Seit Juli dürfen in der Europäischen Union (EU) viele Produkte aus Plastik nicht mehr verkauft werden. Das betrifft etwa Trinkhalme, Rührstäbchen, Luftballonstäbe oder Einweg-Geschirr aus konventionellem Plastik und aus sogenanntem „Bioplastik“. Auch To-Go-Becher für Getränke und andere Einweg-Behälter aus Styropor dürfen nicht mehr produziert und in den Handel gebracht werden.
Ihre Altbestände dürfen Händler und Gastronomen zwar noch abverkaufen. Doch danach ist Schluss: Restaurant- und Imbissbetreiber müssen Alternativen finden. Manche haben in Karlsruhe damit schon angefangen, lange bevor das Verbot in Kraft war.
Das Café Klauprecht beispielsweise war unter den ersten Lokalen, die in Karlsruhe das Pfandsystem von Vytal angeboten haben. Gäste laden sich eine App aufs Handy und können in teilnehmenden Restaurants dann kostenfrei eine Mehrweg-Schüssel ausleihen. Das Klauprecht verkauft seit dem Corona-Lockdown seinen Mittagstisch zum Mitnehmen in Vytal-Schüsseln. „Das wurde direkt super angenommen“, freut sich Chefin Stephanie Kaba.
Ihr Team versucht, alle Gäste von den Vorteilen des Mehrweg-Systems zu überzeugen. Für die wenigen, die trotzdem nicht mitmachen wollen, gibt es recycelbare Pappschalen. „Aber da muss man sich klar sein, dass man sich ins Gewissen lügt“, sagt Kaba. Komplett umweltfreundlich seien diese Wegwerfprodukte schließlich nicht.
Bei Kaffeebechern ist Pfand schon verbreiteter als bei Schüsseln für Speisen
Die Vytal-Schüsseln hingegen sind zwar aus Plastik, dafür aber viele Male wiederverwendbar. Innerhalb von zwei Wochen können Vytal-Kunden die ausgeliehenen Schüsseln zu jedem beliebigen Partner-Restaurant zurückbringen. Verpassen sie diese Frist, erwerben sie die Schüsseln automatisch für zehn Euro und können sie dann behalten. In Karlsruhe machen außer dem Café Klauprecht beispielsweise das Intro Café, die Kulturküche, das Gasthaus Holzhacker, das Gasthaus Gutenberg und die Restaurants L’Incontro und Zum kleinen Ketterer mit.
Deutlich mehr Gastronomen beteiligen sich bereits am Pfandsystem des Münchner Unternehmens Recup, das ein ähnliches Verfahren für Getränkebecher etabliert hat. Anders als bei Vytal hinterlegen Kunden hier direkt beim Kauf ihres Getränks ein Pfand von einem Euro. „Das ist für die Gäste sehr günstig“, sagt Ellen Reinold vom Café TanteEmma in der Nähe des Zoos.
Und auch für sie als Gastronomin habe es Vorteile, weniger Einwegverpackungen bestellen und lagern zu müssen. „Wir hatten vor ein paar Jahren mal mit eigenen bedruckten Bambusbechern experimentiert, aber das war nicht das Wahre“, erzählt Reinold. Bambus sei schließlich nicht so nachhaltig, wie viele annehmen – und außerdem auch nicht sehr langlebig.
Auch zu TanteEmma kommen manchmal Kunden, die lieber einen Wegwerf- statt einen Mehrwegbehälter möchten. Für sie gibt es Becher aus recycelter Pappe. „Ich kann es schon verstehen, wenn man im Zoo oder in der Bahn nicht den ganzen Tag mit einem dreckigen Becher rumlaufen will“, sagt Reinold.
Wen das nicht stört, der kann auch den Fächer-Becher nutzen, ein eigenes To-Go-System für Karlsruhe. Der Porzellan-Becher kann für neun Euro gekauft und dann immer wieder aufgefüllt oder gegen einen frischen ausgetauscht werden. Viele Cafés und Bäckereien bieten sogar einen kleinen Rabatt auf ihre Getränke an, wenn sie nicht für einen Wegwerfbecher aufkommen müssen.
Drinks ohne Strohhalm und Ballons ohne Stab
Wie bei den Getränkebechern gilt auch bei Besteck, Trinkhalmen und Co: Statt vermeintlich umweltfreundlichere Alternativen aus Bambus, Pappe oder Ähnlichem zu suchen, ist es oft besser, einfach komplett auf Einwegprodukte zu verzichten. Statt beispielsweise Makkaroni-Nudeln als Trinkhalme zu verwenden, die anschließend weggeschmissen werden müssen, spart ein Getränk ganz ohne Trinkröhrchen überflüssige Ressourcen ein. Deswegen serviert die Cocktail-Bar im Hotel Santo in den meisten Drinks Trinkhalme nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der Gäste, erklärt Nils Flaskamp.
Wir bekommen keinen biologisch abbaubaren Nachschub.Harriet Schuhmacher, Ballonverkäuferin
Für Luftballonstäbe gebe es noch keine umweltverträgliche Alternative, sagt Harriet Schuhmacher vom Ballonverkauf Babalooni. „Unsere Altbestände dürfen wir noch verkaufen, aber wir bekommen keinen biologisch abbaubaren Nachschub.“ Das sei vor allem deswegen schade, weil es den Verkauf von gasgefüllten Ballons weiter fördere, die ohne stützenden Tragestab auskommen und allein durch eine Schnur gehalten werden. Ballons, die nur mit Luft gefüllt sind und daher für die Umwelt eigentlich besser seien, könnten dadurch noch unbeliebter werden.
Neues Gesetz: Gastronomen müssen bald Mehrweg anbieten
Wie bei den Luftballonstäbchen werden in Karlsruhe auch an vielen Imbissen noch Restbestände von Plastikprodukten herausgegeben. Um die Mittagszeit finden sich in den Mülleimern der Innenstadt noch zahlreiche Styropor-Behälter. Längst nicht alle Lokale haben schon auf umweltfreundliche Systeme umgestellt.
Spätestens ab 2023 müssen die Betriebe allerdings aufrüsten. Dann nämlich sind Caterer, Lieferdienste und Restaurants gesetzlich verpflichtet, auf Kundenwunsch Mehrwegbehälter zum Mitnehmen und Bestellen anzubieten. Ausnahmen sind für kleine Betriebe wie etwa Dönerläden vorgesehen – diese müssen Speisen und Getränke aber auf Wunsch in mitgebrachte Behälter abfüllen.