Immer wieder skandieren die Demonstranten „Nieder mit der Diktatur“ oder „Demokratie und Freiheit für den Iran“. Am Samstag schlängelte sich ein Protestzug durch die Karlsruher Innenstadt. Viele tragen Banner oder Fahnen in den iranischen Nationalfarben. Rund 150 Personen üben Solidarität mit der Opposition im Iran. Ihr Ziel: die Einstufung der iranischen Revolutionsgarde als Terror-Organisation.
Erst kürzlich hatte das EU-Parlament in Straßburg in einer Resolution eben dieses gefordert. „Das war der erste Schritt. Jetzt muss es weitergehen. Die nächste Etappe ist der EU-Rat und die Außenminister“, sagt Mostafa Saeidi, der regelmäßig auf die Straße geht, um das blutige Vorgehen der iranischen Regierung gegen die Opposition zu geißeln.
„Sie kidnappen EU-Bürger, unterstützen Hamas und Hisbollah und liefern Drohnen für Putins Angriffskrieg. Hinzu kommt das brutale Vorgehen gegen das eigene Volk“, empört sich der Informatiker. Falls die Klassifizierung auf der Terrorliste tatsächlich gelänge, würde dies bedeuten, dass Finanzmittel und Bewegungsfreiheit der Revolutionsgarden erheblich eingeschränkt würden.
Demo-Teilnehmer fordern Solidarität mit Protestierenden im Iran
Auch Tabassom Kia-Hofmann zählt zu den Protestierenden. „Wir müssen das iranische Volk unterstützen und dieses Regime zu Fall bringen. Oppositionelle werden gefoltert und ermordet. Uns geht es darum, Solidarität zu zeigen“, sagt die Ärztin aus Liedolsheim. Sie treibt auch die Sorge um den iranischen Bürgerrechtler Farhad Meysami um, der sich im Hungerstreik befindet. Bilder von dem inhaftierten Arzt zeigen den Mann nur noch als Haut- und Knochenbündel.
In einem mit Kunstblut beflecktem Shirt und einer auf ihre Stirn gemalte iranischen Flagge reiht sich die Frau aus dem Landkreis Karlsruhe wieder in die Schar der Demonstranten ein. Immer wieder hallt es durch die Fußgängerzone: „Frau, Leben, Freiheit!“. Frauen schlagen dazu rhythmisch Flaschen gegeneinander. Auf Plakaten ist „Stop Terror Regime“ oder „Mullahs müssen weg“ zu lesen.
Auslöser der Proteste war der durch Polizeigewalt herbeigeführte Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amin, die von der Sittenpolizei festgenommen wurde, weil sie angeblich ihr Kopftuch nicht wie vorgeschrieben trug.
Demonstration in der Karlsruher Innenstadt verläuft friedlich
Bei der finalen Kundgebung auf dem Marktplatz ergreift eine junge Frau, die sich Andische nennt, das Mikro und nennt Zahlen. Seit Beginn der Revolution seien 19.623 Menschen festgenommen worden. 598 kamen ihr zufolge ums Leben, darunter Kinder und Jugendliche. Vier Todesurteile wurden vollstreckt.
Gebt nicht nach, jede Stimme zählt.Andische, Demonstrantin in Karlsruhe
„Dieses Unrecht darf nicht ungesühnt bleiben“, sagt sie. Sie fordert die Demonstranten auf, zusammen zu stehen, auch wenn das Regime seine Trolle aussende, um Streit und Missgunst zu schüren. „Gebt nicht nach, jede Stimme zählt. Der Druck darf nicht aufhören – bis zum Regime-Change“, sagt sie unter Applaus der Teilnehmer. Laut Polizei verlief die Demonstration durch die City ohne jegliche Störungen.