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Folgen der Corona-Krise für Arbeiter im Blick

Demos in Karlsruhe: Volle Plätze am Tag der Arbeit

Am Tag der Arbeit haben Gewerkschaften, Interessengemeinschaften und Parteien in Karlsruhe Kundgebungen abgehalten. Am frühen Nachmittag begann ein Demonstrationszug des Antikapitalistischen Bündnisses mit rund 350 Teilnehmern.

Robert Feiger spricht auf dem Marktplatz
Auf dem Marktplatz hören mehr als hundert Menschen der Rede des IG-BAU-Bundesvorsitzenden Robert Feiger zu. Kundgebungen aus dem Gewerkschaftsumfeld gibt es an vier Plätzen in der Stadt. Foto: Jörg Donecker

Auf den zentralen Karlsruher Plätzen ist es am Samstagvormittag voll wie lange nicht. Mehrere Hundert Menschen sind zu den auf vier Standorte verteilten Kundgebungen am Tag der Arbeit gekommen, die meisten auf den Marktplatz. Dazu aufgerufen hat wie jedes Jahr ein breites Bündnis verschiedener Gewerkschaften, Parteien und Interessengruppen.

Um 14 Uhr beginnt außerdem ein Demonstrationszug des Antikapitalistischen Bündnisses vom Schlossplatz bis in die Südstadt, angemeldet sind rund 200 Menschen. Kurz vor dem Start haben sich allerdings deutlich mehr zusammengefunden. Der Zug soll am Nachmittag am Werderplatz zu Ende gehen. Es ist die erste Kundgebung aus diesem Umfeld in Karlsruhe seit 2013.

„Solidarität ist Zukunft“, steht auf einem großen Plakat direkt auf der Sichtachse zwischen Schloss und Pyramide. Es greift damit das Motto vieler Reden auf. Gleich vier Mal treten am Samstag der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, und Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) ans Mikrofon.

Bundesvorsitzender der IG BAU hat lobende Worte für die Stadtpolitik

Gemeinsam radeln sie von Ort zu Ort. „Respekt und Applaus alleine reichen nicht aus“, ruft der Gewerkschafter kurz nach 11 Uhr auf dem Stephanplatz knapp 100 Zuhörern entgegen. Das schaffe noch kein gutes Einkommen und faire Arbeitsbedingungen.

Feiger prangert die sachgrundlose Befristung vieler neuer Arbeitsverträge an – und findet lobende Worte für die Stadtpolitik. In der Verwaltung und den städtischen Gesellschaften gibt es keine solchen Befristungen. „Wenn nur alle Kommunen so handeln würden“, sagt der IG-BAU-Boss und legt gleich nach.

Der kürzlich vom Gemeinderat verabschiedete Beschluss, Aufträge nur an tariftreue Unternehmen vergeben zu wollen, habe „Vorbildcharakter für Baden-Württemberg, eigentlich sogar für die ganze Republik“.

Dann folgen bekannte Kritikpunkte der Gewerkschaften. Es geht um bezahlbaren Wohnraum, den Umgang mit Erntehelfern und die Forderung, hohe Einkommen und Erbschaften zur Finanzierung der Corona-Folgen stärker heranzuziehen. Wortgleich wendet sich Feiger wenig später auf dem Kronenplatz, dem Friedrichsplatz und dem Marktplatz an die Demonstranten.

OB Mentrup sorgt sich um die Zeit nach Corona

OB Mentrup beginnt seinen Rede-Marathon ebenso am Stephanplatz. Er sei froh, dass man überhaupt wieder zusammenkommen könne, die Präsenz sei sehr wichtig. Eine seiner größten Ängste in der Krise sei, dass viele durch Corona Traditionen aufgeben und stattdessen auf dem heimischen Sofa bleiben.

Am 1. Mai sieht er sich in dieser Sorge nicht bestätigt. An der vierten Station in Sichtweise des Rathauses, vor dem zwischen der europäischen und der Stadt-Fahne auch die des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) weht, macht er gleich ein Foto des meist unter Einhaltung der Abstandsregeln gut gefüllten Marktplatzes. Räumlich getrennt, aber doch zusammen stehe man hier, sagt eine Rednerin.

Die Pandemie spielt auch bei Mentrups Blick auf die Arbeitswelt eine zentrale Rolle. „Corona macht Schwachstellen noch deutlicher“, sagt das Karlsruher Stadtoberhaupt. Dinge, die man zwar diskutiert, aber nicht angepackt habe. Über die Digitalisierung der Arbeitswelten, Homeoffice-Regeln, den Umgang mit Arbeitszeiten und Arbeitsschutz müsse man neu sprechen.

Ich bin etwas fassungslos, mit welcher Brachialität die Politik manche Branchen behandelt und andre völlig ignoriert.
Frank Mentrup, Oberbürgermeister Karlsruhe

Einen kaum versteckten Seitenhieb verteilt Mentrup in Richtung Stuttgart und Berlin: „Ich bin etwas fassungslos, mit welcher Brachialität die Politik manche Branchen behandelt und andre völlig ignoriert.“

Stadt Karlsruhe muss sparen - DGB fordert „fairen Sozialhaushalt“

Die Einigkeit zwischen Mentrup und den Gewerkschaftsvertretern wird aber voraussichtlich in absehbarer Zeit auf eine Probe gestellt. Die Stadt ist aufgrund der Haushaltslage für Jahre gezwungen zu sparen, das betonte der OB zuletzt bei verschiedenen Gelegenheiten.

„Wir werden uns einbringen und fordern einen fairen Sozialhaushalt“, kündigte Dieter Bürk, der Vorsitzende des Karlsruher Stadtverbandes des DGB an.

Auch „Zero Covid“ im Demo-Zug mit rund 350 Teilnehmern vertreten

Begleitet von zahlreichen Polizisten versammeln sich kurz nach dem Ende der Gewerkschaftskundgebungen vor dem Schloss die Teilnehmer der „revolutionären Demonstration“, angemeldet vom Antikapitalistischen Bündnis. Nach einer Rede des Bundestagsabgeordneten Michel Brandt (Linke) formieren sich rund 350 Teilnehmer und ziehen zunächst zum Friedrichsplatz und später in Richtung Südstadt.

Demo-Zug am Friedrichsplatz mit Zero Covid Forderung
Einige Teilnehmer des Demo-Zugs fordern einen Kurswechsel in der Corona-Politik. Sie wollen einen harten Lockdown, um die Infektionszahl auf Null zu drücken. Foto: Pascal Schütt

Die Gruppe der Demonstranten ist ziemlich gemischt. Sie kommen aus dem Umfeld der Antifa und der Linken oder von Gewerkschaften. Dabei ist auch eine kleinere Gruppe von „Zero Covid“-Vertretern – sie fordert einen sofortigen harten Lockdown, um die Infektionszahlen auf Null zu drücken.

Abstände werden im Zug nicht eingehalten, allerdings tragen so gut wie alle Teilnehmer FFP2-Masken. Die Abschlusskundgebung soll gegen 16.30 Uhr beginnen.

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