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Initiative #seimensch

Die Lebensmittelausgabe der Karlsruher Liebfrauenkirche versorgt wöchentlich über 200 Personen

Jeden Montag unterstützt Serdar Kunduz mit seinem Team Bedürftige vor der Karlsruher Liebfrauenkirche mit Lebensmittel. Was er dabei alles erlebt.

Mann im weißen T-Shirt und mit Capi steht neben Ameise belande mit einer Palette vollegstapelt mit Obstkisten.
Serdar Kunduz, einer der Initiatoren von #seimensch, holt Obst vom Großmarkt ab. Foto: Martina Erhard

Im Schatten der Liebfrauenkirche in der Karlsruher Südstadt haben sich schon am Nachmittag etliche Menschen eingefunden. Sie warten darauf, gespendete Lebensmittel mit nach Hause nehmen zu dürfen.

„Manche warten hier zwei bis drei Stunden, ehe wir um 19 Uhr die Ausgabe starten“, sagt Serdar Kunduz. Er hat vor etwas mehr als drei Jahren, zusammen mit seiner Projektpartnerin Sandra Czepielewski, die gemeinnützige Unternehmensgesellschaft #seimensch gegründet.

Seither stehen die beiden und ihre Helfer jeden Montagabend vor der Liebfrauenkirche und verteilen Lebensmittel an bedürftige Menschen. „Alle, die hier helfen, machen das ehrenamtlich“, meint Kunduz.

Serdar Kunduz sammelt vor der Ausgabe die Spenden mit dem Lieferwagen ein

Während die ersten Kunden bereits warten, baut das Team die Zelte und Tische auf. Kunduz selbst macht sich mit einem kleinen Lieferwagen auf den Weg zum Großmarkt. Gespendet wurde das Fahrzeug unter anderem von der Monsignore Friedrich Ohlhäuser Stiftung.

„Dort bekommen wir jeden Montag frische Waren über das Unternehmen Rolf Koch und den Verein ‚Freunde Helfen‘“, freut sich Kunduz beim Großmarkt. In einem Lagerhaus steht eine Palette, die mit Kisten beladen ist: Bananen, Nektarinen, Melonen, Trauben, Erdbeeren, Birnen und Tomaten findet er dort vor.

Wir sind auf solche Spenden angewiesen, da wir hier inzwischen pro Woche rund 200 Leute versorgen.
Serdar Kunduz
Gründer der Initiative

Besonders freut sich Kunduz über vier Kisten mit Kartoffeln. „Die gibt’s leider sehr selten“, meint er. „Kartoffeln sind allerdings ein Grundnahrungsmittel, weshalb wir auf der Suche nach einem Kartoffelbauern sind, der uns welche überlassen könnte“, erklärt er.

Ehe Kunduz mit den Waren zurück in die Südstadt fährt, macht er noch einen Abstecher ins Waldstadtzentrum, wo Edeka Behrens 20 Schachteln mit Nudel für ihn bereithält. „Wir spenden regelmäßig, meist Trockenwaren wie Nudeln, Reis oder Haferflocken“, erzählt Marktleiterin Manuela Braun.

Die Bedürftigkeit der Kunden wird vor der Lebensmittelausgabe überprüft

Kaum ist Kunduz wieder an der Liebfrauenkirche angekommen, eilen ihm schon mehrere Helfer entgegen, um beim Ausladen des Autos zu helfen. Während die Waren auf den Tisch aufgestellt werden, fährt Kunduz erneut los, um bei Bäckereien, die #seimensch unterstützen, Brot und süßes Gebäck zu holen.

„Die Badische Backstub, Fasanenbrot und Reinmuth unterstützen uns wöchentlich“, berichtet Kunduz. „Wir sind auf solche Spenden angewiesen, da wir hier inzwischen pro Woche rund 200 Leute versorgen“, erzählt er. Die Bedürftigkeit der Kunden werde bei allen überprüft, fügt er hinzu. „Viele, die zu uns kommen, sind Rentner, aktuell kommen aber auch viele Menschen aus der Ukraine.“

Initiatorin der Lebensmittelausgabe sieht Preissteigerungen als Grund für große Nachfrage

Angefangen hat alles am 15. April 2020. Dieses Datum hat sich Kunduz auf seinen Arm tätowieren lassen. „Ein wichtiger Termin, weil wir damals die erste Lebensmittelausgabe organisierten“, erinnert er sich. Ursprünglich hat er bei den sogenannten „Gabenzäunen“ mitgemacht.

Dabei wurden Lebensmittel für Obdachlose an Zäunen aufgehängt, weil aufgrund von Corona alle Ausgabestellen geschlossen waren. „Wir haben sehr schnell gemerkt, dass nicht nur Obdachlose Hilfe brauchen“, sagt er.

„Wir haben mit zwei Bierbänken und Lebensmittel für etwa 50 Menschen angefangen“, erzählt Sandra Czepielewski. „Danach kamen pro Woche etwa 100 Leute, seit fünf oder sechs Wochen sind es rund 200.“

Sie vermutet, dass die Preissteigerungen mitverantwortlich für den großen Andrang sind. Czepielewski fährt an jedem Ausgabetag zum Einkaufen und besorgt jene haltbaren Lebensmittel, die von den Geschäften kaum gespendet werden. „Meist kaufe ich Konserven, aber auch Öl oder haltbare Milch“, erzählt sie.

Manche Kunden der Lebensmittelausgabe kommen nur vorübergehend

„Zu uns kommen Leute, die durchs Netz gefallen sind“, meint Czepielewski. Sie weiß aber auch von Fällen, die nur vorübergehend in Not sind und erzählt von einer alleinerziehenden Mutter von vier Kindern.

In einem Monat kamen bei ihr so viele Rechnungen zusammen, dass am Ende das Geld für Lebensmittel nicht mehr reichte: „Ich schäme mich, aber ich kann nichts mehr kaufen“, zitiert Czepielewski die Frau.

Sie nahm Lebensmittel mit und kam einige Wochen später mit einem Korb voller Lebensmittel, die sie spenden wollte. „Sie wollte etwas zurückgeben und war stolz darauf“, meint die Initiatorin. „Für mich ist dieses Angebot sehr wichtig“, gesteht eine ältere Frau, die vor 20 Jahren aus Aserbaidschan kam und auf ihren Rollator angewiesen ist.

„Ich freue mich immer, wenn ich Dosen bekomme, die kann ich etwas länger aufheben“, meint eine Rentnerin, die mit ihrer Rente „gerade so über die Runden kommt“, wie sie erzählt. „Dabei koche ich immer selbst.“ Das spare viel Geld.

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