Unter dem Titel „Abbruch in der Realität - Aufbruch in die Virtualität“ werden die Schlosslichtspiele Karlsruhe virtuell und feiern damit am Mittwoch, 5. August, eine Weltpremiere: Erstmals wird ein Projection Mapping allein im digitalen Raum geschaffen. Karlsruher Schloss und Schlossplatz wurden in einem aufwendigen Verfahren digital nachgebaut und dienen nun als Projektionsfläche, auf die die neuen mitreißenden Shows „gemappt” werden.
Bis Sonntag, 13. September, können Besucher allabendlich ab 20.15 Uhr (MESZ) auf ihrem Endgerät weltweit in einem virtuellen Livestream etwas verfolgen, das im realen Raum nicht stattfinden kann. Das Besondere dabei ist, dass bei diesem Web Projection Mapping verschiedene Perspektiven durch den Betrachter eingenommen werden können. Als Premieren präsentieren sich in diesem Jahr die beiden neuen Shows „Attitude Indicator“ von The Nightlab (TNL) und „Changes³“ von Rüstungsschmie.de, die extra für die diesjährigen Schlosslichtspiele – Digitale Edition – geschaffen wurden. Zudem wird eine Auswahl der besten bisherigen Fassadenprojektionen der Schlosslichtspiele auf den Aufbruch in neue Welten zurückblicken.
„Die Schlosslichtspiele zeichnen sich in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie gleich mehrfach durch ein Novum aus“, so Professor Peter Weibel, Vorstand des ZKM und Kurator der Schlosslichtspiele. „Erstens finden sie nur virtuell statt, da Massenveranstaltungen im realen Raum gesundheitsgefährdend sind. Zugleich haben wir aber so die Möglichkeit, eine viel größere Reichweite durch ein nicht-lokales Massenpublikum im Online-Universum zu erreichen. Dabei wird das Publikum auch eine technische Innovation erleben – auch am Bildschirm wird es jetzt möglich, zwischen mehreren beobachtenden Positionen zu wählen, ganz so als ob man sich vor der Schlossfassade bewegen würde. Nicht zuletzt erleben wir eine Uraufführung, die eine historische Situation einfängt.
Schweren Zeiten mit kreativen Ideen entgegensteuern
Die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands in der zweiten Jahreshälfte und den großen Green Deal, vor dem wir nun stehen. Das künstlerische Projekt des Projection Mapping wird sich auf beeindruckende Weise diesem Thema widmen“, fügt Weibel hinzu. „Mit den Schlosslichtspielen – Digitale Edition – wird Karlsruhe seinem Titel als UNESCO Creative City of Media Arts mehr als gerecht“, ergänzt Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup. „Schweren Zeiten müssen wir mit kreativen Ideen entgegensteuern. Gerade wenn räumliche Distanz zwischen den Menschen nötig ist, wie aktuell, ist es wichtig, Gemeinsamkeit zu schaffen.“
Die Schlosslichtspiele Karlsruhe – Digitale Edition – machen genau das, wenn von überall in der Welt sich die Menschen virtuell und via Endgerät zeitgleich auf dem Karlsruher Schlossplatz versammeln und dem Projection Mapping folgen. „Menschen aus Singapur, New York, Rio de Janeiro, Sydney oder Johannesburg stehen quasi nebeneinander vor dem Schloss in Karlsruhe und genießen ein digitales Kunstwerk in Reinform“, so Mentrup weiter.
Für Projection Mappings 2020 wurde ein unglaublicher Aufwand betrieben
Für die Schlosslichtspiele – Digitale Edition – wurde das gesamte Karlsruher Schloss samt seines Umfeldes in der virtuellen Welt nachgebaut. Fast 23 Stunden Drohnen-Flugzeit waren nötig, dazu über 72.000 Einzelbilder, 10,5 Stunden 4K-Videomaterial und organisch erzeugte Texturen, um die Infrastruktur und Umgebung für die diesjährigen virtuellen Web Projection Mappings zu schaffen. Mithilfe von Satellitendaten und fotogrammetrischen Drohnen und DSLR-Aufnahmen wurden das Schloss und der Schlossvorplatz in täuschend real wirkender Art und Weise nachgestellt.
„Es ist eine große Herausforderung für uns, ein beliebtes und attraktives Live- Erlebnis digital so schnell umzusetzen“, sagt Martin Wacker, Geschäftsführer der Karlsruhe Marketing und Event GmbH, die die Schlosslichtspiele Karlsruhe veranstaltet. „Neben dem Dank an alle Akteure, die an der schnellen Umsetzung mitwirken, gilt mein Dankeschön auch den 23 Partnern der Schlosslichtspiele Karlsruhe – Digitale Edition.“ Die Schlosslichtspiele Karlsruhe sind die beliebteste Veranstaltung in Karlsruhe, so das Ergebnis der aktuellen Kulturumfrage Karlsruhe. Dazu ist es die Veranstaltung, die Karlsruher am meisten ihren Gästen empfehlen.
Wir hoffen nun, dass sich viele einen Eindruck durch die Digitale Edition verschaffen und dass 2021 auch mehr internationale Gäste nach Karlsruhe kommen, um dann die Schlosslichtspiele wieder auf dem Schlossplatz live genießen zu können“, so Wacker weiter. Und einen ganz besonderen Hinweis hat Wacker auch noch: „Auf dem Schlossplatz Karlsruhe findet keine Veranstaltung statt. Es gibt in diesem Sommer keine Projektionen auf das Karlsruher Schloss. Nicht in der Realität – aber in der Virtualität.“
The Nightlab entwickelt fortlaufend neue technische Methoden
Seit 1999 schaffen The Nightlab sogenannte Projection Mappings und zählen damit zu den Pionieren des Genres. In der Zwischenzeit sind über 800 Projekte weltweit entstanden. TNL entwickeln dabei selbst kontinuierlich neue technische Methoden weiter, wie beispielsweise Bewegungsdetektion oder visuelle Effekte in Echtzeit. Ihre neue Show Attitude Indicator erarbeiteten die Bielefelder extra für die diesjährigen Schlosslichtspiele, sodass Besucher eine Weltpremiere erleben. In acht Szenen blicken sie auf zwei mögliche Planeten Erde, zur Linken einen toten und zur Rechten einen lebendigen, gleich einer Weggabelung, an der die Richtung entschieden wird. Feuer und Wasser, Industrie und Natur, Verfall und Wachstum stehen sich gegenüber, ihre Werte in immer schneller werdendem Wettlauf um die endliche Entscheidung. Was sieht der letzte Blick?
Während der Corona-Pandemie haben wir erlebt, was Wechsel beziehungsweise Change bedeuten kann – nämlich Stillstand. Aber Change hat viele dynamische Dimensionen – sogar mehr als hoch drei. Change ist auch eine Chance, ein Gutschein für die Zukunft. Man muss ihn nur einlösen. Wandel kann bedeuten: Wir selbst können die Welt verwandeln. Der Sog des Sounds der neuen Arbeit von Rüstungsschmiede zieht uns in einen Wahrnehmungstunnel und –taumel, die nicht nur die Schlossfassade effektiv verwandeln, sondern auch zeigen, wie der Wandel und seine Wirkungen in den Händen der Menschen liegen, wenn sie die Gestaltung ihrer Zukunft selbst in die Hand nehmen. Eine Zukunft könnte heißen: Europa.