Was nicht mehr taugt, wird sofort verschrottet: Ein ganzes Bündel Fahrräder schnappt sich der Greifarm des Müllautos und lässt sie auf die Ladefläche fallen. „Die stehen hier sicher schon ein Jahr“, sagt der Herr in der orangefarbenen Kluft und deutet auf Dutzende von Drahteseln, die eng aneinandergeschmiegt in der Karlsruher Bahnhofstraße stehen.
Zweimal im Jahr ist das Amt für Abfallwirtschaft (AfA) rund um den Karlsruher Hauptbahnhof im Einsatz, um herrenlose und kaputte Fahrräder einzusammeln. Den Auftrag dafür erteilt das Ordnungsamt. Bei der letzten großen Aktion hat das AfA nach Angaben der Stadt rund 100 herrenlose Drahtesel eingesammelt.
Die ursprünglichen Besitzer hatten aber im Vorfeld Zeit zum Reagieren. Bereits einige Wochen vor Abtransport markiert das Ordnungsamt die Räder mit einem orangefarbenen Sticker. „Entfernungsaufforderung“ steht darauf und weiter: „Das Abstellen dieses nicht fahrbereiten Fahrrades/Gegenstandes auf öffentlicher Verkehrsfläche ist unzulässig und stellte eine unerlaubte Sondernutzung dar.“ Der oder die Verantwortliche wird aufgefordert, das Rad bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entfernen.
Momentan werden beim AfA in Karlsruhe 70 Räder und zwei Anhänger gelagert
Geschieht dies nicht, rückt das AfA an. Was nicht sofort verschrottet wird, kommt zunächst auf den Betriebshof in der Ottostraße – sofern dort genug Platz ist.
Der Herr über die Schrotträder ist Werner Lenhard. Er ist als Qualitätsmanager für die Sauberkeit der Stadt zuständig. Momentan lagert er rund 70 Räder und zwei Fahrradanhänger in der Ottostraße. Die Arbeitsförderung Karlsruhe holt alle sechs bis acht Wochen Fahrräder ab, bereitet diese auf und verkauft sie günstig weiter.
Mobile Teams halten in Karlsruhe nach herrenlosen Fahrrädern Ausschau
Wenn die Zahl der abzuholenden Drahtesel die Platzkapazitäten beim AfA und bei der Arbeitsförderung jedoch übersteigt, werden Fahrräder direkt verschrottet, teilt das Presseamt der Stadt mit.
Neben der großen Sammel-Aktion, die zweimal jährlich rund um den Hauptbahnhof stattfindet, sind zudem mobile Teams der Stadtreinigung in Karlsruhe unterwegs. Diese entfernen gemeldete „sogenannte wilden Ablagerungen im gesamten Stadtgebiet“, wie das Presseamt weiter mitteilt. 40 bis 100 herrenlose Fahrräder kommen so im Monat zusammen. Nach Angaben der Stadt werden durch die herrenlosen Räder dringend benötigte Stellflächen versperrt.
Vieles sind sicher gestohlene Räder.Werner Lenhard, Qualitätsmanager der Stadt
Woher aber kommt diese Masse an Rädern? Darüber kann auch Werner Lenhard nur spekulieren. „Vieles sind sicher gestohlene Räder, die dann einfach irgendwo abgestellt werden“, vermutet der Qualitätsmanager. Teilweise ließen auch Studenten ihre Räder während der Semesterferien am Bahnhof stehen. Mitunter bekomme man da überhaupt nicht mit, wenn der Drahtesel plötzlich mit einem orangefarbenen Warn-Aufkleber versehen sei.
Einfach so rausgeben darf Lenhard die Fahrräder übrigens nicht – zumindest nicht, bis jemand nachweisen kann, dass es sich um sein Fahrrad handelt. Das geschieht seinen Angaben zufolge aber sehr selten. „Im Jahr kommen vielleicht drei Leute vorbei, die ihre Fahrräder zurückhaben wollen“, sagt Lenhard.
Schrotträder in Karlsruhe können per App gemeldet werden
Nach Angaben des Presseamts können auch die Bürgerinnen und Bürger Schrottfahrräder melden. Möglich ist das mit der KA-Feedback-App. Diese hat in der Kategorie Verunreinigungen den Unterpunkt „Schrottfahrrad im Straßenraum“.