Wer mit dem Auto in die Durlacher Altstadt kommt und sich nicht auskennt, dem dreht sich bald der Kopf. Der mittelalterliche Grundriss des größten Karlsruher Stadtteils führt Motorisierte auf dem Altstadtring unerbittlich im Kreis. Das kostet manche die Orientierung.
Die Einbahnstraßenregelung tut ihr Übriges. So finden Ortsunkundige ohne Navigationsgerät teils schwer ihr Ziel und wieder aus der Altstadt hinaus.
Fußgänger, Familien mit Kindern und Radfahrer wiederum hätten gern mehr Platz für sich in Durlachs historischem Kern. Ihre Zahl ist groß: In der Fußgängerzone und den verkehrsberuhigten Gassen ringsum gibt es viel Gastronomie, Fach- und Einzelhändler und täglich Wochenmarkt. Auch in der Marstallstraße sind zwischen Karlsburg und Weiherhof oft mehr Menschen zu Fuß als im Auto unterwegs.
Vorstoß der Grünen
Doch selten teilen sich Fußgänger mit Autos die volle Straßenbreite, auch wo ihnen blaue Schilder dies erlauben. Grünen-Ortschaftsrat Johannes Ruf sieht sogar Nachteile für Fußgänger: „Wo es keinen Gehweg gibt, muss man beim Parken auch keine Mindestbreite freihalten.“
Das Ergebnis ist etwa in der Spital- und der Bienleinstorstraße zu besichtigen. „Es ist nicht so, dass dort Kinder auf der Straße spielen können“, sagt Ruf. Sie gelangen auch nur durch schmale Durchlässe vor den Häusern zur Friedrich-Realschule. Inzwischen gebe es allein im Altstadtring rund 200 Parkplätze.
So sollte keine moderne Verkehrsplanung aussehen.Johannes Ruf, Grünen-Ortschaftsrat
Die Interessen – nicht zuletzt von Anwohnern, die am Haus parken wollen – prallen aufeinander, seit 1984 die Sanierung der Durlacher Altstadt begann. Ein neues Verkehrskonzept ab 2003 brachte keinen Durchbruch. Jetzt unternehmen die Durlacher Grünen einen neuen Vorstoß. Sie wollen denjenigen Vorteile verschaffen, die umweltfreundlich zu Fuß, per Fahrrad und mit Bahn und Bus in die Durlacher Altstadt kommen.
Besonders wenden sie sich gegen eine ältere Idee der Stadt Karlsruhe, verkehrsberuhigte Bereiche in Tempo-20-Zonen umzuwandeln. Das würde Fußgänger dann auch noch formal an den Rand drängen, kritisiert Grünen-Mandatsträger Johannes Ruf: „Das ist eine Rolle rückwärts. So sollte keine moderne Verkehrsplanung aussehen.“
Schneckentempo dämpft Erwartungen
Das Thema beschäftigt nun den Ortschaftsrat öffentlich in seiner Sitzung, die am Mittwoch, 10. Februar 2021, um 17 Uhr unter Pandemiebedingungen und daher mit nur wenigen Plätzen für Zuhörer in der Karlsburg beginnt. Aber die Erwartungen der Grünen sind gedämpft.
Im November widmete sich der Ortschaftsrat nämlich einem ganzen Bündel von Anträgen zur Verkehrssituation im historischen Durlach. Dabei seien aber die Vorschläge trotz positiver Signale des Stadtplanungsamtes keinen Schritt vorangekommen, bilanziert Ruf. „Bisher haben wir keine Ergebnisse erzielt“, bedauert er. Die Positionen seien vereinbar, doch fehle der Fortschritt bei der 2018 aufgenommenen Arbeit.
Ein wichtiges Element der Grünen-Strategie für Durlach ist, die Fußgängerzone Richtung Osten bis zur Marstallstraße zu verlängern. Dieser Vorschlag liegt seit November 2019 auf dem Tisch – er ist damit der älteste aller Beiträge, die für die Klausurtagung ein Jahr lang gesammelt und dann doch nicht durchgearbeitet wurden. Immerhin gibt es eine Perspektive.
Das Stadtamt Durlach kommentiert für die Behandlung des Themas im Ortschaftsrat: „Es bestand große Übereinstimmung, die verschiedenen Fragestellungen unter Beteiligung der Öffentlichkeit und der betroffenen Akteure untersuchen und verschiedene Optionen bewerten zu lassen.“ Dabei gehe es insbesondere um die Verkehrsführung in der Altstadt, das Parken und auch den Umgang mit den verkehrsberuhigten Bereichen. Die Verwaltung erarbeite derzeit eine „Projektskizze“. Vorerst werde sie nichts an der Beschilderung der verkehrsberuhigten Bereiche ändern.
Durchfahrtsverbot wirkt nicht immer
Durlacher Bürger, unmittelbare Bewohner der Altstadt und Passanten hatte 2013 das Amt für Stadtentwicklung 2013 detailliert auch zu diesem Thema befragt. Jeder dritte Befragte gab dabei an, sich gestört zu fühlen durch Autos, die verbotenerweise durch die Fußgängerzone fahren. Es zeigte sich auch, dass die hervorragende Erreichbarkeit der Fußgängerzone mit der Straßenbahnlinie 1 ihren Preis hat: Manche Fußgänger nannten die Straßenbahn zusammen mit parkenden Autos und Radfahrern als Störfaktor.