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Schnelle Justiz

Karlsruher Amtsgericht spricht Recht im Turbo-Verfahren gegen zwei Diebe

Die Amtsgerichte haben jetzt die Möglichkeit des beschleunigten Verfahrens. Zwei Hauptverhandlungen dieser Art fanden jetzt am Karlsruher Amtsgericht statt.

Turbo-Prozesse: Gleich zwei Hauptverhandlungen hat das Amtsgericht Karlsruhe soeben im beschleunigten Verfahren über die Bühne gebracht. Dabei folgt die Strafe unmittelbar der Tat.
Turbo-Prozesse: Gleich zwei Hauptverhandlungen hat das Amtsgericht Karlsruhe soeben im beschleunigten Verfahren über die Bühne gebracht. Dabei folgt die Strafe unmittelbar der Tat. Foto: Uli Deck/dpa

Keine 24 Stunden liegen zwischen Tat und Urteil: Bei den vor kurzem landesweit eingeführten „beschleunigten Verfahren“ können Strafprozesse unter bestimmten Voraussetzungen im Express-Verfahren erfolgen. Am Mittwoch wurden in Karlsruhe gleich zwei Männer auf diese Art in Diebstahlprozessen zu Geldstrafen verurteilt.

Zunächst hat das Gericht einen Ladendiebstahl bei einem großen Kaufhaus in der Kaiserstraße verhandelt. Die Staatsanwältin warf dem 42-jährigen Mann ohne festen Wohnsitz vor, drei Unterhosen und einen Gürtel im Gesamtwert von 122 Euro geklaut zu haben.

Der Zeuge, ein Kaufhausdetektiv, schildert im Zeugenstand, wie er den Mann auf frischer Tat erwischte. Anschließend hielt er den Mann zusammen mit seinen Kollegen bis zum Eintreffen der Polizei fest.

Täter streitet Diebstahl ab, verbringt die Nacht aber trotzdem in Gewahrsam

Kurioses Detail: Neben dem angelegten gestohlenen Gürtel und den eingesteckten Unterhosen fanden die Detektive auch Eier, Baguette und Joghurt beim Angeklagten. Offenbar hatte er die Lebensmittel bei einem nahegelegenen Discounter mitgehen lassen.

Die hinzugezogene Filialleitung verzichtete jedoch darauf, den Lebensmitteldiebstahl anzuzeigen, berichtete der Zeuge. Der Täter ist mehrfach vorbestraft. Gegenüber der Polizei stritt er den Diebstahl ab. Dennoch verbrachte er die Nacht vor der Verhandlung in Gewahrsam. Vor Gericht entschied er sich, zu den Vorwürfen zu schweigen.

Da der Ladendetektiv den Tathergang vor Gericht aber detailliert beschreiben konnte, sahen Staatsanwältin und Richterin die Vorwürfe als erwiesen an. So folgte die Richterin dem Antrag der Staatsanwältin und brummte dem Mann eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je zehn Euro auf.

Ebenfalls im Turbo-Verfahren verhandelte das Gericht einen Fahrraddiebstahl. Dieser gleichfalls wohnungslose Angeklagte betrat den Sitzungssaal – von Justizbeamten eskortiert – ohne Schuhe. Dass er am Vortag ein Mountainbike aus einer Tiefgarage in der Nähe des Hauptbahnhofs entwendet hatte, gab der 27 Jahre alte Angeklagte zu Prozessbeginn zu.

Die Gründe konnte er allerdings kaum plausibel darlegen. Er behauptete, er habe das unverschlossene Fahrrad nur für kurze Zeit ausleihen wollen, weil er alles verloren habe und Hilfe suchte. Anschließend habe er das Fahrrad zurückbringen wollen.

Für Gericht und Anklagevertreterin war das nur wenig glaubwürdig, da der Besitzer des Mountainbikes den Angeklagten in der Nähe des Tatorts auf der Suche nach seinem Fahrrad scheinbar ziellos umherfahrend erwischte. Zudem, so der Zeuge, habe der Angeklagte eine am Fahrrad installierte Anhängerkupplung und eine Leuchte entfernt.

Durch die beschleunigten Verfahren erfolgt eine schnelle Reaktion des Rechtsstaates.
Marion Gentges, baden-württembergische Justizministerin

Deswegen folgte die Richterin bei ihrem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft: Eine Geldstrafe von 300 Euro, die dem geschätzten Wert des nun beschädigten Drahtesels entspricht, zahlbar in 60 Tagessätzen zu jeweils fünf Euro.

„Durch die beschleunigten Verfahren erfolgt eine schnelle Reaktion des Rechtsstaates“, sagte die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges vor einigen Monaten. In Karlsruhe wurden die verkürzten Verfahren erst vor kurzem eingeführt. Erklärtes Ziel ist eine rasche Sanktionierung von Straftaten, lies das Amtsgericht Karlsruhe damals wissen.

Damit ein Strafverfahren im Express-Verfahren abgewickelt werden kann, muss die Staatsanwaltschaft schriftlich oder mündlich einen entsprechenden Antrag stellen. Voraussetzung ist, dass ein einfacher Sachverhalt oder eine eindeutige Beweislage vorliegt.

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