So einen Januar haben die Fastnachter noch nie erlebt. „An Dreikönig starten wir unsere Kampagne ja quasi zum zweiten Mal“, sagt Michael Maier, Karlsruhes Oberfastnachter. Doch im Zeichen von Corona ist diesmal alles anders. „Ich muss nix tun“, sagt der Präsident des Festkomitees Karlsruher Fastnacht (FKF). „Aber Spaß macht das nicht.“ Fakt ist: Buntes Treiben fällt vollständig flach in der närrischen Kampagne 2020/21.
Der Narrensprung in Grötzingen, der am 31. Januar im historischen Kern des ehemaligen Malerdorfs den Rathaussturm und das Narrengericht gekrönt hätte, war schon vor Weihnachten beerdigt.
Inzwischen ist klar: Es gibt auch keinen Fastnachtsumzug durch Durlach am Fastnachtssonntag und keinen Fastnachtsumzug durch die Karlsruher City am Fastnachtsdienstag. Jeden dieser drei Publikumsmagnete verfolgen sonst bei gutem Wetter Zehntausende Zuschauer aus der Stadt und dem weiten Umkreis.
Allein der traditionell eigenständige Umzug durch Durlach und Aue lockt, wenn er wie schon oft geschehen von der Sonne begünstigt ist, regelmäßig rund 100.000 Menschen an. Der City-Umzug ist überregional der Schlusspunkt der turbulenten „fünften Jahreszeit“.
Corona-Einschränkungen lassen keinen Fastnachts-Umzug zu
Die Karlsruher Narren haben bis zum letztmöglichen Moment gewartet. Aber jetzt sehen sie, „bei allem Enthusiasmus“, wie Maier von der FKF-Spitze sagt, keine Chance mehr. „Wir würden es in den verbleibenden vier Wochen nicht schaffen, den Umzug auf die Beine zu stellen“, erklärt Maier. „Die Umstände lassen es aber sowieso nicht zu, das guten Gewissens anzustreben.“
Auf der Internetseite des Organisationskomitees Durlacher Fastnacht (OKDF) ist die Umzugsstrecke zu sehen, angeblich für 2021. Doch daraus wird nichts werden am Fastnachtssonntag, 14. Februar. Präsident Torsten Holzwarth und sein Vize Dominic Pirogow tragen die Verantwortung für den tollen Trubel in der mittelalterlichen Altstadt.
Thomas Rößler vom Stadtamt Durlach assistiert bei Bedarf. Die letzte Entscheidung sei offiziell noch zu treffen, sagt Rößler, allerdings zeichne sich ab, dass nichts möglich sei: „Das muss man nüchtern sehen.“
Ersatzprojekt für die tanzende Jugend
Die FKF-Jugend ergibt sich nicht ganz den widrigen Umständen. Die neue Vorsitzende Denise Maier und ihr Team haben per Facebook, Instagram und Rundmail alle Jugendtanzgruppen zu einem Projekt eingeladen. „Karlsruhe tanzt gemeinsam“ heißt das Motto.
Die Karlsruher Tanzgarden, von Fünfjährigen bis zu den bald volljährigen Leistungssportlerinnen der teils bundesweit erfolgreichen Karlsruher Tanzgarden, erhalten eine Musiksequenz, zu der sie eigene Schritte entwickeln und einstudieren können.
„Die Aufnahmen schicken sie dann ein, und wir schneiden sie zu einem großen Videofilm zusammen“, erläutert Denise Maier. Ausnahmsweise kleiden sich die Hauptdarsteller dafür sportlich schwarz und tragen nicht wie sonst ihre Gardetanzkostüme in den Vereinsfarben, erklärt die FKF-Jugendvertreterin: „Wir möchten mit dieser Aktion das Gemeinsame herausstreichen.“
Auch der Hexenmarkt in Grötzingen ist geplatzt
Die Grötzinger Hottscheck-Zunft erinnert sich noch gut an die ersten Anzeichen der Pandemie, die sie beim Ausklang der vorangegangenen Kampagne in Zürich spürte. Sie hat in der ersten Januarwoche die Reißleine gezogen.
Mein Programm für den Fastnachtssamstag 2022 steht.Uwe Herbold, Chef der Hottscheck-Zunft
Eine Bühne auf einem gut abzusperrenden Grötzinger Vereinsgelände war bis zuletzt parat für einen Plan B, berichtet Zunftmeister Uwe Herbold. Zunftintern wollten sich Hottscheck-Hexen, Noten-Chaoten und Feuerigen Männer am Tag des Narrensprungs dort treffen und nochmal am Fastnachtsdienstag zum Mini-Hexenmarkt – alles Schall und Rauch.
Kurzerhand hat aber der Ober-Hottscheck Nägel mit Köpfen gemacht. Für den wichtigen Fasenachtsobend der Zunft hat Herbold die aktuelle Flaute gezielt genutzt und die Künstler jetzt schon fest engagiert. Darauf ist er stolz: „Mein Programm für den Fastnachtssamstag 2022 steht.“