Skip to main content

E-Mobilität

E-Scooter in Karlsruhe: Doch nur ein Spaßmobil?

E-Scooter gehören in Karlsruhe inzwischen zum Stadtbild. Doch die Umweltbilanz der Elektroflitzer ist ebenso umstritten wie ihr Beitrag für die angestrebte Verkehrswende. Experten halten die Roller lediglich für Spaßmobile.

Abgestellte E-Scooter in der Lessingstraße
Abgestellte E-Scooter in der Lessingstraße Foto: Stefan Jehle

Von Stefan Jehle

Ein sonniger Nachmittag, an einem Montag. Drei junge Männer queren die Kapellenstraße in der Karlsruher Innenstadt, fahren mit ihren E-Scootern am benachbarten Spielplatz und dem Alten Friedhof vorbei. Man sieht, dass es ihnen Spaß macht. Es ist allzu offensichtlich: eine Freizeitausfahrt.

Mit den in grünen Farbtönen gehaltenen E-Scootern kommen die drei flott voran. Mittlerweile sind es annähernd 1.000 der neuen Stadt-Tretroller, die das Karlsruher Stadtbild prägen.

Werden Leihfahrräder mehr genutzt?

Ortswechsel: am selbigen Montag, früh um halb acht Uhr vor dem Hauptbahnhof. Es dauert eine ganze Weile, bis einer der mobilen Roller zu sehen ist. Zwei werden es nach rund 30 Minuten Wartezeit sein, die den Bahnhofsvorplatz in Ost-West-Richtung queren: keiner der Zwei fährt vom Bahnhof weg, oder nutzt das Gefährt „als Zubringer“ zum morgendlichen Berufsverkehr.

In der gleichen Zeit sind es jeweils mehr als zehn Leute mit Klappfahrrädern oder mietbaren „KVV-Nextbike“ Fahrrädern, die damit ein alternatives Verkehrsmittel nutzen – neben unzähligen klassischen Fahrradfahrern.

E-Scooter sind zu Tausenden in den Innenstädten verteilt

Seit mehr als einem dreiviertel Jahr sind solche Elektrokleinstfahrzeuge zugelassen. Quasi über Nacht haben Verleihfirmen die E-Scooter zu Tausenden über die großen Städte verteilt – kleine, wendige Gefährte, die man auch privat kaufen kann.

Auch der Karlsruher Verkehrsverbund KVV hat sich einen der großen Anbieter mit ins Boot geholt: die letzten 200 oder 300 Meter bis zur Stadtbahn-Haltestelle sollen damit bequem zurück gelegt werden können, heißt der Slogan – buchbar mit einer App. Zwischen 15 und 19 Cent kostet die Leihe für eine Minute, meist kommt noch eine einmalige Aktivierungsgebühr dazu. Ohne ein eigenes Smartphone geht da gar nichts.

Mit bequemen Schuhen kann man das alles gut ersetzen.
Uwe Haack Sprecher Verkehrsclub VCD, Kreisgruppe Karlsruhe

Uwe Haack, der Sprecher des ökologisch orientieren Verkehrsclubs VCD, Kreisgruppe Karlsruhe, zeigt sich skeptisch. „Mit bequemen Schuhen kann man das alles gut ersetzen“, sagt er lakonisch. Laut einer Untersuchung des ADAC brächten die Roller auch keinen verkehrlichen Nutzen. Das sei wohl eher ein Spaßobjekt, „hauptsächlich junge Männer sehe man auf den Rollern“, ist er sich sicher.

Und die würden sich „oft auch verkehrswidrig verhalten“. Dem pflichtet VCD-Mann Heiko Jacobs im Grunde bei, allenfalls dann könne er Gutes erkennen, wenn das als Alternative zum Auto genutzt würde auf Kurzstrecken – wie versprochen. Doch das scheint wohl eher nicht der Fall.

