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Ein Tief kostet 236 Euro

Ich trage einen stürmischen Namen: Was Wiebke, Lothar und Sabine von Orkanen halten

Der wütende Lothar, die verheerende Wiebke und die stürmische Sabine: Gerade in der Sturmsaison bekommen ansonsten relativ zivil klingende Vornamen einen heftigen Beiklang. Wer will, kann sich die Namensrechte an einem Tief- oder Hochdruckgebiet kaufen. Mit etwas Glück, kommt man ganz groß raus. Und alle Namensgenossen mit, ob sie wollen oder nicht.

Uta im Anflug? In diesem Jahr, wie in allen geraden Jahren, haben Tiefdruckgebiete weibliche Namen. Sabine kam groß raus. Das nächste Tief hat auch schon einen Namen. Es wird Ute heißen. Ob es ein Sturm wird, weiß noch niemand.
Uta im Anflug? In diesem Jahr, wie in allen geraden Jahren, haben Tiefdruckgebiete weibliche Namen. Sabine kam groß raus. Das nächste Tief hat auch schon einen Namen. Es wird Ute heißen. Ob es ein Sturm wird, weiß noch niemand. Foto: Roessler

Ein eigentlich als zurückhaltend bekannter Lothar lässt seine Umgebung plötzlich an eine landesweite Bedrohung denken, eine zierliche Wiebke erinnert an einen breite Verwüstung bringenden Orkan und eine freundliche Sabine findet sich im gleichen Gedanken wieder mit einem Bäume, Autos und Dachziegel zerstörenden Sturm.

An Wiebke, den Wintersturm von 1990, oder Kyrill (2007) kann er sich kaum erinnern. Doch Lothar ist ihm auf Anhieb ein Begriff.

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Bei Sabine blieb der Ziegel in der Regenrinne hängen

„Das liegt aber nicht an der Namensgleichheit, sondern am Ausmaß des Sturms“, erklärt Lothar Walter, vom Amt für Technische Dienste des Enzkreises. Eine persönliche Beziehung zu seinem Namensvetter habe er nicht aufgebaut.

„Aber ich weiß noch, wie die Ziegel vor zwanzig Jahren vom Dach des Nachbarhauses geweht wurden.“ Sabine konnte nur einen Ziegel lösen, und der blieb auch noch in der Regenrinne hängen.

Wiebke Kathmann, Heilpraktikerin für Psychotherapie in Karlsruhe, kann sich noch sehr gut an den Sturm Wiebke erinnern. Doch auch sie glaubt, das hat nichts mit der Namensgleichheit zu tun.

Dass Sturm heißt wie ich, ist mir eigentlich egal
Sabine Riescher, Gleichstellungsbeauftragte Bruchsal

„Ich habe in Biberach gewohnt zu der Zeit. Damals gab es ja noch nicht diese heutige Hysterie. Ursprünglich komme ich von der Nordsee und dort sind solche Stürme normal.“

Sabine Riescher, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bruchsal, hat Lothar noch gut in Erinnerung, Sabine hat sie wenig beeindruckt. „Das war ja mehr oder weniger in der Nacht. Ich habe mich nicht davon beeinflussen lassen, habe mein Kind zur Schule gebracht und bin selbst zur Arbeit gefahren.“

Dass der Sturm ihren Namen trägt, ist ihr relativ egal. „Ich wohne in Frankreich, dort heißt der Sturm Ciara.“ Seinen deutschen Namen erhielt der Orkan vom Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin.

Ein Hoch ist teurer als ein Tief

Wer will, kann sich dort für 355 Euro die Namensrechte an einem Hochdruckgebiet und für 236 die eines Tiefs sichern. Bis 1997 erhielten Hochdrucksysteme stets männliche und Tiefdrucksysteme weibliche Vornamen. Seither wird jährlich getauscht.

Dass damit jetzt auch die mit deutlich positiveren Emotionen besetzten Hochs weibliche und die eher mit Regen verbundenen Tiefs männliche Vornamen tragen dürfen, sieht die Bruchsaler Gleichstellungsbeauftragte nicht wirklich als wichtigen Beitrag zur Gleichberechtigung.

Das nächste Tief heißt Uta

„Ich verbinde mit Gleichstellung eher den Zugang zu Ressourcen. Ich finde es eher befremdlich, dass Stürme überhaupt einen Namen haben.“

Den jüngsten Wintersturm sicherte sich eine Sabine Kaufmann und kam damit groß raus. Ruth und Tomris kauften sich die Tiefs vor und nach Sabine und hatten weniger Glück mit der Durchschlagskraft – sehr zur Freude der Bevölkerung.

Das nächste Tief heißt übrigens Uta.

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