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Trend zur Stadtwiese in Karlsruhe

Bunte Sommerbepflanzung soll Karlsruher Kolpingplatz bienenfreundlicher machen

Der Trend zur Natur wirkt sich in der Großstadt aus: Naturnahe Wiesen blühen statt monotonem Blumenmuster. Der Karlsruher Pflanzplaner Paul Kuhnert setzt für seine Stadtwiese eine süße Idee in eine Blumenkomposition um. Was steckt hinter seinem Pflanzplan, und was haben die Bienen davon?

Der Architekt der Stadtwiese: Paul Kuhnert ist der Pflanzplaner. Er hat die bunte Mischung der Blumen und Gräser auf dem Kolpingplatz zusammengestellt.
Der Architekt der Stadtwiese: Paul Kuhnert ist der Pflanzplaner. Er hat die bunte Mischung der Blumen und Gräser auf dem Kolpingplatz zusammengestellt. Foto: Peter Sandbiller

Wolliges Federborstengras wiegt sich mit langem Halm im Wind. Daneben reckt Patagonisches Eisenkraut seine lilafarbenen Blüten in den tiefblauen Septemberhimmel. Oder der „Stern von Ägypten“ mischt kräftiges Rot ins strotzende Grün. „Es ist schon etwas anderes“, bekennt Paul Kuhnert, der Pflanzplaner des Gartenbauamts.

Früher ließ man auch in den Vorzeigebeeten auf dem Kolpingplatz den Sommerflor viel geordneter in strengem Ornament wachsen. Doch jetzt wird „der Trend zum naturhaften Pflanzen“ auch auf Karlsruhes städtischen Grünflächen sichtbar. Neben dem Kolpingplatz mit seinen symmetrischen Stadtwiesen beiderseits der Karlstraße erblüht auch der Friedrichsplatz in dichtem Bewuchs. Die Dominanz der Eisbegonien, die mit ihren roten und weißen Blüten für einen monotones Blumenmuster am Straßenrand sorgen, ist gebrochen.

Tropische Trümpfe

Jetzt herrscht die Vielfalt: Pflanzen in ganz unterschiedlicher Höhe, Farbe und Gestalt machen den Reiz der Flora für den Stadtmenschen aus. Diese Sommerbepflanzung ist auch noch „bienenfreundlich“, erklärt Kuhnert. „Wir wollen mehr für Insekten tun“, laute der ökologische Plan der Stadtgärtner.

Die Vielfalt blüht eben den ganzen Sommer. Diese Blumen bringen den Insekten laut Kuhnert dauerhaft Nahrung, im Gegensatz zur herkömmlichen Balkonbepflanzung mit Geranien und Petunien.

„Die meisten Pflanzen im Sommerbeet stammen aus den Tropen“, berichtet Kuhnert. „Sie vertragen gut die Sommerhitze in der badischen Großstadt und blühen die ganze Saison“, nennt er die Vorteile. Und noch einige Trümpfe, mit denen die Buntheit im üppigen Grün besticht: Diese Bepflanzung kostet nicht mehr als die übliche und braucht auch nicht mehr Pflege. Sind die Beete schon bald nach dem Bepflanzen im Mai zugewachsen, entfällt das Jäten.

Die städtischen Gärtner müssen dann nicht mit den Fingern das Unkraut zupfen. Nur zwei, drei Mal die Woche lechzt auch eine Stadtwiese nach Wasser. „Wir züchten die meisten dieser Pflanzen in der Stadtgärtnerei in Rüppurr aus Samen, einige auch aus winzigen Jungpflanzen“, versichert Kuhnert.

Dabei trügt der schöne Schein. So ein städtisches Wiesenbeet ist weit entfernt von freiem Wildwuchs. Gartenbauarchitekt Kuhnert lässt ganz nach Plan wachsen. „Es ist eine Komposition“, sagt er und entfaltet seinen Pflanzplan für den Kolpingplatz. Leicht ist eine Harmonie aus Streifen zu erkennen, welche die Gräser und Blumen in ihrem schnellen Wachstum verwischt haben.

Am Anfang war der Kiosk

Am Anfang aber stand Kuhnerts Idee von einer gärtnerischen Wundertüte mit bunten Blumen wie Süßigkeiten. „Der Kiosk steht seit 1925 am Kolpingplatz, es ist der älteste in Karlsruhe“, berichtet er von der Inspiration für seinen Pflanzplan.

Süßigkeiten, wie sie der 31-jährige Kuhnert als Kind am Kiosk bekam, sind also die Vorbilder für die bunten Blüten, die ihren süßen Charme schon im Namen tragen: „Marshmallow“ heißt die Tabakpflanze mit dem eineinhalb Meter hohen Blütenstand in Zartrosa. Das Eisenkraut trägt den Namen „Lollipop“. Und die weiß schimmernde Borstengrasblüte wirkt für Kuhnert wie Zuckerwatte.

Bis Anfang Oktober lockt der Kolpingplatz noch mit seinem Sommerblumenkiosk, danach werden die Beete abgeräumt. Über den Winter geht es stiefmütterlich zu. Immerhin halten diese kleinen Pflanzen mit ihren bescheidenen Farben dem Winter. Doch in der Erde schlummern dann auch schon wieder die von den Gärtnern eingesteckten Zwiebeln für die Tulpen im nächsten Frühling.

Deren Pracht muss dann mit den Narzissen halten, bis Paul Kuhnert im Mai die nächste blumige Zuckertüte auf dem Kolpingplatz erblühen lässt.

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