Skip to main content

Selbsthilfe gegen den Hitzeschock

Baumpaten in Karlsruhe: Wie Bürger helfen, die Stadt grün und das Klima erträglich zu halten

Mit vielen kleinen Aktivitäten lässt sich das Stadtklima beeinflussen. In Karlsruhe gibt es beispielsweise Baumpaten. Aber was machen die und was bringt das dem Klima in der Stadt?

Karlsruher Baumpaten in der Gartenstraße: Edgar Manz, Dorothea und Heinz Bodach (von links)
Karlsruher Baumpaten in der Gartenstraße: Edgar Manz, Dorothea und Heinz Bodach (von links) Foto: Dieter Klink

Alles begann vor zwei Jahren mit einem Artikel im „Kurier“. „Baumpaten in Karlsruhe gesucht“, hieß es da. Dorothea und Heinz Bodach zögerten nicht lange.

Schnell waren sie mit Edgar Manz und Herta Winkler aus demselben Haus einig, dass sie da gerne einsteigen wollen.

Die beiden Paare gingen eine „Baumpatenschaft plus“ ein. Sie gießen seitdem den Baum und hegen und pflegen das kleine Stückchen Erde drumherum vor ihrem Wohnhaus in der Gartenstraße in der Karlsruher Südweststadt, zwischen Brauerstraße und Weinbrennerplatz.

Knapp 400 Paten in Karlsruhe

„Vorher war das hier wüst und leer, ein Übrigbleibsel einer Baustelle“, erinnert sich Edgar Manz an den Umbau der Haltestelle Lessingstraße. Autos hätten auf der Baumscheibe geparkt, das Ganze war nach Empfinden von Manz eine Art Abfalleimer. „Ich will mein Wohnumfeld attraktiver gestalten“, sagt er über seine Motivation, ein Baumpate zu werden.

Baumpatenschaft plus: Bürger unterstützen das Grün in der Stadt.
Baumpatenschaft plus: Bürger unterstützen das Grün in der Stadt. Foto: Dieter Klink

In Karlsruhe gibt es laut Gartenbauamt inzwischen knapp 400 Baum- oder Beetpatenschaften. Das Konzept gibt es bereits seit Ende der 80er Jahre. Die Stadt hat im Jahr 2020 eine Projektstelle im Gartenbauamt für das Thema „Urban Gardening“ eingerichtet, seitdem habe sich die Zahl der Baumpatenschaften etwa vervierfacht.

Besonders viele Mitstreiter gibt es in der Südweststadt und der Südstadt, die zusammen ein Viertel der Patenschaften übernahmen. Aber auch in Mühlburg und in der Weststadt sei der Paten-Gedanke stark verankert.

Auch das Müllsammeln gehört zur Patenschaft

So auch in der Gartenstraße. Das Gartenbauamt vermittelte den vier Interessenten die Patenschaft Plus zum Spitzahorn vor dem Haus. Seitdem wechseln sich die beiden Paare im Wochenrhythmus mit Gießen und Pflegen ab. Das bedeutet auch: Müll und Zigarettenstummel aus dem Beet rund um den Ahorn fischen. Und im Sommer täglich gießen, denn die Hitze setzt den Bäumen stark zu.

Vor allem bei lang anhaltender Trockenheit in den Sommermomaten brauchen die Bäume Wasser; Jungbäume haben es am nötigsten. Das Gartenbauamt kümmert sich weiter professionell um die Baumpflege, also bei Bedarf beipielsweise um das Abschneiden der Äste.

Das städtische Amt hatte den Paten alles vorbereitet, loben die vier Engagierten. Man konnte passende Pflanzen abholen, die für den Standort geeignet sind, dazu führt die Stadt eine Liste. Durch eine ökologische Bepflanzung lassen sich kleine urbane Inseln für Insekten schaffen.

Schwieriger Start wegen Corona

Zunächst hat sich im Corona-Jahr 2020 allerdings alles verzögert. Erst im Frühjahr 2021 holten Bodachs die Pflanzen ab und setzten sie rund um den Baum ein. „Nachdem wir sie eingepflanzt hatten, war über Nacht die Hälfte der Pflanzen ausgegraben und geklaut“, erinnert sich Dorothea Bodach.

