
Voller Aufregung, Vorfreude und Euphorie betreten elf Kinder im Alter von sieben bis 12 Jahren das Gemeindezentrum der Waldenserkirche in Palmbach. Kurz darauf werden die Instrumentenkoffer geöffnet, und die ersten Töne erklingen. Es ist der erste von drei Workshop-Tagen des Kinderorchesters Kolophoniumwolke, an denen gemeinsam musiziert wird.
Den Abschluss bildet ein Familienkonzert, bei dem die Kinder ihre gemeinsam einstudierten Werke präsentieren werden. Für die meisten von ihnen bedeutet das Projekt: Das erste Mal im Orchester spielen, das erste Mal eine Partitur lesen, das erste Mal vor Publikum auftreten.
Früh rein ins Orchester
Und das ist etwas ganz Besonderes. Denn für gewöhnlich heißt es: Erstmal ein paar Jahre lang ein Instrument lernen und dann ab ins Orchester. Die Veranstalter der Workshops sehen das anders.
Sie sind überzeugt: Es lohnt sich, möglichst früh den Zauber des großen Klanges mitten im Orchester zu erleben, damit man weiß, wofür man jahrelang allein übt. Außerdem sei gerade für Streicher das Orchesterspiel die essenzielle Form des Musizierens.
Die Musik soll möglichst von Anfang an Teil des Lebens werden.Elisa Agudiez
Pianistin
Pianistin Elisa Agudiez, Leiterin des Regionalverbands Karlsruhe des Deutschen Tonkünstlerverbandes und Mitorganisatorin des Orchesterworkshops, nennt ein weiteres Ziel des Projekts: „Die Musik soll möglichst von Anfang an Teil des Lebens werden. Und dazu gehört das Spielen im Orchester.“
Die Idee, schon den Jüngsten das gemeinsame Musizieren zu ermöglichen, stammt von Agudiez Vorgänger im Tonkünstlerverband, dem Karlsruher Komponisten und Gitarristen Andreas Grün. 2019 gründete er das Kinderorchester, der erste Workshop fand statt.
Karlsruher Kinderorchester kommt gut an
Und die Resonanz war – sowohl bei den Kindern als auch deren Eltern – beeindruckend. Denn endlich bekamen auch die sehr jungen Schüler der überwiegend freiberuflich tätigen Mitglieder des Verbands die Möglichkeit, in einem Orchester zu spielen.
Für Elisa Agudiez stellt das Alter von 12 Jahren eine Art Grenze dar: „Auf weiterführenden Schulen gibt es häufig Schulorchester, auch manche Musikschulen bieten das Spielen im Orchester an, allerdings meist erst für die älteren Kinder.“
Dass aber schon die Jüngsten Freude daran haben, gemeinsam Musik zu machen, sich auszutauschen, Neues zu lernen und sich auch aktiv einzubringen, zeigt sich schon daran, dass der Name des Orchesters von den Workshopteilnehmern aus dem Jahr 2019 selbst gewählt wurde.
Harz als Namensgeber
Passend zu ihren Streichinstrumenten entschieden sie sich für: Kolophoniumwolke. Kolophonium ist das Harz, mit dem Streicher ihre Bögen regelmäßig einreiben müssen, damit die Haare die Saiten der Instrumente zum Klingen bringen.
Leider konnte das Projekt in den vergangenen Jahren pandemiebedingt nicht stattfinden. Umso größer ist die Freude bei Veranstaltern und Kindern, dass es nun weitergehen kann. Mit Laurent Breuninger, Geigenprofessor an der Musikhochschule Karlsruhe, hat Elisa Agudiez einen Leiter für das Projekt gewinnen können, der nicht nur die fachlichen, sondern auch die pädagogischen Kompetenzen mitbringt.
Er hat die Stücke – etwa den zweiten Satz aus Dvořáks „New World Symphony“ – arrangiert, berücksichtigt beim gemeinsamen Spielen die individuellen Vorkenntnisse der Kinder, fügt sie in das Gesamtensemble ein und weckt bei den Workshopteilnehmern die Begeisterung für das Spielen im Orchester. Es wird gemeinsam geübt, gemeinsam gelacht und sogar gemeinsam zu Mittag gegessen.
Und: Man lernt sich kennen. Dass genau dies durch die Musik vermutlich so gut gelingt wie auf kaum einem anderen Weg, zeigt sich schon am ersten Workshop-Tag. Drei Kinder üben gemeinsam die Melodie, dies zunächst, ohne dass der Einsatz vorgegeben wird. Denn die guten Orchester sind laut Breuninger die, die auch ohne Dirigenten spielen können.
Also heißt es, aufeinander zu achten, sich beim Spielen anzuschauen, zu entscheiden, wer den Einsatz und damit auch das Tempo vorgibt. Und ja, so klappt es. „Kanntet ihr euch vorher schon?“, fragt Breuninger die drei Violinisten im Anschluss. Die Kinder verneinen, woraufhin Breuninger betont: „Na, nun kennt ihr euch.“
Vorfreude auf Konzert
Und genau dies lässt sich spüren: Die jungen Musiker wachsen durch das gemeinsame Spielen zusammen, lernen sich kennen und freuen sich, nicht nur auf das Abschlusskonzert, sondern auch auf viele weitere Momente im Orchester – vielleicht ja schon beim nächsten Workshop der Kolophoniumwolke.