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Nachtzüge erleben eine Renaissance

Im Schlaf ans Ziel: Fragen und Antworten zu Nachtzügen

Die Nachtzüge kommen zurück. In ganz Europa gibt es mehr und mehr Angebote. Wie man sie findet, wo man sie bucht und ob man sparen kann, haben wir uns von Bahnprofis erklären lassen.

Passagiere liegen in einem Zugabteil im Bett.
Im Nachtzug Alpen-Sylt-Nachtexpress fährt es sich entspannt ans Ziel. Wer möchte, kann in Lörrach auch sein Auto verladen. Foto: Lars Franzen picture alliance/dpa/RDC AUTOZUG Sylt GmbH

Es klingt wie ein Traum: Abends in einen Zug einsteigen, morgens entspannt am Reiseziel aufwachen. Etwas von der Welt sehen und im Schlaf noch die Umwelt schonen – besser geht es ja kaum. Wer Reiselust und Klimaschutz unter einen Hut bringen will, für den können Reisen mit dem Nachtzug eine gute Alternative sein.

In der Hoffnung auf eine wachsende Kundschaft springen immer mehr staatliche und private Bahngesellschaften auf den Zug auf und bieten Nachtzugverbindungen kreuz und quer durch Europa an. Aber das Angebot an Strecken, Tickets und Sparangeboten ist extrem unübersichtlich. Wer sich nicht auskennt oder keine Geduld für ausgiebige Internetrecherchen hat, verliert ziemlich schnell wieder die Lust. In einem Fragen und Antworten haben wir deshalb Bahnprofis um Rat gefragt und um Tipps gebeten.

Welche Ziele kann man mit dem Nachtzug erreichen?

Wer sich mit dem Thema Bahnreisen bei Nacht näher beschäftigt, wird überrascht sein, was alles möglich ist. Ans Mittelmeer oder in den hohen Norden, an den Atlantik und sogar ans Schwarze Meer führt das Schienennetz. Auch wenn die Deutsche Bahn ihr Nachtzugangebot im Jahr 2016 ganz eingestellt hat, ist sie doch Teil des europäischen Netzes und kooperiert mit anderen Ländern, die noch oder wieder Nachtzüge fahren lassen. Manche davon bauen ihr Netz derzeit kräftig aus. Der größte Anbieter in Europa ist die Österreichische Bundesbahn (ÖBB), aber auch die Franzosen (SNCF) und die Italiener (Trenitalia) haben viele interessante Verbindungen im Angebot. „Aktuell ist es so, dass Nachtzüge in Deutschland hauptsächlich von Bahnhöfen in Großstädten angeboten werden“, sagt der Hamburger Nachtzugexperte Tim Euler. „Von Berlin, München und Hamburg gibt es beispielsweise eine ganze Reihe an Verbindungen ins europäische Ausland. Für interkontinentale Reisen nach Asien ist es notwendig, verschiedene Nachtzüge zu buchen.“

Dazu kommen mehr und mehr Angebote von privaten Bahnunternehmen. Die schwedische Firma Snälltåget etwa bietet im Sommer Verbindungen von Berlin und Hamburg nach Malmö und Stockholm.

Wo kann man sich informieren?

Das ist leider immer noch viel zu kompliziert. Bei Flügen gibt es Buchungsportale, die die Angebote sämtlicher Airlines auflisten. „Bei Nachtzügen gibt es das nicht. Das macht alles sehr unübersichtlich“, sagt Peter Cornelius. Er ist der Vorsitzende der deutschen Gruppe innerhalb der europäischen Nachtzug-Initiative „Back on track“ (Zurück in der Spur), die sich für das Wiedererstarken des Schienenverkehrs in der Nacht einsetzt. Noch krankt es daran, dass die nationalen und privaten Anbieter von Zugverbindungen ihre Daten nicht zur Nutzung für große Buchungsportale freigegeben haben.

Wo findet man trotzdem etwas?

Viele Nachtzugverbindungen lassen sich ganz leicht über die österreichische Seite www.nightjet.com recherchieren und buchen. Bus- und Bahntickets für Verbindungen in ganz Europa gibt es auch bei der britischen Ticket-Plattform Trainline.

Wer schon eine bestimmte Strecke im Sinn hat, sollte sich zunächst einmal im Internet schlau machen. Relativ schnell stößt man dabei auf private und nicht kommerzielle Blogs von Nachtzugfans, die mit viel Enthusiasmus und Akribie Verbindungen testen und auflisten. Dazu gehört zum Beispiel die Seite www.traintracks.eu von Sebastian Wilken. Auch www.nachtzug-urlaub.de von Tim Euler bietet Ideen für Reisen. Buchungen kann man auf diesen Portalen nicht vornehmen.

