
Hinter den Toren der Mittelstraße in Karlsruhe-Durlach verbirgt sich neben einer Puppen- und Holzwerkstatt, einer Sattlerei und einer Schmiede auch ein privates Kutschenmuseum.
Alles gehört dem Karlsruher Puppenspieler Stephan Blinn, der seit 1995 dort wohnt. Bis ins Jahr 2000 war die 1.700 gebaute Schmiede sogar noch professionell in Betrieb.
Heute nutzt der 68-Jährige diese, um seine Kutschen und Achsen zu richten – von der Polsterung bis zu den Rädern. Eine Kutsche steht in der Schmiede, neun weitere auf 90 Quadratmetern nebenan in der Sammlung. Alle sind fahrtauglich.
Doch für Feld, Wald und Wiese sind die alten Wagen zu schade, sagt er. Auf individuelle Anfrage oder auch beim „Tag des offenen Denkmals“ öffnet er bei freiem Eintritt seine Pforten.





Die Leidenschaft für die historischen Fahrzeuge bestehe laut Blinn, der mit Pferden groß geworden ist, schon immer. „Ich habe mit Planwagen angefangen. Dann wurde es feiner und das Museale hat sich entwickelt“, sagt der Karlsruher, der über die Jahre mehr und mehr Kutschen gekauft hat.
Kutschen bekommt man nicht mehr verkauft.Stephan Blinn, Kutschensammler aus Karlsruhe
Sein großes Hobby ist hierbei, die Kutschen wieder auf Vordermann zu bringen. „Ein Wagen, der etwas taugt, hätte ich mir nicht leisten können“, so der Autodidakt, der sich alles selbst beibrachte und Tipps bei Schmieden, Wagnern und Sattlern holte. „Kutschen bekommt man nicht mehr verkauft.“
Etwa 2.500 Kutschen sind aktuell in Auktionen unterwegs
Es gibt jedoch noch weit größere Sammler in der Region, etwa Heinz Scheidel aus Mannheim, der mit rund 800 Kutschen Europas größte private Kutschensammlung hat.





Momentan seien bei Auktionen etwa 2.500 Kutschen unterwegs. Er bekomme selbst immer wieder welche angeboten, doch das könne sich keiner leisten. Bei einer Versteigerung würde er mit Mühe und Not das Geld für das Material erhalten, das er investiert habe.
„Die Pflege und Restauration der Geschirre benötigt mehr Zeit als die Arbeit an den Kutschen“, erklärt der Durlacher. „Alles, was hier hängt, ist sofort einspannfähig.“ Blinn sagt, wenn er seine Schätze nicht pflege, müsse er sie auch nicht sammeln. Und er sei all seine Kutschen bis auf den Omnibus schon gefahren.
Bis Anfang 1990 hatte Blinn Pferde. In den 1970er-Jahren fuhr er mit der Kutsche entlang der Durlacher Allee bis zur Schauburg oder das Theater „Die Insel“.
„Ich erinnere mich noch gut, wie sich die Autos hinter mir stauten“, sagt er. Während dieser Zeit macht er sich mit seinem Planwagen auch auf Reisen über die Alpen oder nach Spanien und Frankreich.
Ich hatte damals zwei Pferde, eine Geige unterm Arm und viel Zeit.Stephan Blinn, Kutschen-Liebhaber aus Karlsruhe
„Ich hatte damals zwei Pferde, eine Geige unterm Arm und viel Zeit“, sagt Blinn, der zeitweise mit einem Freund unterwegs war. „Abends mussten wir dann schauen, wo wir mit den Pferden unterkommen.“
Zahlreiche Zeitungen und Fernsehsender berichteten damals darüber. Die Winter verbrachte er dann immer in Karlsruhe.
Blinns Pferde standen auf dem Seehof in Ettlingen, mussten damals immer mit dem Wagen oder Hänger nach Durlach kommen, was etwas umständlich ist. „Hätte ich einen Hof, hätte ich sicher auch heute noch Pferde“, sagt der Kutschen-Fan, der beim Reit- und Fahrverein in Durmersheim seinen Kutschenführerschein erworben hat. Dieser berechtige ihn, Personen zu befördern und an Turnieren teilzunehmen. Sieben Jahre habe er zudem in einem Wohnwagen gelebt.