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Zugreisende gehen auf Abstand

Corona-Sommer am Hauptbahnhof Karlsruhe: Der große Ansturm am Gleis bleibt aus

Sommer, Koffer packen und ab durch die Mitte mit dem Zug – das bedeutet Maske tragen, unter Umständen stundenlang. Am Karlsruher Hauptbahnhof steigen aber Kurzurlauber, Radreisende und Wanderer durchaus gern in den Zug, um sich am Ziel fernab touristischen Trubels zu erholen.

18.08.2020 Reisen zu Corona-Zeiten vor dem Hauptbahnhof Karlsruhe
Im Doppelpack: Größere Koffer sind vor dem Hauptbahnhof Karlsruhe in diesen Tagen weitaus seltener zu sehen als sonst. Foto: Jörg Donecker

Am Aufgang zu Gleis 12 im Karlsruher Hauptbahnhof sammeln sich Reisende mit bepackten Fahrrädern. Oben startet gleich der rote Doppelstock-Zug Richtung Konstanz. Dieser Schwarzwald-Express fährt alle zwei Stunden. Der nächste nimmt mehrere radelnde Paare aus Waldbronn und Karlsruhe mit an Bord.

„Wir steigen in Donaueschingen aus und radeln dann über den Hochschwarzwald nach Radolfzell”, verrät ein Mann am Fuß der Treppe zum Gleis. Über den ersten Steilanstieg gleich zu Beginn der Reise ist er nicht so glücklich: Der Lift ist defekt. Die nächste Hürde sieht er auch schon kommen: „Die Zugfahrt mit Maske könnte stickig werden.”

Sommer, Koffer packen und ab durch die Mitte mit dem Zug – das lockt am Karlsruher Hauptbahnhof im Corona-Sommer 2020 sichtlich nicht so viele Menschen wie sonst. Je nach Reisestrecke kann es stundenlange Maskenpflicht bedeuten. Doch Kurzurlauber, Radreisende und Wanderer steigen in diesen Tagen durchaus gern in den Zug, um sich am Ziel fernab touristischen Trubels zu erholen.

Der perfekte Plan: Zugfahrt, Wandern und im Zelt schlafen

Ein junges Paar aus der Oststadt stapft auffallend fröhlich durch die Schalterhalle. Jeder trägt einen großen Rucksack. „Wir fahren nach Genf und werden dort wandern. Wir schlafen im Zelt, das ist der perfekte Plan zu Corona-Zeiten”, sagt der Mann.

Nervig ist es nur, wenn andere ohne Maske dasitzen.
Zugreisende mit Rucksack aus der Oststadt

Mit Maske Zug gefahren sind beide schon öfter. „Das passt schon”, sagt die Rucksackreisende. „Nervig ist es nur, wenn andere ohne Maske dasitzen.”

Abstand halten fällt leicht an diesem sommerlichen Reisetag. Größere Menschenansammlungen bilden sich allenfalls auf den Bahnsteigen mit den niedrigen Nummern, wenn dort die großen Fernzüge einfahren. „Ich mache mir wegen Corona keine Sorgen”, sagt eine ältere Reisende, die mit sportlicher Kurzhaarfrisur die Anzeigetafel in der großen Eingangshalle studiert.

Mit Maske in der Halle oder nicht – das ist keine Frage des Alters

Nicht alle tragen wie die Umsteigerin im Bahnhof eine Maske. Das ist offensichtlich keine Frage des Alters. Eine Frau holt ihren erwachsenen Sohn vom Zug ab. Beide ziehen mitten in der Halle den Schutz von Mund und Nase und spazieren plaudernd davon.

Voluminöses Gepäck hat solchen Seltenheitswert, dass ein Paar aus Kaiserslautern mit zwei Rollkoffern schon auffällt. „Karlsruhe kennen wir schon, heute steigen wir hier nur um. Wir sind auf der Fahrt nach München”, erklärt die Frau. Drei Tage Kurzurlaub in der bayrischen Landeshauptstadt, das ist ihr Corona-Programm.

Die Deutsche Bahn lässt Türgriffe, Handläufe und Bedienflächen an Fahrkarten- und Snack-Automaten schwerpunktmäßig reinigen. Zusätzlich sind die Schwingtüren im Karlsruher Hauptbahnhof dauerhaft geöffnet, am Informationsschalter stehen Desinfektionsmittelspender, Beklebungen fordern die Reisenden auf, Abstand zu halten.

In Zügen und Bussen der Deutschen Bahn sind Reisende verpflichtet, Mund und Nase zu bedecken. „Nach wie vor hält sich die große Mehrheit der Reisenden an die Maskenpflicht”, teilt eine Sprecherin der Bahn auf Anfrage mit.

Gefragte Städteverbindungen sind verstärkt

Zusätzlich zu touristischen ICE- und IC-Linien sind inzwischen auch besonders gefragte ICE-Städteverbindungen verstärkt, darunter auch Basel – Dortmund via Karlsruhe. Die Bahn setzt dazu Züge mit der doppelten Zahl an Sitzplätzen ein. Ins Ausland fährt wieder das vollständige Angebot.

Laut Deutscher Bahn liegen die Buchungen mittlerweile wieder bei rund 50 Prozent des Vorjahresniveaus. Dabei seien die ICE- und IC-Züge durchschnittlich mit 20 bis 30 Prozent ausgelastet.

Die Zahl der Reservierungen wird begrenzt, erklärt die Deutsche Bahn. Bei Zügen mit voraussichtlich sehr hoher Auslastung kann der Ticketverkauf ausgesetzt werden. Dennoch haben Fahrgäste weiter die Möglichkeit, spontan in jeden Zug einzusteigen.

Mit mehr als zwei Stunden Verspätung wird eine Frau aus Erdingen diesmal bei ihrer Tochter in Lahr ankommen. Jetzt sitzt sie mit Maske neben ihrem hellgrünen Rollkoffer und wartet eine Dreiviertelstunde auf Anschluss. Da haben es Juliana und Alex besser.

Sie reisen pünktlich ab, mit Zug, Fahrrad und Zelt. Ihr Konzept für coronagerechtes Reisen: „Einmal um den Bodensee radeln, alles anschauen und dann eine Woche Camping und baden auf der Insel Reichenau.”

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