Aber es gab auch eine „Gegenbewegung“ – hin zum Baum. Irgendjemand hatte in der Anfangszeit in diesem Beet still und heimlich einen Eibisch eingesetzt. Wie sich herausstellte, wohnt diese Heilpflanzenfreundin ein paar Häuser weiter und ist inzwischen ebenfalls eine Baumpatin geworden.

Zum „Naturprofi“ entwickelt

Die Vier, das Ehepaar Bodach sowie Edgar Manz und Herta Winkler haben sich zu regelrechten Naturprofis entwickelt. Sie können genau berichten, welche Pflanzen gut oder schlecht in ihrem kleinen Vorgarten wachsen. Die „Mädchenaugen“ zum Beispiel seien leider eingegangen.

Die Tagetes (Studentenblumen) und die Hortensien hingegen hätten sich prächtig entwickelt. Stolz berichten die Paten, wie herrlich violett-blau der Salbei neulich geblüht hat. Rund um ihren Spitzahorn und das Beet entwickeln sich auch immer wieder nette Gespräche mit Passanten.

Bodachs, Manz und Winkler wollen das Grün in der Stadt stärken und retten. „Wenn wir im heißen Hochsommer vor die Tür treten, kriegen wir manchmal einen Hitzeschock. Oder wenn wir von der Günther-Klotz-Anlage heimradeln, ist es merkbar, wie die Temperaturen steigen“, berichtet Dorothea Bodach von ihrer Motivation, dem stark versiegelten Stadtraum viel Grün entgegenzusetzen.

Baumpaten haben kaum Stress mit Hundehaltern

Die vier Paten ärgerten sich anfangs über wild abgestellte Fahrräder, die in ihre Bauminsel hineinragten. Sie reagierten auf dezente Weise: „Wir haben dann mal in einen Fahrradkorb einen Zettel reingelegt mit der freundlichen Aufforderung, das Fahrrad ein paar Meter weiter rechts oder links abzustellen“, erzählt Heinz Bodach. Das hat offenbar Wirkung erzielt. Bald darauf lehnte an ihrem Baum eine Papiertüte mit Blumenzwiebeln drin, dazu eine Karte, auf der in großen Lettern „Entschuldigung“ stand.

Mit Hundebesitzern haben sie dagegen selten Probleme. „Mir scheint, die Akzeptanz für die Baumpatenschaften ist gestiegen. Nur selten lassen Hundebesitzer ihre Vierbeiner an unseren Baum“, berichtet Dorothea Bodach.

Das Gartenbauamt hat die Gartensträßler für ihren Dienst mit Warnwesten und Handschuhen ausgestattet. Die Patenschaft, die per Vertrag und Urkunde besiegelt wurde, läuft zunächst über drei Jahre. Sie kann um weitere drei Jahre verlängert werden.

Dienst am Karlsruher Stadtklima

Die Rentner in der Gartenstraße empfinden das Patenamt nicht als Stress, sondern als ein Dienst am Stadtklima. „Die Familien in unserem Haus freuen sich darüber“, sagt Dorothea Bodach. Und die engagierten Baumnachbarn würden sich freuen, wenn andere ihrem Beispiel folgten.

„Für Karlsruhe wäre es ein Gewinn, wenn es noch mehr Baumpaten gäbe“, findet Bodach. Dem pflichtet die Stadt bei. „Wir freuen uns über jede weitere Baumpatenschaft, die uns in unserer Tätigkeit unterstützt, unsere städtischen Bäume zu erhalten und ihr Wachstum zu fördern, damit Karlsruhe zukünftig noch grüner und klimaresilienter wird“, sagt Paul Kuhnert vom Gartenbauamt.

Service

Infos gibt beim Gartenbauamt der Stadt Karlsruhe: Telefon (07 21) 133 67 31 oder per Mail an patenschaften@gba.karlsruhe.de

nach oben Zurück zum Seitenanfang