Wenn sich die chefärztliche Riege des Städtischen Klinikums Karlsruhe mit der Geschäftsführung zum Arbeitsessen trifft, muss sich Katja Lindel vorkommen wie eine Exotin.
Die Direktorin der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie ist nämlich die einzige Chefärztin des Großkrankenhauses, die übrigen 25 Klinikleitungsposten sind allesamt mit Männern besetzt. Die Geschäftsführung ist durch den kaufmännischen Geschäftsführer Markus Heming und den medizinischen Leiter Michael Geißler ebenfalls komplett in Männerhand.
Etwas an diesem Umstand ändern will Birgit Mangold. „In den Medizinstudiengängen sind Frauen in der Überzahl. Es ist schade, dass sich dieses Verhältnis bei der Vergabe von Chefposten nicht widerspiegelt“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte des Klinikums.
Für Leitungspositionen in Kliniken gibt es zu wenig Bewerberinnen
Abhilfe zu schaffen sei allerdings nicht einfach, denn gerade bei den Ausschreibungen für Leitungspositionen in Kliniken gebe es teilweise zu wenige Bewerberinnen.
Deshalb müsse man Führungsaufgaben künftig anders denken, sich von klassischen Hierarchien verabschieden und Teilzeitbeschäftigung und Tandems etablieren, fordert Mangold. „Und vielleicht muss man auch einmal die Vorgaben überdenken.“
Voraussetzung für einen Chefposten am Lehrkrankenhaus der Universität Freiburg ist nämlich eine Habilitation. Viele promovierte Medizinerinnen legen anstelle einer zusätzlichen wissenschaftlichen Arbeit aber eine Babypause ein.
„Kinder dürfen nicht zur Karrierebremse werden“, sagt Mangold. Auch in Oberarztkreisen wird hinter vorgehaltener Hand immer wieder betont, dass die Professorentitel vor den Klinikleitern vor allem der Imagepflege des Klinikums dienten und nur wenig über die fachliche Kompetenz aussagten.
Männer sind in den städtischen Betrieben Karlsruhes in der Überzahl
Auch in anderen städtischen Gesellschaften sind Frauen in Führungspositionen Mangelware. Eine der wenigen Ausnahmen ist Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Karlsruher Messe und Kongress GmbH (KMK) und damit zuständig für den Betrieb in den städtischen Messehallen.
Außer der Messe und dem Hafen mit Direktorin Patricia Erb-Korn haben lediglich noch die Arbeitsförderung Karlsruhe mit Ariane Neumann sowie die beiden Klinikum-Töchter Medizinisches Versorgungszentrum und Karlsruher Versorgungsdienste Mit-Geschäftsführerinnen.
Die übrigen 22 Geschäftsführerposten und damit die Leitung von Stadtwerken, Verkehrsbetrieben, Tourismus, Bäder, Klimaschutz-Agentur und Marketing sind mit Männern besetzt.
Gleichstellungsbüro Karlsruhe fordert Änderungen
„Es muss eine Änderung in den Gesellschafterverträgen geben“, fordert Jutta Thimm von der Leitung des städtischen Gleichstellungsbüros. Bisher sei die Frauenförderung nur im Klinikum schriftlich verankert.
Außerdem müssten Bewerberinnen künftig gezielter angesprochen werden. „Frauen reagieren auf Stellenausschreibungen anders als Männer“, sagt Thimm.
Als ein Beispiel nennt sie die vielfach angeführte Anforderung der hohen Belastbarkeit. Frauen fühlten sich dadurch unter Druck gesetzt, Männer ließen solche Formulierungen dagegen an sich abprallen.
Zudem müssten die Arbeitszeiten von Führungskräften besser mit der Familie vereinbar sein. „Andere Länder wie Schweden sind da viel weiter“, betont Thimm. Da fänden keine wichtigen Besprechungen am Abend statt und Frauen könnten nach Hause zu ihren Kindern.
Hohe Frauenquote ist in Karlsruhe aus mehreren Gründen nicht möglich
„Den Männerüberschuss können wir nicht wegdiskutieren“, sagt auch Diana Rodriguez, Gleichstellungsbeauftragte der Verkehrsbetriebe. Eine schnelle Erhöhung der Frauenquote sei aber aus mehreren Gründen nicht möglich.
Die meisten Verträge der Geschäftsführer liefen schließlich noch mehrere Jahre. Und selbst wenn in den untergeordneten Führungsebenen eine gewisse Fluktuation herrsche, gebe es gerade in den technisch orientierten Bereichen wie dem Verkehrsmanagement zu wenige Bewerberinnen.
Es gibt nur wenige Männer, die ihren Frauen für die Karriere komplett den Rücken freihalten.Diana Rodriguez, Gleichstellungsbeauftragte der Verkehrsbetriebe
„Wir haben sehr viele Programme laufen, um die Quoten zu steigern und um Frauen in Führungspositionen zu etablieren“, betont Rodriguez. Die erhoffte Wirkung blieb allerdings bislang teilweise aus, denn noch immer gebe es gesellschaftliche Vorbehalte gegenüber Frauen in Führungspositionen.
„Es gibt nur wenige Männer, die ihren Frauen für die Karriere komplett den Rücken freihalten“, betont Rodriguez. „Männliche Führungskräfte haben da oft mehr Unterstützung.“