Ein echter Zugspezialist ist der Mann aus Sitz 61. Der Engländer Marc Smith hat so ziemlich jede Zugstrecke der Welt schon einmal bereist und gibt viele praktische und vergnügliche Tipps auf seiner Internetseite www.seat61.com.

Ein sehr umfangreiches Angebot macht auch das Ticketportal www.rail.cc. Dort gibt es Affiliate-Links zu den einzelnen Shops. Für die Buchung eines Tickets bekommt rail.cc, das ursprünglich von Bahn-Enthusiasten gegründet wurde, eine Provision.

Was ist mit dem Portal der Deutschen Bahn?

Auf bahn.de gestaltet sich die Suche und Buchung von Auslandsverbindungen eher schwierig. Selbst für Strecken, auf denen die Deutsche Bahn mit anderen kooperiert und für die sie wirbt, erscheint am Ende häufig der Hinweis: „Preisauskunft nicht möglich“. Besser ist die Seite der ÖBB. Auf nightjet.com klappen Preisanfrage und Buchung in der Regel reibungslos. Wer zum Beispiel mit dem Nachtzug von Karlsruhe nach Rom möchte, kann sich hier einen Platz im Schlaf- und Liegewagen ab München buchen. Das Ticket von Karlsruhe nach München gibt es dann wieder problemlos auf bahn.de.

Was kosten Nachtzugfahrten?

Die schlechte Nachricht ist: Fliegen ist oft viel billiger. Ein kleines Beispiel: Für eine einfache Fahrt im Nachtzug von Karlsruhe nach Rom im Mai muss man mit mindestens 130 Euro rechnen. Wer im Schlafwagen reisen möchte, zahlt mindestens 200 Euro für die einfache Fahrt.

Fahrscheine im Liege- oder Sitzwagenbereich sind günstiger zu haben, aber natürlich auch nicht ganz so komfortabel.

Wie kann man sparen?

Der wichtigste Tipp – da sind sich alle Bahnexperten einig – früh buchen. Dann sind auch bei Nachtzügen Sparpreise drin, die schon bei 30 Euro (bei ÖBB) beginnen können. Mit dem guten alten Interrail-Ticket kann man übrigens auch sparen. Die Nutzung der Nachtzüge ist grundsätzlich möglich, allerdings muss man vorher reservieren.

Was bedeuten die unterschiedlichen Kategorien?

Wer einen Nachtzug nimmt, kann wählen zwischen einem Sitzplatz, einem Platz im Liegewagen oder einem Platz im Schlafwagen. Die luxuriöseste (und natürlich teuerste) Variante ist ein eigenes Schlafwagenabteil. In der Regel werden die Abteile nicht mit mehr als drei Menschen belegt. Wer alleine reist, kann das ganze Abteil für sich allein mieten oder aber bei der Buchung schon angeben, ob man es lieber mit Männern und Frauen teilen will. Das Bett ist beim Einsteigen am Abend schon gemacht. Die meisten Schlafwagenabteile haben eine eigene Waschgelegenheit, manche bieten sogar eine eigene Toilette und Dusche im Abteil. Das Frühstück ist meistens inklusive und kann – wenn es einen gibt – im Speisewagen verzehrt werden.

Liegewagen haben dagegen Abteile mit bis zu sechs Sitzmöglichkeiten, die nachts zu Liegen umgeklappt werden können. Der Komfort ist nicht ganz so groß wie in einem Schlafwagenabteil, die Betten sind auch schmaler.

Gibt es ausreichend Waggons mit Liege- und Schlafabteilen?

Nein. Es gibt einen großen Mangel an entsprechenden Zügen. „Deshalb ist der Spielraum für neue Verbindungen auch sehr begrenzt“, sagt Sebastian Wilken vom Blog trainstrack.eu.

Die meisten Schlaf- oder Liegewagen, die derzeit benutzt werden, sind schon relativ alt und haben mit dem Komfort eines Luxus-Zugs, wie dem legendären Orient-Express natürlich nichts zu tun. Aber das ändert sich gerade. Die österreichische Bahn zum Beispiel hat neue Waggons gekauft. Die 33 neu designten und von Siemens gebauten Nightjets kommen noch in diesem Jahr auf die Strecke. Ein Nightjet besteht aus sieben Teilen: zwei Sitzwagen, drei Liegewagen und zwei Schlafwagen. Neu sind die „Mini-Cabins“ für Alleinreisende. Sie bieten mehr Privatsphäre und erinnern dabei an japanische Kapselhotels.

Was können Profis noch für Tipps geben?

„Unbedingt eine Schlafbrille und Ohrenstöpsel mitnehmen“, rät der Blogger und Nachtzug-Fan Tim Euler. „Außerdem ist es extrem praktisch, wenn man so packt, dass man alle notwendigen Dinge für die Nachtzugfahrt in einen Rucksack packt und das große Gepäck separat packt. So erspart man sich anstrengendes Aus- und Einpacken im Zug.“

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