
Die Heilig-Geist-Kirche mit ihrer markanten, gegliederten Turmspitze überragt die geduckten Häuser am Daxlander Kirchplatz. Vor 60 Jahren widmet eine Farbpostkarte der Szenerie vier Motive.
Die Betrachter können sich wie vor Ort fühlen und in alle Richtungen schauen. Nicht allein die Kirche ist formatfüllend abgebildet, der Blick fällt auch in die Kastenwörtstraße, damals noch Kastenwörthstraße geschrieben.
Heimatforscher Jürgen Stoll hortet einen großen Schatz an alten Ansichtspostkarten mit Karlsruher Motiven. Anhand der Details datiert und ordnet er seine Fundstücke.
Aus alten Ansichtskarten wird ein Postkartenkalender
Aus den interessantesten Karten hat er für seinen Heimatstadtteil Daxlanden nun einen informativen Postkartenkalender gestaltet. Darin findet sich vieles, was bei den älteren Bewohnern des Stadtteils Erinnerungen weckt.
Das Ansichtenmosaik vom Kirchplatz etwa hat links oben die Filiale der Karlsruher Drogerie Roth verewigt. Und im Foto rechts oben steht unter den Kastanienbäumen noch der grüne Holzbau des ehemaligen Kiosks am Kirchplatz.
Die Idee für einen Kalender entwickelt Stoll während einer Recherche für den Bürgerverein, als der versierte Sucher jede Menge Material zum Thema „Daxlanden – eine Postkartenidylle?“ zusammenträgt.
Ich hätte auch Material für andere Stadtteile – schauen wir mal.Jürgen Stoll, Heimatkundler und Sammler
Stoll stellt einen Bildvortrag über Karlsruhe und seine Stadtteile auf alten Postkarten zusammen, dann geht er das Kalenderprojekt an. Zunächst nimmt er sich seinen Heimatstadtteil vor. „Ich hätte auch Material für andere Stadtteile – schauen wir mal“, sagt Stoll: „Solche Postkarten sind sehr reizvoll.“
Daxlanden – eine Postkartenidylle? Eher nicht, sagt Stoll, der selbst über die Zahl von Ansichtskarten mit Daxlander Motiven staunt: „Von den Rheinauen, die junge Kunststudenten und ihre Professoren der ehemaligen Badischen Landeskunstschule Anfang des 20. Jahrhunderts zur Freiluftmalerei in Daxlanden verführten, ist leider nichts auf den Kärtchen zu sehen.“
Stattdessen zeichnen die Postkarten nach, wie der dörfliche Charakter Daxlandens allmählich schwindet auf dem Weg zum Stadtteil.

Mehr als eine Postkarte zeigt Straßen ohne geteerte Fahrbahnen, die bei der Eingemeindung 1910 zugesagte Straßenbahn ist noch Zukunftsmusik. Autos sieht man selten: Bis weit in die 1960er Jahre ist in Daxlanden jede Straße sozusagen Spielstraße. Die Einmündung der Eckenerstraße in die Daxlander Straße zeigt einen besseren Feldweg.
Handel und Handwerk anno dazumal und die Künstlerkneipe: Das sind attraktive Motive, ebenso das Gasthaus „Zum Schiff“, ehemals staatliches Forsthaus, zerstört im Bombenangriff am 4. Dezember 1944.
Ein Kalenderblatt zeigt die schon 1369 erwähnte „Appenmühle“ an der Alb als Ausflugslokal mit einem beliebten Biergarten. Erstaunlich früh mit einer Fotomontage präsentiert sich die nicht mehr existierende Metzgerei Bayer zu Zeiten des „Schwarzen Adlers“.
Spannend findet Stoll auch die Ansichten ehemaliger Daxlander Ziegeleien, die zahlreiche Seen in ehemaligen Tongruben hinterlassen haben.
Das Kalenderblatt für Oktober 2023 bietet den Blick über den wilden Federbach auf die Ziegelei von Karl Mall in der Fritschlach sowie den nicht mehr existierenden ersten Saumsee.
Der 1954 gesprengte Kamin des Brennofens der Ziegelei von Andreas Frick auf Rappenwört steht hinter dem „Milchhäusle“ des damals wie heute beliebten Rheinstrandbads „Rappele“. Eine Postkarte zeigt das Treiben im und am Naturbecken. Stoll erklärt: „Schon damals verboten, gehörte ein Sprung der Halbstarken in den Rhein zur Pflicht.“
Entstanden ist der Kalender zusammen mit Markus Schwall, einem Jugendfreund von Stoll. Zahlreiche Daxlander Postkarten stammen von Schwalls Großvater Rudolf Moos, sagt Stoll: „So ist es auch ein bisschen Familiengeschichte.“