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Programm des gemeinnützigen Vereins

Bertolt Brechts „Die Dreigroschenoper“ eröffnet die neue Saison im Karlsruher Tabou am Marktplatz

Im Gewölbekeller am Karlsruher Marktplatz startet das Tabou mit seinem neuen Programm. Auf das Intrigenspiel von Brecht folgt mehr Freiheit für den Jazz.

Frieder Egri (links) und Gerd Crocoll in der Tabou Lounge am Marktplatz Karlsruhe in einer Theater-Szene
Mit hintergründigem Witz eröffnen Frieder Egri (links) und Gerd Crocoll sowie weitere Darstellerinnen und Darsteller im Tabou die Saison mit der „Dreigroschenoper“. Foto: Paul Needham

Im Gewölbekeller wimmelt es von zwielichtigen Gestalten. Bettler, Huren und Ganoven machen das alte Gemäuer unsicher, huschen zwischen den Tischen umher, schäkern mit den Gästen: Das „Tabou“ führt anlässlich des 125. Geburtstags von Bertolt Brecht „Die Dreigroschenoper“ auf.

Dabei macht sich die Kulturinstitution am Karlsruher Marktplatz das spezifische Ambiente des Kellers im Gebäud zunutze. Entworfen wurde das Haus einst von Friedrich Weinbrenner. Unter einem Gewölbebogen ist die Bühne aufgebaut, der Gewölbebogen daneben dient als Rahmen der Live-Videoprojektion. Das Ensemble taucht überall im Raum auf und unter, so entsteht eine intime Aufführungssituation mit direktem Kontakt zum Publikum.

Lars Dragmanli, Vorsitzender des Vereins Tabou, führt kurz in die Entstehungsgeschichte ein. 1928 wurde die „Dreigroschenoper“ im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin uraufgeführten, basierend auf der „Beggar’s Opera“ von John Gay.

Renate Backhaus, die für die Regie verantwortlich ist, fungiert auch als Erzählerin. Mit effizienten Strategien zeigt die Inszenierung den im Londoner Stadtteil Soho ausgetragenen Kampf zwischen dem Chef der Bettlermafia J. J. Peachum und dem Raubmörder Macheath, genannt Mackie Messer.

Wegen großer Nachfrage gibt es mehrere Vorstellungen der „Dreigroschenoper“

Die Inszenierung des Intrigenspiels der Verdorbenen und Verlorenen fokussiert auf die Gesangsnummern des Komponisten Kurt Weill. In denen klaffen Text und Musik ironisch auseinander, wie im „Lied von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens“.

Frieder Egri spielt gekonnt Piano und Akkordeon. Als Polly Peachum und Hure Jenny brilliert die Mezzosopranistin Felicitas Brunke mit charmanter Ironie. Als Mackie Messer entfaltet der Bariton Joachim Herrmann einen zerstörerischen Liebreiz. Rund um diese beiden Gesangsprofis agiert ein semiprofessionelles Ensemble mit viel Glitzer und hintergründigem Witz.

„Die Dreigroschenoper“, die wegen der großen Nachfrage bereits die zweite Vorstellung erlebte, eröffnete das Herbst-Winter-Programm im Tabou. Dessen Name erinnert übrigens an das legendäre Kellerlokal „Le Tabou“ der Sängerin und Existenzialisten-Muse Juliette Gréco.

An jedem zweiten Sonntag wird der gemeinnützige Karlsruher Verein Jazz – Literatur – Kunst – Tabou, der sich ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Eintrittsgeldern, Spenden und Sponsoring finanziert, seinem Publikum etwas Neues bieten.

Programm des Tabous in Karlsruhe läuft bis zum 17. Dezember

Da der Platz im Gewölbekeller begrenzt ist, müssen sich Interessierte zu den Veranstaltungen vorab anmelden. „Unser Fokus liegt auf Jazz, zugleich wollen wir ein breit ausdifferenziertes kulturelles Angebot machen und verschiedenen Talenten eine Bühne bieten“, erklärt der Vorsitzende Lars Dragmanli.

So erwartet das Tabou am 17. September unter dem Motto „Wir wollen mehr Jazz-Freiheit wagen“ den Mannheimer Pianisten Philip Weyand. Mit seinem jungen Quartett spielt der Musiker eigene New Jazz-Kompositionen unter dem Titel „Myosotis“ (Vergissmeinnicht).

Am 1. Oktober präsentiert das Tabou-Hausquintett, die Jazzband um Klaus-Peter Rückert, sein neues Programm. Die in Osaka geborene, in Karlsruhe lebende Pianistin Chisako Okano gibt am 15. Oktober ein Konzert mit ihrem neuen Klassik-Programm. Am 29. Oktober wandelt das Matti Klein Soul Trio auf den musikalischen Spuren von Herbie Hancock, Ray Charles und Stevie Wonder.

Marc Sinan, deutsch-türkisch-armenischer Komponist, Gitarrist und Schriftsteller, liest am 5. November im Tabou aus seinem autobiografisch geprägten Debütroman „Gleißendes Licht“ rund um Liebe, Gewalt, Rache, Erinnerung und Geschichte.

Am 19. November steht ein Konzert der Pianistin Axia Marinescu auf dem Programm, sie spielt Stücke französischer Komponisten vom Barock bis zur Gegenwart.

Die Literaturwissenschaftlerin und Künstlerin Renate Backhaus führt das Publikum am 3. Dezember mit einem musikalischen Bühnenstück zurück in die großen Jahre der Diven Marlene Dietrich und Zarah Leander. Am 17. Dezember gibt es ein Konzert mit Zey & Friends: Die Violinistin Zeynep Tekin spielt mit virtuoser Begleitung.

Für 2024 hofft der Tabou-Vorsitzende Lars Dragmanli auf ein besonderes Highlight. Wie er berichtet, stehe er im Austausch mit dem Literaturwissenschaftler Rüdiger Safranski. Dieser arbeite derzeit an einem Buch über Franz Kafka. Wenn alles laufe wie geplant, werde er Anfang kommenden Jahres im Gewölbekeller daraus lesen.

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