Skip to main content

Erfrischender Humor in der Krise

Cocktails in Corona-Zeiten: Karlsruher Wirte werden erfinderisch

Cocktails und Sommerdrinks stehen für Lebensfreude und geselliges Miteinander - auch im Pandemie-Jahr 2020. Der Trend zu Drinks mit Gin hält an, erlaubt ist aber alles, was gefällt.

Cocktails zu Corona-Zeiten: Im Karlsruher Hotel Santo hat Barkeeper Jacob Dreiforth den „Rescue Berry” im Angebot.
Cocktails zu Corona-Zeiten: Im Karlsruher Hotel Santo hat Barkeeper Jacob Dreiforth den „Rescue Berry” im Angebot. Foto: Jörg Donecker

Für Alejandra Riveira da Silva ist die Sache klar: Gin und Tonic - das war vor der Pandemie. „Für mich ist Mezcal das Getränk des Corona-Jahres”, meint die gebürtige Brasilianerin. Die von der Wahl-Karlsruherin bevorzugte Darreichungsform heißt Mezcalinha: Der aus der Agave gewonnene mexikanische Schnaps wird dabei mit gefrorenen Himbeeren und Limetten angereichert und mit braunem Zucker nebst Eis ergänzt. Cocktail-Liebhaberin Alejandra Riveira da Silva nennt den Mezcalinha den „kleinen Bruder des Caipirinhas”. Sie ist davon überzeugt, dass er in diesem Sommer jede Cocktailbar rockt. „Der wird der Hit”, bekräftigt sie.

Patrick Seiffert meldet daran leise Zweifel an. „Mezcal bleibt nach meiner Überzeugung eher eine Randnotiz”, sagt der Direktor des Hotels Santo. Der erfahrene Hotellerie- und Gastro-Profi hat viele Sommergetränke und Spirituosen-Trends kommen und gehen sehen. Den Whisky-Boom Ende der 90er-Jahre genauso wie die große Renaissance von Gin und Tonic. Die ebbt auch im Corona-Jahr 2020 nicht so einfach ab.

Suche nach dem Spitzenreiter

Gibt es einen unaufhaltsamen Getränke-Trend im Pandemie-Sommer? Ein flüssiges Nahrungsmittel, das alles andere in den Schatten stellt? Mit Alkohol oder auch ohne? Einen Drink also, bei dessen Erwähnung man in ein paar Jahren mit Schaudern an die Zeit des Virus zurückdenkt, gegen das es dann hoffentlich Impfung und Medikamente gibt?

Ein solches in den Lokalen dominierendes Getränk zeichnet sich den befragten Fachleuten zufolge derzeit nicht ab. Kir und Aperol-Spritz kann man zwar auch jetzt noch bestellen. Doch irgendwie ist das komisch, findet Genusstrinkerin Alejandra Riveira da Silva. Denn solche leichten Sommer-Alkoholika stünden ja für unbeschwerte Lebensfreude zur warmen Jahreszeit. „Und wirklich unbeschwert ist dieser Sommer ja nicht.”

Mezcal kann sich noch nicht behaupten

In der äußerst angesagten Cocktailbar „The Door” in der Hirschstraße nehmen sie das Interesse der Gäste an Mezcal zwar zur Kenntnis. „Die breite Masse trinkt es aber nicht”, berichtet der Chef mit dem passenden Namen Lennart Geist. Deutlich größere Anteile unter den alkoholischen Getränken haben ihm zufolge Whisky, Rum und Wodka.

Nach wie vor gefragt ist Gin, bei dem es in den zurückliegenden Jahren geradezu eine Explosion der Marken und regionalen Spezialitäten gegeben hat. Unter Experten hat der Gin „Quarantini” aus Worms einen guten Namen. Auch weil fünf Euro pro Flasche als Solidaritäts-Spende an Gastronomie und Getränkehandel gehen.

Eine Drink-Kreation, die im Corona-Jahr alles andere in den Schatten stellen würde, sieht Experte Lennart Geist unterdessen nicht. Der Barmann setzt auch deshalb unter dem Motto „Old but Gold” auf Cocktail-Klassiker, die sich in den Vorjahren als besonders beliebt erwiesen haben. Einer davon ist der „Tucan”, eine kräftig-cremige Komposition aus Ananas-Rum, Pistazie, Grapefruit und Zimt. Sie stand bereits auf der allerersten Karte des Betriebs und hat bis heute eine rege Fangemeinde.

Drinks tragen zeitgemäße Namen

Während sie im „The Door” gern auf ornithologische Namen wie „Felshüpfer”, „Pelikan” oder „Rabe” für ihre Drinks setzen, geht es in der Cocktailbar des Hotels Santo in der Karlstraße den Pandemie-Zeiten gemäß augenzwinkernd medizinisch zu: Wer am Tresen einen „Dr. Herb” bestellt, bekommt einen Cocktail mit starken Anteilen an Kräuterlikören serviert. Chartreuse und Fernet Branca sind tragende Säulen dieses Getränks. Und wer will, darf sich ruhig auch der Vorstellung hingeben, dass die Mixtur auch gegen Corona gut sei.

Der Chef-Barmann des Hauses, Merlin Hoyer, empfiehlt daneben noch gern seinen „Husta la Vista”, einen Gin Sour mit starken Salbei-Anteilen. Ausweislich des Namens und der Anreicherung mit Salbei geht der Drink auch als Surrogat für Hustensaft durch. Hilft er nicht, steht als Ultima Ratio noch die „Schwarzwaldklinik” bereit. Ein Gin mit beerigem Bouquet geht dabei eine Verbindung ein mit Himbeergeist. TV-Chefarzt Professor Brinkmann hätte vermutlich seine Freude daran. Und Mezcal, das laut Alejandra Riveira da Silva im Corona-Jahr angesagte Getränk? „Ist eine Nischen-Spirituose”, glaubt Hoyer. Denn bei einem Preis von bis zu 40 Euro je Flasche wird ein Cocktail entsprechend teuer.

Cocktails können auch gesund sein

Vielleicht ist ja das Sommergetränk im Pandemie-Jahr von ganz anderem Schrot und Korn - und kommt eventuell gar ohne Alkohol aus? Für BNN-Leserin Nathalie Rebhan beispielsweise ist Kombucha groß im Kommen. Es ist dies ein Gär-Getränk, meist auf Basis von Tee, das geschmacklich irgendwo zwischen Tee und Kräuterlimonade rangiert. „Naja”, muss die Enddreißigerin einräumen, „ein ganz klein wenig Alkohol enthält es schon.” Das unterscheidet das erdverbundene Getränk von so genannten Mocktails - alkoholfreien Cocktails, die gerade bei Hitze äußerst beliebt sind.

Manchmal greift auch die gebürtige Südamerikanerin und jetzige Südstädterin Alejandra Riveira da Silva und ihr Mann Gustavo zum Mocktail. Am liebsten angereichert mit Superfoods. Mit was, bitteschön? Superfoods, wie die Neu-Karlsruherin beharrt. „Das sind besonders nährstoffreiche Lebensmittel, die uns gesund erhalten”, ist sie überzeugt. Granatapfel, Goji-Beeren, Chia-Samen, solche Sachen. Ob auch das ein Trend ist? „Also bei uns auf jeden Fall.”

nach oben Zurück zum Seitenanfang