülleimern stehen. Und wo das eine werdende Elternpaar an der Kasse ohne mit der Wimper zu zucken 1 500 Euro für einen Kinderwagen mitsamt Accessoires hinblättert, während das daneben darüber witzelt, im nächsten Leben ebenfalls einen Babyfachhandel zu eröffnen, denn das sei ja eine Gelddruckmaschine.
Ist das Kind da, hört die Aufforderung zum Konsum mitnichten auf, nur geht es nun um koordinationsfördernde Klangkugeln, das erste Holzspielzeug und schließlich irgendwann um die ersten Kinderschuhe, deren Preise einem bei der ersten Beschäftigung mit dem Thema den Atem stocken lassen. Und wir Goldesel? Wir kaufen natürlich alles, schließlich lohnt sich das Kinderhaben nicht nur für die Wirtschaft, sondern – aus ganz anderen Gründen – auch für uns.