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Frage nach Konfessionszugehörigkeit

Arbeitsgericht Karlsruhe: Evangelischer Oberkirchenrat hat atheistische Bewerberin diskriminiert

Darf die Kirche eine Bewerberin auf eine Sekretariatsstelle nach ihrer Konfessionszugehörigkeit fragen? Nein, entschied nun das Arbeitsgericht Karlsruhe und verurteilte den Oberkirchenrat zu einer Entschädigungszahlung.

Oberkirchenrat in der Blumenstrasse,
Falsche Frage: Der Evangelische Oberkirchenrat wurde vom Arbeitsgericht zu einer Entschädigungszahlung an eine Bewerberin verurteilt. Foto: Jörg Donecker

Die Gretchenfrage nach der Konfessionszugehörigkeit bei einer Stellenausschreibung kommt den Evangelischen Oberkirchenrat Karlsruhe teuer zu stehen. Das Arbeitsgericht Karlsruhe verurteilte den Kirchenrat zur Entschädigungszahlung von 5.000 Euro an eine Rechtsanwaltsgehilfin. Die konfessionslose Frau hatte sich erfolglos auf eine Stelle als Sekretärin beworben und anschließend Klage wegen eines Verstoßes gegen das Antidiskriminierungsgesetz eingereicht.

Indizien reichen für Urteil aus

Ob die Frau den Job wegen fehlender fachlicher Voraussetzungen oder ihrem offenen Bekenntnis zum Atheismus nicht erhalten habe, spielte für das Gericht dabei keine Rolle, sagte Gerichtsdirektor Hartmut Maier. „Es reicht in diesem Fall vollkommen aus, dass es ein Indiz für einen Verstoß gibt und dieses nicht widerlegt werden kann“, betonte Maier.

Die Klägerin hatte sich im Januar 2019 auf eine Vollzeitstelle als Sekretärin beworben und am 21. Februar ein Vorstellungsgespräch. Auf die Frage nach der Konfessionszugehörigkeit hatte die Frau „konfessionslose Atheistin“ angegeben. Beim Vorstellungsgespräch hatte sie diese Angabe damit begründet, dass sie in der DDR aufgewachsen sei, wo die Kirchen keine so große gesellschaftliche Rolle gespielt haben wie in der Bundesrepublik.

„Chemie hat nicht gestimmt“

Nach Einschätzung von Rechtsanwalt Peter John, der den Oberkirchenrat vertrat, ist die Frage nach der Konfessionszugehörigkeit bei einer Stellenausschreibung durchaus zulässig. Dadurch könne der Arbeitgeber bereits früh erahnen, ob die Bewerber mit den Strukturen einer Kirche vertraut seien.

Außerdem sei die Klägerin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden und hatte deshalb eine faire Chance auf den Job. Am Ende habe zwischen der Bewerberin und der möglichen Vorgesetzten allerdings die „Chemie nicht gestimmt“. Außerdem habe die Klägerin ein klares Bekenntnis zur Teamfähigkeit vermissen lassen.

Das Gericht sah die Sache anders. Mögliche Kenntnisse von kirchlichen Strukturen seien separat abgefragt worden. Außerdem liefere die Konfessionszugehörigkeit keine Hinweise auf die fachliche Eignung eines Bewerbers. „Früher hat das Bundesverfassungsgericht den Kirchen bei solchen Fragen mehr Freiheiten eingeräumt. Aber durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs gab es eine Änderung in der Rechtsprechung“, betonte Maier.

Deshalb sei die Frage nach der Religionszugehörigkeit mittlerweile nur noch zulässig, wenn diese in direktem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehe. Sprich: Bei einem Pfarrer spielt die Konfession eine Rolle, bei einer Sekretärin dagegen nicht.

Gericht erwartet Gang durch die Instanzen

Das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist für Maier aber noch lange nicht gesprochen. „Mindestens eine der beiden Seiten wird Rechtsmittel einlegen. Und irgendwann landet diese Geschichte vor dem Bundesarbeitsgericht“, prognostiziert der Richter.

Ein kleines „Gschmäckle“ hat die Klage nach Ansicht des Oberkirchenrats bereits jetzt. Nach Johns Einschätzung wurde die Bewerbung lediglich eingereicht, um später vor Gericht zu ziehen. Für diese These spricht für den Anwalt, dass die Frau mit dem Zusatz „Atheistin“ hinter der eigentlich ausreichenden Angabe „konfessionslos“ bewusst auf Konfrontationskurs gegangen sei. Außerdem habe sie keinen Grund für einen Jobwechsel gehabt. Sie sei immer noch bei der Kanzlei beschäftigt, die nun auch die Klage eingereicht hat.

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