Eine junge Frau hebt stolz ihren Arm in die Höhe. Mit einem schwarzen Marker hat sie darauf „Freiheit für den Iran“ geschrieben. Gemeinsam mit weit über hundert Menschen demonstriert sie trotz Regen und Wind für Frauen- und Menschenrechte.
Auf dem Platz der Grundrechte wird es am Samstagvormittag immer voller. Drei Stunden sind Redebeiträge, Musik und die Rufe und Parolen der Demonstrierenden zu hören. Frauen, Leben, Freiheit - lauten die Schlagworte der Kundgebung.
Immer wieder werden sie auf Deutsch und Iranisch, aber auch auf Englisch und Französisch gemeinsam gerufen. Gleich zu Beginn stimmen alle in die iranische Nationalhymne ein, wie eine Demonstrantin auf Nachfrage hin verrät. „Aber die inoffizielle“, ergänzt sie.
Auslöser ist der Tod von Mahsa Amini im Iran. Die 22-Jährige wurde vor gut zwei Wochen von der Sittenpolizei aufgrund eines Kopftuchverstoßes festgenommen und starb anschließend in Polizeigewahrsam. Der Fall löste zahlreiche Proteste aus.
Die Wut der iranischen Bevölkerung sei allerdings nicht nur auf den Tod Mashas zurückzuführen, sondern richtet sich gegen das repressive Islamische Regime im Iran, heißt es vonseiten der Veranstalter.
Seit über 40 Jahren werden Frauen im Iran systematisch unterdrückt.Anklage einer Rednerin
„Seit über 40 Jahren werden Frauen im Iran systematisch unterdrückt, ihnen werden grundlegendste Menschenrechte vorenthalten. Jeder Protest wurde brutal niedergeschlagen, Tausende wurden eingesperrt oder getötet. Millionen mussten das Land verlassen“, lautet die Anklage einer Rednerin.
Bilder auf einem großen Banner erinnern an die verstorbene Kurdin. Es brennen Kerzen, weiße Rosen liegen verteilt auf dem Boden.
Ihre Solidarität bekunden die Anwesenden mit viel Symbolik. Unter Jubelrufen werden Kopftücher auf den Boden geworfen. Nacheinander laufen Frauen in die Mitte der Kundgebung und schneiden ihre Haare ab oder lassen sie sich abschneiden.
Demonstranten sind gerührt
Die umstehenden Demonstrierenden sind sichtlich berührt von der symbolischen Aussagekraft. Auch ein noch junges Mädchen bekommt ihre langen braunen Haare gekürzt. Ihrer dahinterstehenden Begleiterin laufen Tränen über das Gesicht.
„Wir haben es uns leicht gemacht“, meint ein 34-jähriger Teilnehmer etwas nachdenklich, und meint damit seine Flucht aus dem Iran. Für ihn ist der internationale Beistand von großer Bedeutung. „Es bringt nichts, wenn sich nur die Iraner auflehnen.“
Stadträtin Iris Sardarabady (Grüne) möchte ein „deutliches Zeichen der Solidarität mit all den mutigen Frauen und Männern setzen, die sich gegen das repressive System stellen.“ Die internationale Gemeinschaft habe die Verantwortung die Menschen im Iran in ihren Forderungen zu unterstützen. „Mit deutlichen Worten und Taten“, so Sardarabady.
Als Beispiel dafür nennt sie personenbezogene Sanktionen gegen Verantwortliche der iranischen Führung. „Wir brauchen eine neue Außenpolitik mit einem klaren Wertekompass“, fordert die Stadträtin im Zuge der Kundgebung.