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Neue Streetart in Daxlanden

„Im Abseits zu stehen gehört dazu“

Seine Werke sind der Öffentlichkeit frei zugänglich, doch der Künstler will lieber im Verborgenen bleiben. Denn wer Streetart macht und Hauswände besprüht, dem haftet der Hauch des Illegalen an. In Daxlanden hat er jetzt ein neues Werk vollendet, das Unsichtbares sichtbar macht.

Ich glaub’, ich steh’ im Wald: Diesen Effekt will der Schöpfer dieses Wandgemäldes auf der Fassade einer Lagerhalle in Daxlanden erzielen. Die Dachse stehen für die Natur, die von den Menschen allzu oft übersehen wird.
Ich glaub’, ich steh’ im Wald: Diesen Effekt will der Schöpfer dieses Wandgemäldes auf der Fassade einer Lagerhalle in Daxlanden erzielen. Die Dachse stehen für die Natur, die von den Menschen allzu oft übersehen wird. Foto: Andreas Friedrich

Seine Werke sind der Öffentlichkeit frei zugänglich, doch der Künstler will lieber im Verborgenen bleiben. Denn wer Streetart macht und Hauswände besprüht, dem haftet der Hauch des Illegalen an. Das Rätsel um den Menschen hinter der Kunst ist Teil ihrer Faszination.

Längst hat Streetart es in die Museen geschafft, allen voran Banksy, der im Frühjahr mit dem geschredderten Bild „Love is in the bin“ im Baden-Badener Museum Frieder Burda zu sehen war.

Drei Dachse für Daxlanden

Und längst haben Hausbesitzer das ästhetische Potenzial der gesprühten Kunst im öffentlichen Raum erkannt und bieten ihre Fassaden zum Besprühen an – zum Beispiel in Daxlanden. Kurz vor ihrer Vollendung steht dort auf der Fassade einer Lagerhalle eine großflächige Waldszene, aus der drei mehrere Meter hohe Dachsgesichter ins Grüne blicken.

Zwei Wochen arbeitet Mikey, wie ihn seine Freunde nennen, schon an seinem jüngsten Werk. Der Schreiner, dem die Halle gehört, stellt nicht nur die steinerne Leinwand ganz legal zur Verfügung, sondern trägt auch finanziell dazu bei, dass die Kunst nicht brotlos bleibt. Allein die Sprühfarbe hat knapp 1 000 Euro gekostet.

„Dachse haben mit dem Namen Daxlanden nichts zu tun, aber es gibt Dachse hier“, sagt Mikey. Er habe sogar schon das Glück gehabt, ihnen zu begegnen. Die Stelle am Rande des Naturschutzgebiets Fritschlach hat er mit Bedacht gewählt.

Meine Kunst soll für sich sprechen

„Hier gehen so viele Spaziergänger vorbei. Doch von den Dachsen bekommen sie meistens gar nix mit.“ Deshalb zeigt er sie, bildet sie überlebensgroß ab. Dachse und andere Tiere. Wenige hundert Meter weiter, nahe dem Ufer eines der Saumseen, hat er einen Eisvogel auf eine Gartenhütte gemalt.

Der Künstler spricht gerne über seine Arbeit, weniger gerne über sich. „Im Abseits zu stehen gehört dazu. Meine Kunst soll für sich sprechen“, sagt er.

Das tut sie in Karlsruhe bereits seit mehr als zehn Jahren: Unter der Vogesenbrücke hat er vor gut einem Jahr den Tod seines Hundes verarbeitet, im Rheinhafen zeichnet Mikey für ein überdimensionales Eulen-Porträt verantwortlich. „Es gab da tatsächlich ein Uhupaar“, erzählt er.

Streetart macht das Unsichtbare sichtbar

Er bildet die Tiere ab, wo sie leben, macht das Unsichtbare sichtbar. Das Dachsbild entfaltet seine Wirkung erst von Weitem, wenn man auf der anderen Seite der Wiese steht: Die hohen Tannen im Hintergrund der Lagerhalle werden so zum unerlässlichen Bestandteil des Bildes.

„Insekten male ich diesmal aber keine dazu“, sagt der Künstler. Denn angesichts aktueller Nachrichten über weltweites Insektensterben soll auch ihr Fehlen in dem Bild verdeutlicht werden.

Die Zeichen an der Wand, die auf gesellschaftliche Missstände hinweisen – das ist die Essenz von Graffiti, aus denen sich die Streetart entwickelt hat. In Karlsruhe konnte sie das auch dank der so genannten Free Walls, die von der Stadtverwaltung offiziell ausgewiesen sind – auf ihnen dürfen Sprayer und Künstler wie Dome, Wuam oder der, den seine Freunde Mikey nennen, ganz legal Kunst machen.

Free Walls fördern künstlerische Qualität

„Das hat der Szene in Karlsruhe sehr geholfen“, meint Mikey, „Sie hat heute eine extrem hohe Qualität und ist deutschlandweit, sogar weltweit konkurrenzfähig.“ Das liege auch daran, dass die Künstler in der Fächerstadt an den Free Walls Zeit haben, die ihnen in Berlin oder Hamburg, wo sie meist illegal arbeiten, fehlt.

Er selbst war einer der ersten, die an der Alb Bilder sprühten. Er sei begeistert von der Entwicklung, mit einer Einschränkung: Rechts- oder linksradikale Positionen. „Die schaden uns Künstlern.“

Ich bin kein Banksy

Die Kunstwelt habe die Streetart zwar für sich entdeckt, es fehle aber noch an Akzeptanz. „Dank Banksy sind wir besser anerkannt“, sagt Mikey. Dessen Werke werden auch auf der Art Karlsruhe feilgeboten – Karlsruher Streetartists finde man dort aber kaum.

Seine eigenen Werke, zuletzt ein Bild in Anspielung auf die Netflix-Serie „Haus des Geldes“, werden immer mal wieder übermalt. „Ich bin eben kein Banksy“, meint Mikey. „Ich kann noch kein ,Venedig in Öl‘ machen.“

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