Fast scheint es, als müssten die Bäume etwas nachholen. Auf der Linkenheimer Allee nördlich des Schlosses, der Hauptachse durch den Hardtwald, rieselt das Laub am Sonntagmorgen nach einem Windstoß vom Himmel.
Auf dem Boden liegen rötlich-braun verfärbte Blätter, nass vom Morgentau. Es ist ein richtiger Herbsttag, mit knackigen Temperaturen im einstelligen Bereich, klarer Luft und blauem Himmel ohne eine einzige Wolke.
Doch etwas passt nicht ganz ins Herbstbild: Viele Bäume sind noch auffällig grün. Und die Kronen sind noch ziemlich üppig mit Blattwerk bestückt. Liegt es am ungewöhnlich warmen Oktober, der den Sommer sozusagen künstlich in die Länge gezogen hat?
War sonst im November überhaupt noch Laub da?Simone Steimle, Joggerin im Hardtwald
Michael Herz und Simone Steimle joggen dreimal wöchentlich durch Karlsruhes grüne Lunge, wie der Hardtwald gerne bezeichnet wird. Auch an diesem Samstagmorgen.
Haben sie eine Veränderung im Waldbild bemerkt? „Es ist schon noch ziemlich grün“, stellt Steimle fest und überlegt: „War sonst im November überhaupt noch Laub da?“
„Der Herbst war doch dieses Jahr eher früher“, meint Michael Herz und spielt damit auf den frühen Laubabwurf der Bäume durch die extreme Trockenheit im Sommer an.
Tatsächlich haben die Bäume in den Karlsruher Wäldern nach einem Bericht des Forstamts „erstaunlich früh Laub in großen Mengen abgeworfen, um den Wasserverlust durch Verdunstung zu verringern“.
Einzelne Bäume seien teilweise oder ganz abgestorben. Besonders bei den jungen Bäumen, den Forstkulturen aus dem Frühjahr 2022 habe es „erhebliche Ausfälle“ gegeben. Das volle Ausmaß der Schäden im Wald durch die Trockenheit werde aber erst in der nächsten Vegetationsperiode erkennbar sein.
Durch den späten Regen haben die Bäume nochmal Wasser gezogen.Joachim Lauinger, Forstabteilungsleiter Ettlingen
Im Hardtwald erinnert ein Schild an einem Baumstamm an die Trockenheit im Sommer: „Waldbrandgefahr! Rauchen und Feuermachen strengstens verboten“, steht darauf. In der Nähe des Waldzentrums hängt ein absterbender Ast von einer Eiche am Wegrand. Sonst ist von Trockenschäden auf den ersten Blick nicht viel zu sehen.
Durch „den späten Regen“ im Oktober hätten die Bäume nochmal Wasser gezogen, was dazu führe, dass sie nun teils noch grünes Laub tragen, erklärt Joachim Lauinger. Der Forstabteilungsleiter in Ettlingen hat in den in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden Wäldern rund um die Große Kreisstadt Beobachtungen gemacht, die sich mit denen im Hardtwald decken: Viel Grün. Und das im November.
Ausmaß der Trockenschäden wird sich erst im Frühjahr zeigen
Hat der Regen dem Wald also geholfen, sich zu regenerieren? Das könne man erst im Frühjahr beurteilen, sagt Lauinger. Dann werde man sehen, ob die Bäume wieder Knospen bilden. Es könne sei, dass die Trockenschäden aktuell nur überdeckt würden dadurch, dass der Wald etwas gesünder aussehe.
Lauinger erinnert sich an die Bilder des Sommers. „Es war zum Teil erschreckend.“ Gerade die jungen Buchen habe die Trockenheit stark angegriffen, „dabei denkt man eigentlich, dass die das doch besser verkraften als die alten“.
Holzdiebe sind in den Wäldern rund um Karlsruhe unterwegs
Auf das Geschäft mit dem Brennholz hatte die extreme Trockenheit indes keine Auswirkungen. Steigende Energiepreise ließen die Nachfrage explodieren – und lockten Holzdiebe.
Joachim Lauinger hat im Ettlinger Wald in diesem Herbst bereits zwei Brennholzdiebstähle registriert. Im Hardtwald war es laut David Seidenglanz von ForstBW, der im Forstbezirk Hardtwald unter anderem für den Holzverkauf zuständig ist, bislang einer.
Den Dieb, der sich im nördlichen Hardtwald am Holzstapel eines anderes bedienen wollte, habe man auf frischer Tat ertappt und ihn den Preis für die Ware – 400 Euro – gleich zahlen lassen. Außerdem wurde Anzeige erstattet.
Dass es bei diesem einen Fall nicht bleibt, fürchtet Seidenglanz. „Wir beginnen ja gerade erst mit dem Holzeinschlag. So viel Brennholz liegt noch nicht draußen.“ Mit GPS-Trackern, die in gefälltem Holz versteckt sind, will Forst BW Holzdieben auf die Schliche kommen.