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Ladenflächen sind derzeit eher Lagerhallen

Blick hinter die Karlsruher „Click&Collect“-Kulissen

Die Ladenflächen vieler Einzelhändler in Karlsruhe sind derzeit eher Lagerhallen. Mitarbeiter sammeln Bestellungen zusammen, Kunden holen sie zu fest vereinbarten Zeiten ab. Die Arbeit hinter den Kulissen ist dabei völlig unterschiedlich.

Daniel Beck stellt einen Einkaufswagen mit der Bestellung eines Kunden ab
Lange Schlange: Hornbach-Mitarbeiter Daniel Beck „parkt“ die Bestellung eines Kunden. Die Stellplätze sind durchnummeriert, damit man den richtigen Wagen schneller findet. Foto: Jörg Donecker

Dicht an dicht reihen sich bei Hornbach in Hagsfeld die gefüllten Einkaufswagen. Zementsäcke, Fliesen, Holzleisten, Umzugskartons, Stichsägen – gekauft wird fast alles, was das Sortiment hergibt. Die Schlange vor dem Kassenbereich zieht sich durch mehrere Gänge.

Media Markt will den „Drive-in“ behalten

Nur die Kunden fehlen. Weil die im Lockdown den Laden nicht betreten dürfen, sammeln Mitarbeiter die telefonisch oder per Internet getätigten Bestellungen zusammen.

Es ist eine völlig andere Welt.
Daniel da Silva, Geschäftsführer Media Markt Karlsruhe

Die riesige Verkaufsfläche ist aktuell kaum mehr als eine Lagerhalle. Wie Hornbach halten derzeit viele größere und kleinere Händler ihr Geschäft mit „Click&Collect“-Angeboten mehr oder weniger am Laufen. „Es ist eine völlig andere Welt“, erzählt Daniel da Silva. „Der direkte Kontakt für die Beratung fehlt uns schon.“ Der Geschäftsführer der beiden Karlsruher Media-Markt-Filialen kümmert sich mit seinen Azubis und einigen Mitarbeitern um Abholung und Versand. Der Großteil der Belegschaft ist in Kurzarbeit. Trotzdem sieht im Markt im Bulach vieles nach Alltag aus.

Die Regale sind gut gefüllt, aus den Boxen tönt Musik. Die Mitarbeiter verbringen einen großen Teil des Tages am Handy. Nicht weil ihnen langweilig ist, sondern weil sie jede Bestellung per App einsehen, übernehmen und für den Kunden freigeben können. Ausgedruckte Listen und Klickarbeit am PC gibt es in dem Elektromarkt nicht mehr.

Michael Symalla stellt eine Bestellung im Media Markt zusammen.
Mitarbeiter als Shoppinghelfer: Michael Symalla stellt im Media Markt in Bulach die Bestellung eines Kunden zusammen. Die Artikel bekommt er auf seiner Handy-App angezeigt. Foto: Jörg Donecker

Da Silva will sich nicht über die Situation beklagen, er betont die positiven Aspekte: Bestell- und Abholmöglichkeiten, die es schon vor der Corona-Krise gab, hätten einen enormen Schub bekommen. Das Angebot werde angenommen. Den notdürftig mit einigen Schildern, Paletten und Absperrbändern zusammengeschusterten „Drive-in“ zur Abholung würde er gerne dauerhaft etablieren, dem Konzept bescheinigt er eine Zukunft.

Beim kleinen Modeladen läuft viel übers Handy

Optimismus hat sich auch Nicki Gohl verordnet. Die Junior-Chefin des familiengeführten Kindermode-Ladens Hergard in der Innenstadt steht trotz Lockdown Tag für Tag im Geschäft. „Wir haben den ganzen Tag zu tun“, sagt sie. In den vergangenen zwölf Monaten hat Hergard viele neue Kanäle aufgemacht, um mit Kunden trotz Corona in Kontakt zu bleiben und sich irgendwie über Wasser zu halten.

Es ist ein sehr intensives Kümmern.
Nicki Gohl, Junior-Chefin Hergard

Seit einiger Zeit ist der eigene Webshop erreichbar, bestellt wird aber über die verschiedensten Wege: Instagram, QR-Codes im Schaufenster, Telefon. „Sehr viel läuft übers Handy“, erklärt Gohl und meint damit längst nicht nur Anrufe.

Nicki Gohl verpackt eine Bestellung bei Hergard
Großer Aufwand: Mit vielen Stammkunden kommuniziert Hergard-Junior-Chefin Nicki Gohl über die verschiedensten Kanäle, damit der Kontakt auch während des Lockdowns nicht abreißt. Foto: Jörg Donecker

„Es ist ein sehr intensives Kümmern“, beschreibt die Junior-Chefin den Lockdown-Alltag. Für Stammkunden macht das Team schonmal individuelle Videos, zeigt Kleidung, erklärt, wie sie sich anfühlt. Als Anfang des Jahres die Abholung noch verboten war, fuhr man täglich mehr als eine Stunde Lieferungen aus. Seit dem 11. Januar dürfen Kunden ihre Bestellung nun zu einer fest vereinbarten Zeit an der Tür abholen. Die fertigen Päckchen füllen oft eine ganze Kleiderstange. Am Haupteingang gibt es seit wenigen Tagen eine Klingel, damit die Bestellung nicht an der Hintertür übergeben werden muss. „Das alles funktioniert, wir tun, was wir können“, sagt Gohl. „Aber es ersetzt nicht das normale Geschäft.“

Haarschneider sind besonders gefragt

Für Media Markt dürfte das ebenso gelten, auch wenn das Unternehmen nicht über aktuelle Umsätze und Zahlen spricht. Besonders gefragt ist derzeit alles fürs Homeoffice oder Gaming. „Aber auch Kaffee-Vollautomaten, die eigentlich kein klassischer Online-Artikel sind“, berichtet da Silva. Nicht ganz überraschend: Die Nachfrage nach Haarschneidern hat ebenso spürbar zugenommen.

Die Mitarbeiter fordern scherzhaft schon Kilometergeld.
Steffen Brotz, Marktleiter Hornbach Hagsfeld

Von der Ausstattung für ein großes Umbauprojekt bis zu 17 Dübeln oder einem einzelnen Umzugskarton ordern Kunden bei Hornbach derzeit vieles. An den Wochenenden ist die Nachfrage besonders groß, berichtet Marktleiter Steffen Brotz. „Nur wo die Beratung sehr fehlt wie bei Küchen oder Lampen, wird wenig bestellt.“ Mehr als 60 Aufträge pro Stunde nimmt man allerdings nicht an, maximal drei Stunden später soll alles für den Kunden bereitstehen. „Die Mitarbeiter fordern scherzhaft schon Kilometergeld“, sagt Brotz.

Vorbereitung auf den Frühling

Anders als bei Media Markt ist in dem Hagsfelder Baumarkt derzeit niemand in Kurzarbeit. Die eine Hälfte der Belegschaft sammelt – unterstützt von einer App, die für jedes Produkt eine Gang- und Regalnummer liefert – für die Kunden Ytong-Steine, Stromkabel und Schrauben ein. Die andere arbeitet daran, Bereiche wie die Fliesenabteilung komplett umzugestalten und den Markt „saisonfit“ zu machen, wie es Brotz nennt. „Der 15. Februar ist für uns immer eine ganz wichtige Richtlinie. Dann spielt das Thema Garten eine ganz große Rolle.“ Sollte sich nichts an der Lage ändern, wuchten die Mitarbeiter dann wohl häufiger Pflanzerde, Blumenzwiebeln und Harken auf die Einkaufswagen.

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