
Alljährlich versammeln sich Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik vor dem Haus Sophienstraße 31, um in einer Gedenkstunde der Deportation und späteren Ermordung der Karlsruher Juden am 22. Oktober 1940 zu gedenken.
Entsprechend dem Berufsbild, dem sich die künftigen Erzieherinnen und Erzieher verpflichtet sehen, engagiert sich die Einrichtung für Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten.
Dabei spielt die Geschichte im Bewusstsein der heutigen Schülerinnen und Schüler eine große Rolle. Und zu dieser Geschichte gehört die Zeit des Nationalsozialismus, in der jüdische Menschen in Karlsruhe entrechtet, verfolgt und ermordet wurden.
An der 1925 begründeten Fachschule lernten seinerzeit auch jüdische Schüler, an deren Einzelschicksale Infotafeln in der Schule erinnern.
Unterrichtsräume in Karlsruhe tragen Namen deportierter Mitschüler
Unterrichtsräume sind nach Bertha Emsheimer, Mathilde Teicher und Paul Niedermann benannt. Letzterer hat als einziger von den Dreien Auschwitz überlebt und trat immer wieder als Zeitzeuge vor den Schülerinnen und Schülern auf, bis er 2018 mit 91 Jahren starb.
Die Schule beteiligt sich am Mahnmalprojekt Neckarzimmern in der Trägerschaft des Erzbischöflichen Jugendamtes sowie des Evangelischen Jugendamtes der Landeskirche Baden.
So wurde gemeinsam mit dem Kunstlehrer Jochen Scharnbeck und dem anwesenden Bildhauer Martin Gehri ein Mahnmal gestaltet, um das sich am Montagmorgen Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte sowie Vertreterinnen und Vertreter der Stadt und der Jüdischen Gemeinde versammelten.
In Gurs, dem Standort des damaligen Internierungslagers in Südfrankreich, steht das gleiche Denkmal wie in der Karlsruher Sophienstraße. Schulleiter Klaus Torkler sprach einführende Worte: „Sie alle haben sich heute Zeit genommen, um an die schrecklichen Ereignisse vor 83 Jahren zu gedenken. Wir treten heute in Kontakt mit der Geschichte.“
Er lobte das Engagement der Schülerinnen und Schüler, die die Veranstaltung mit Liedern untermalten. Es waren auch Schülerinnen und Schüler, die in abwechselnden eindringlichen Textcollagen an diesem Vormittag an die damaligen Mitschüler erinnerten, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.
Viele Passanten, die eigentlich vorübereilen wollten, blieben stehen. Zögernd zuerst, dann betroffen. Aller Augen richteten sich dabei auf das Denkmal, dessen Symbolik Jochen Scharnbeck erläuterte. „Es blieb den jüdischen Familien nur wenig Zeit zum Packen, bevor sie abtransportiert wurden. Sie mussten dabei viele Dinge zurücklassen, die ihnen und den Kindern ans Herz gewachsen waren.“
So stelle die Plastik scheinbar zusammengewürfelt alle jenes dar, was man nicht habe mitnehmen dürfen. Darunter Spielzeug etwa, wie einen Kuschelbären.
Die stellvertretende Schulleiterin Christiane Wehner beschloss die Gedenkveranstaltung mit dem Impulsgedanken, dass „Erziehung zur Humanität und zur Sensibilität“ unabdingbar sei, gerade im Hinblick auf die aktuellen politischen Entwicklungen.