Elektroroller verändern das Stadtbild

Eines tun die Elektrokleinstfahrzeuge auf jeden Fall: sie verändern das Stadtbild. Nicht immer wieder werden sie so geparkt, wie es der Abmachung zwischen Stadt und den Betreibern – derzeit sind das in Karlsruhe drei: mit den Anbietern „Voi.“, „Tier“ und „Bird“ – entsprechen würde.

„E-Scooter nehmen dem Fahrrad Verkehrsraum weg. So ist der Umwelt nicht geholfen“, sagt Hartmut Weinrebe, Regionalgeschäftsführer des BUND. Dabei sei es zu begrüßen, die Potenziale neuer Fortbewegungsmittel zu untersuchen, meint er noch. Selbst genutzt hat er noch keines der neuen E-Scooter.

Karlsruhe ist eine moderne Großstadt, da gehören E-Roller dazu
Albert Käuflein, Kultur- und Ordnungsbürgermeister in Karlsruhe (CDU)

„Karlsruhe ist eine moderne Großstadt, da gehören E-Roller dazu“, sagt der Kultur- und Ordnungsbürgermeister der Stadt, Albert Käuflein (CDU). Er persönlich nehme aber dann doch lieber sein Fahrrad. Auch Umweltdezernentin Bettina Lisbach (Grüne) ist persönlich „meistens mit dem Fahrrad unterwegs“.

Wen also spricht das neue Angebot an? Laut dem Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, würden die Menschen „die Fahrzeuge eher als Spielzeug denn als Verkehrsmittel betrachten“. Das deckt sich weitgehend mit den Augenblicks-Beobachtungen vor Ort in Karlsruhe.

Erhöhen E-Scooter die Unsicherheit im Straßenverkehr?

Die Elektrokleinstfahrzeuge hätten „in vielen Fällen die Unsicherheit im Straßenverkehr erhöht“, hieß es zuletzt bei den Fachleuten des Verkehrsgerichtstags in Goslar. Gefahren würden wohl allzu oft unterschätzt, etwa mit Blick auf schwere Stürze.

Der schwedische Anbieter „Voi.“ etwa schreibt auf seinen Fahrzeugen „Wear a helmet“, fahre mit Helm. In Karlsruhe ist das nicht verpflichtend. Die versicherungspflichtigen Scooter dürfen dabei mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h bewegt werden – rechtlich gesehen ist ein E-Roller ein Kraftfahrzeug. Damit also fast so schnell wie ein Mofa, für das es eigens einen Führerschein braucht.

Verteilung und Rückholung bleibt Konfliktpunkt

Einen anderen Konfliktpunkt, den der Verteilung und Rückholung mit der Hilfe von Mitarbeitern, die mutmaßlich knapp am oder gar unterhalb des Mindestlohns arbeiten, weisen zwei der drei Karlsruher Anbieterfirmen auf Anfrage zurück. Man arbeite „ausschließlich mit erfahrenen Logistikunternehmen zusammen“, sagt etwa Claus Unterkircher, General Manager des Anbieters „Voi.“, der in Karlsruhe zurzeit zirka 300 E-Scooter in der Innenstadt und rund 200 in den Außenbereichen im Einsatz hat.

Rückholer lädt Elektroroller in einen Bus
Die über die Stadt verteilten E-Scooter müssen nach der Benutzung wieder eingesammelt werden. Unter welchen Arbeitsbedingungen das geschieht, ist jedoch umstritten. Foto: Stefan Jehle

Auch David Krebs, Sprecher des Anbieters „Tier“ wird deutlich: „Privatleute, die E-Scooter einsammeln und aufladen - wie teilweise von amerikanischen Mitbewerbern bekannt, gibt es nicht und gab es auch nie bei uns.“ Man arbeite ausschließlich mit angestellten Mitarbeitern – auf Teilzeit- und Vollzeitbasis. Vergütet werde über ein monatliches Festgehalt – das, so Krebs, liege zudem signifikant über Mindestlohn. Anbieter „Tier“ hat aktuell rund 450 E-Scooter in Karlsruhe auf den Straßen im Einsatz.

nach oben Zurück zum Seitenanfang