Die Eröffnung war schon vorbereitet, die Einladungsschreiben waren bereits formuliert.
Doch dann zerstob die für Montag, 23. Mai, geplante Feierlichkeit zur Freigabe des Autotunnels unterhalb der Kriegsstraße mit dem lauten Bersten einer Lüfter-Turbine: Bei einem der letzten Tests rotierte der mächtige Ventilator an der Tunneldecke nahe der westlichen Rampe zuerst mit bis zu 3.600 Umdrehungen pro Minute.
Dann geriet das Schaufelrad in eine Unwucht. Sekunden später verabschiedete sich das Innenleben. Wie Geschosse wurden Metallteile herausgeschleudert. Menschen waren nicht in der Nähe.
Experten stehen vor einem Rätsel
Die Fachleute stehen seither vor einem Rätsel. Was hat den gefährlichen Zwischenfall ausgelöst? Fehler bei der Montage? Materialermüdung? Und warum hat sich die Turbine nicht planmäßig und automatisch abgeschaltet?
Der spektakuläre Schaden an der Lüftungsanlage des Karoline-Luise-Tunnels – die BNN berichteten bereits darüber – hat buchstäblich weitreichende Folgen. Die Freigabe des Bauwerks für den Autoverkehr ist auf unbestimmte Zeit verschoben; wahrscheinlich wird es einige Monate dauern, bis dieser Teil der Kombilösung an den Start gehen kann.
Mentrup: „Hohe Gefährdung“
33 der 36 Lüftungseinheiten müssen stets funktionsfähig sein, jeder der Rotoren sorgt im Brandfall für einen enormen Luftzug und den Abtransport giftigen Rauchgases. Teile dürfen sich in keinem Fall selbstständig machen.
Wenn doch – so wie jetzt bei dem havarierten Lüfter – ist eine „hohe Gefährdung gegeben“, sagt Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD). Die Teile könnten im Zweifel jede Windschutzscheibe durchschlagen, gibt er zu bedenken.
„Wir müssen noch froh sein, dass das vor der Tunneleröffnung passiert ist“, sagt das Stadtoberhaupt. Bereits zuvor hatte es an einem anderen Lüfter Auffälligkeiten gegeben, diese waren aber nicht so besorgniserregend.
Erhebliche Lieferzeiten
Jetzt müssen Materialwissenschaftler und Gutachter klären, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Der Tunnel werde erst freigegeben, wenn mit letzter Sicherheit geklärt sei, was passiert ist, betont der OB.
Das kann dauern. Und wenn sich die Dinge besonders ungünstig entwickeln, ist auch nicht ausgeschlossen, dass an sämtlichen 36 Einheiten nachgebessert werden muss. Die Lieferzeiten für Ersatzteile, das weiß man schon jetzt, sind beträchtlich: OB Mentrup rechnet mit bis zu 20 Wochen.
Vergleichbare Technik im Edeltrudtunnel
„Wir müssen jetzt in die Werkstoffkunde einsteigen“, kündigt Frank Nenninger an, der Technische Geschäftsführer der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig).
„Oberste Priorität hat die Sicherheit“, ergänzt Martin Kissel, Chef des städtischen Tiefbauamts, das den Tunnel in Zukunft bewirtschaftet. Noch können sich die Spezialisten nicht erklären, wie es zu dem kapitalen Schaden gekommen ist. Laut Kissel ist die Lüfter-Technik des Karoline-Luise-Tunnels mit der im Edeltrudtunnel an der Südtangente vergleichbar. Die dortigen Lüftungsturbinen hat man unlängst ersetzt.
Die Vorgängergeräte hatten viele Jahre problemlos funktioniert. Auch andernorts sind Ereignisse wie die vom Karoline-Luise-Tunnel unbekannt. Ein Ausfall der Lüftung im Schweizer Gotthardtunnel vor einigen Monaten war auf einen Software-Fehler zurückzuführen.
Hoffen auf Weihnachten
Aus Sicht von Oberbürgermeister Mentrup kann die Kombilösung trotz des aktuellen „schweren Rückschlags“ weite Teile ihrer Funktion erfüllen.
„Wir kommen auch ohne den Autotunnel einigermaßen zurecht“, erklärte er auf Nachfrage der BNN. Die wesentlichen Ziele der Kombilösung seien auch so erreicht.
Die Kaiserstraße werde durch den Bahntunnel nebst Südabzweig entlastet, durch den Umbau der oberirdischen Kriegsstraße habe die Trasse ihre trennende Funktion verloren. Möglicherweise könne der Weihnachtsverkehr durch den Kriegsstraßentunnel abgewickelt werden. Prognosen zum Zeitpunkt der Tunneleröffnung gebe er jedoch nicht ab, so Mentrup.