Am Beunsee sitzen, die Füße in einem Zuber und streng darauf bedacht, dass das andere Geschlecht keinen Blick von einem erhascht. Und wenn doch? „Dann haben wir den geschasst“, sagt die Durlacherin Irma Ibele und lacht schelmisch.
Wer solche Situationen erlebt hat, der muss alt sein. Ab 1935 wurde der Beunsee in Durlach nämlich zugeschüttet. Da war Irma 13 Jahre alt und hieß mit Nachnamen noch Müller. An diesem Samstag feiert sie ihren 100. Geburtstag.
Irma Ibeles Gesicht leuchtet, wenn sie ans Schwimmen denkt. Ihr Hobby hat sie bis ins 95. Lebensjahr betrieben. Auf den Beunsee folgte das Turmbergbad. „Da war ich daheim“, sagt sie und hat viele Geschichten parat. Zum Beispiel von zig Sommertagen, die sie mit ihrer Cousine im Schwimmbad verbrachte, von den ersten Spinden, die es gab, in die man die Liege einschließen konnte, von Kaffee und Käsekuchen am Kiosk und ihrem festen Liegeplatz auf der Wiese.
Süßigkeiten für fünf Pfennige: Hundertjährige aus Karlsruhe denkt zurück
Und natürlich vom Schwimmen, das sie leidenschaftlich, „aber ganz ohne Ehrgeiz“ betrieb. Irma Ibeles Vater angelte früher am Beunsee, und so wurde sie zur Wasserratte. Sie spricht von einer schönen, behüteten Kindheit. Bei Frau Kübler im Tante-Emma-Laden durfte sie sich ab und an für fünf Pfennige Süßigkeiten aus einem hohen Glas nehmen. Neben dem „Hotel zur Linde“ wuchs die Jubilarin auf, gleich um die Ecke besuchte sie später die Höhere Töchter Schule.
Um die Ecke war das Gymnasium mit den Herren. Da konnte man reden. Und flirten.Irma Ibele aus Durlach
„Da waren nur Mädchen, das war nicht so schön“, erinnert sie sich, und wieder blitzt der Schelm aus ihren Augen, denn „um die Ecke war das Gymnasium mit den Herren. Da konnte man außen herum gehen und reden. Und flirten.“
Ihre erste Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, zerbrach in den Nachkriegsjahren. Mit Unterstützung ihrer Eltern zog Irma Ibele die Kinder groß, heiratete den Kunstmaler Sepp Ibele und gebar ein drittes Kind. Gemeinsam mit der verwitweten Mutter wohnte die Familie in der Wohnung, in der Irma Ibele immer noch lebt.
Krieg in der Ukraine weckt bei der Karlsruherin schlimmer Erinnerungen
Der Krieg gegen die Ukraine weckt derzeit schlimme Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg in ihr. „Manchmal rannten wir bei Alarm in den Luftschutzbunker an der Bergwaldstraße in die Bierkeller“, weiß sie noch. Oder sie sieht plötzlich die zugemauerten Fenster in ihrem Büro in der Post (heutige Postgalerie) vor sich, von denen nur schmale Schlitze blieben, damit keine Granaten eindringen konnten. „Nie wieder Krieg haben wir damals gesagt“, meint sie ganz ernst.
Nie wieder Krieg haben wir damals gesagt.Irma Ibele feiert ihren 100. Geburtstag
Theater, Konzerte und Ausstellungen spielten eine große Rolle in ihrem Leben, das sie bis zu dessen Tod 1997 an der Seite eines Künstlers verbrachte. „Maler sind sehr Ich-bezogen“, erklärt sie das Wesen ihres zweiten Mannes. „Da muss man manchmal verzichten oder alleine etwas machen.“
Sie selbst hat auch gerne gemalt, vor allem feine Federzeichnungen und war Sängerin in der Fred-Rabold-Combo, einer damals sehr bekannten Big Band aus Busenbach. Singen und Musik sind für sie heute noch Lebenselixier. Nur ungern versäumt sie ein Sonntagskonzert im Radio.
Eine gute Portion Gelassenheit und die Gewissheit, dass schon alles irgendwie gut werden wird, begleiteten sie durch alle Tage, die sie bis heute ohne Medikamente durchlebt. Am liebsten verbringt sie die Zeit im Kreis ihrer Familie, zu der jetzt auch fünf Enkel und vier Urenkel gehören. Gerne feiert sie mit ihnen, und nicht selten sind andere schon müde, wenn sie immer noch lacht und erzählt. Lachen, so meint sie, sei eben sehr gesund.