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„Alarmstufe Dunkelrot“

40 Millionen Euro Mehrkosten: Karlsruher Kliniken fordern schnelle Finanzhilfen

Die Karlsruher Kliniken fordern kurzfristige Finanzhilfen, um die akuten Finanzierungsprobleme aufgrund von Inflation, Energiepreisen und den anstehenden Tarifabschlüssen abzufangen. Sie rechnen mit Mehrkosten von rund 40 Millionen Euro.

Zwei Klinikmitarbeiter schieben einen Patienten in den Operationssaal.
Mehr Geld für die Beschäftigten: Die Karlsruher Kliniken rechnen mit 43 Millionen Euro Plus bei den Personalkosten. Ausschlaggebend sind die absehbar steigenden Tarifvergütungen. Foto: ViDia-Kliniken

Die wirtschaftliche Lage der Karlsruher Kliniken hat sich noch einmal verschärft. Sie könnte sich Monat um Monat weiter dramatisch zuspitzen, wenn die Politik nicht mit schnellen Finanzhilfen eingreift.

Deshalb wenden sich das Städtische Klinikum, die ViDia-Kliniken und das SRH-Klinikum Karlsbad-Langensteinbach an die Öffentlichkeit. „Es ist Alarmstufe Dunkelrot“, sagte Markus Heming in einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Der Kaufmännische Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe hatte schon im vergangenen September die Alarmstufe ausgerufen und auf die wirtschaftliche Bedrohung der Kliniken aufmerksam gemacht.

Politische Fehlentscheidungen verschärfen Situation der Karlsruher Kliniken

Verbessert habe sich seitdem nichts. Im Gegenteil: Politische Fehlentscheidungen hätten die Situation noch verschärft. So seien ohne sachliche Grundlage die Vergütung der Fallpauschalen zu Lasten der Krankenhäuser gesenkt und den Häusern dadurch wichtige Einnahmen entzogen worden.

Zudem sei die Berechnungsformel für den Landesbasisfallwert – das ist der Preis der Krankenhausleistungen – ungerechtfertigt verändert worden. Die Krankenhäuser hätten darüber hinaus durch den hohen Rückgang der Fallzahlen erhebliche Umsatzeinbußen.

Das Vertrösten auf eine künftige Krankenhausreform, die vielleicht eine bessere Finanzierung bringe, könne nicht hingenommen werden. „Die Reform zieht sich mindestens über die nächsten fünf Jahre, aber unser Problem ist akut“, sagte Heming.

Bundesweit fehlen den Klinken acht Milliarden Euro in der Finanzierung. Eine Umfrage der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) im März weist darauf hin, dass den Kliniken im Land allein im Jahr 2023 mindestens 800 Millionen Euro fehlen, wenn nicht schnell etwas geschieht.

Anhand dieser Umfrage erwarten 76,8 Prozent der befragten Kliniken in Baden-Württemberg für 2023 ein negatives Ergebnis bei ihrer Gewinn- und Verlustrechnung. Bundesweit bewerten nur drei Prozent ihre wirtschaftliche Situation als gut. Bei letzteren handle es sich, so Heming, meist um Fachkliniken ohne kostenintensive Intensivstationen und Notaufnahmen.

In den Karlsruher Kliniken ist bei rund 40 Millionen Euro die Finanzierung nicht geklärt. „Höchster Kostensteigerungspunkt sind die Tarifkosten“, erklärte Heming. Die Karlsruher Kliniken gehen von einer Steigerung der Personalkosten um mindestens acht Prozent mit Mehrkosten von 43 Millionen Euro aus.

Unsere Beschäftigten haben das Recht, mehr Geld zu bekommen.
Markus Heming, Kaufmännischer Geschäftsführer

„Das Klatschen reicht nicht“, stellte Heming klar, „unsere Beschäftigten haben das Recht, mehr Geld zu bekommen.“ Doch die absehbar stark steigenden Tarifvergütungen verschärften die prekäre finanzielle Lage der Krankenhäuser zusätzlich.

Zu den Tarifkostensteigerungen kämen in den Karlsruher Kliniken nicht gedeckte Energiekosten in Höhe von etwa neun Millionen Euro und nicht gedeckte Sachkostensteigerungen über 15 Millionen Euro hinzu. In der Summe fehlen rund 67 Millionen Euro. 27 Millionen Euro könnten eventuell über den Landesbasisfallwert refinanziert werden.

„Wir sind kein Industriebetrieb, der einfach die Preise erhöhen kann“, sagte Heming. Nur beim Personal könnte eingespart werden, was für die Karlsruher Kliniken aber nicht in Frage kommt.

„Dann könnten wir die medizinische Leistung nicht mehr ausreichend erbringen“, stellte Michael Geißler, Medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, klar. Denn die Kliniken stellten mit 10.000 Mitarbeitern im Verbund, 3.000 Betten und rund 150.000 stationären Patienten im Jahr die Krankenversorgung in der Region sicher.

Politik hört zwar zu, handelt aber nicht

„Wir verstehen nicht, dass man uns bei der wichtigsten Sache überhaupt alleine lässt“, richtete SRH-Geschäftsführer Jörg Schwarzer seinen Vorwurf an die Politik, die zwar zuhöre, aber nicht handle.

Die Karlsruher Kliniken fordern deshalb ein Vier-Punkte-Paket. Erstens sollen die steigenden Tarifvergütungen 2023 vollständig refinanziert werden. Zweitens sollen die nicht gedeckten Energiekosten auf Basis der Berechnungswerte von 2021 ausgeglichen werden. Die aktuellen Finanzhilfen glichen „Schaufenster-Milliarden“, von denen kaum etwas ankomme.

Drittens wollen die Kliniken einen adäquaten Ausgleich für die inflationsbedingten Kostensteigerungen, gerade bei Materialkosten. Viertens sollen die Krankenhäuser im Vorgriff auf die mit der Krankenhausreform geplante Vorhaltefinanzierung schon in diesem Jahr gegen Verluste aufgrund von geringeren Fallzahlen abgesichert werden. Diese müssten durch einen Ganzjahresausgleich vollständig ausgeglichen werden.

Wir haben die Sorge, dass es richtig knallt.
Jörg Schwarzer, SRH-Geschäftsführer

Da die Politik nicht handle, entstehe bei den Kliniken der Eindruck, dass Insolvenzen bewusst herbeigeführt werden sollen. „Wir haben die Sorge, dass es richtig knallt“, sagt Schwarzer. In der Kindernotversorgung sei man durch das RS-Virus in dieser Situation schon gewesen. Da habe es dann plötzlich Lösungen gegeben.

„Die Lösungsmechanismen sind da, man müsste sie nur anwenden“, sagte ViDia-Vorstandsvorsitzender Richard Wentges. Gesundheitsminister Karl Lauterbach wisse von der Insolvenzgefahr der Kliniken, tue aber nichts.

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