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Jagender Straßenhund

Hundeprofi Martin Rütter gibt BNN-Lesern Tipps bei Problemen mit dem Vierbeiner

Wer einen Straßenhund hat, kann oft ein Lied davon singen: Die Fellnase hat einen ausgeprägten Jagdtrieb. Das Problem gibt es aber nicht nur bei Hunden, die einen Teil ihres Lebens auf der Straße verbracht haben. Was kann man als Halter dagegen tun? Hundeprofi Martin Rütter gibt Tipps.

Unermüdlicher Jäger: Carlos muss beim Gassi gehen an der Leine bleiben, weil er sonst andere Tiere verfolgt.
Unermüdlicher Jäger: Carlos muss beim Gassi gehen an der Leine bleiben, weil er sonst andere Tiere verfolgt. Foto: privat

Carlos ist eigentlich ein Glücksgriff. Der zweieinhalbjährige Hund kam als Straßenhund aus Griechenland. "Er begeistert  uns jeden Tag aufs Neue mit seiner lustigen, lieben und vor allem dankbaren Art", schreibt seine Halterin. Also alles wäre gut, wenn, ja,  wenn er nicht diesen sehr ausgeprägten Jagdtrieb hätte und deshalb  eigentlich immer an der Leine bleiben muss, da er jedes Reh, jede Katze , jeden Storch im Umkreis sofort aufspürt und laut bellend  verfolgt. "Er kommt dann zwar relativ schnell wieder, total happy obwohl erfolglos, aber das nervt natürlich und geht gar nicht", weiß die Besitzerin. Was rät der Hundeprofi?

Nur wer Beute macht, konnte überleben

Martin Rütter: Viele Straßenhunde zeigen ausgeprägtes Jagdverhalten, da sie sich in ihrem bisherigen Leben ja tatsächlich so ernähren mussten. Nur wer Beute machte, konnte überleben. Jagdverhalten hat damit für diese Hunde eine ganz andere Bedeutung als für die meisten unserer Haushunde hier in Deutschland, auf die mehrmals täglich der gefüllte Futternapf wartet. Denn wer sich um sein Futter nicht kümmern muss, jagt einfach nur, weil es Spaß macht!

Aus diesem Grund muss das Training von Hunden wie Carlos mehrere Punkte berücksichtigen. In einem ersten Schritt muss man zunächst einmal verhindern, dass der Hund wieder Erfolg hat, also Jagen geht. Dabei gilt eine Jagd eben nicht nur dann als erfolgreich, wenn Beute gemacht wurde. Jagen ist selbst belohnend, und damit verstärkt einfach nur der Spaß an der Ausführung schon das Verhalten. Carlos sollte daher ab sofort nur noch an der Schleppleine geführt werden, um zu verhindern, dass er selbstständig jagen geht.

Hundeprofi: Alternativverhalten aufbauen

Nun bauen Sie ein Alternativverhalten auf. Dies kann ein Apportiertraining, eine Hetze an der Reizangel oder aber auch Nasenarbeit in Form einer freien Suche oder Spurensuche sein. Machen Sie Carlos klar, dass es sich dabei nicht nur um eine Aktivität handelt, die Spaß macht, sondern auch um eine Aktivität, die für ihn lebenswichtig ist.

Futter über die "jagdliche" Beschäftigung

Carlos sollte in dieser ersten Trainingszeit sein Futter ausschließlich über die „jagdliche“ Beschäftigung erhalten, er bekommt also für jede Übung einen Teil seines Futters. Anfangs trainieren Sie dabei in ablenkungsfreier Umgebung, später fügen Sie Schritt für Schritt ablenkende Reize hinzu.

Parallel Rückrufsignal aufbauen

Parallel dazu bauen Sie ein neues Rückrufsignal auf. Wir nutzen hierfür gern eine Pfeife, da diese sehr laut und damit weit und auch bei plötzlicher Aktivität des Hundes gut hörbar ist. Hat Carlos gelernt, auf den Rückruf zu kommen, können Sie diesen auch in das „jagdliche“ Training mit einbeziehen. Carlos soll nun zum  Beispiel  von einem Apportiergegenstand oder mitten in der Hetze hinter einer Beute an der Reizangel auf den neuen Rückruf reagieren und das Apportieren bzw. die Hetze abbrechen.

Lernaufgabe: Den Hund genau beobachten

Nun haben Sie es fast geschafft. Jetzt müssen Sie noch lernen, Carlos genau zu beobachten, denn Sie müssen ihn bereits im Ansatz unerwünschten Jagdverhaltens abrufen. In kleinen Schritten können Sie dann die Schleppleine abbauen, indem Sie diese Woche für Woche ein Stück kürzer schneiden. Dennoch müssen Sie Ihren Hund vermutlich ein Leben lang gut im Auge behalten. Denn wer einmal Spaß an der Hetze hat, wird diese Leidenschaft nicht einfach so aufgeben…

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