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Depot für Schienenfahrzeuge

Historischer Tram-Waggon kommt nach Karlsruhe

Alte Schienenfahrzeuge sind in Karlsruhe im „Historischen Depot 1913“ zu sehen. Nun gibt es dort ein neues Exponat.

Ein historischer Eisenbahnwaggon wird bei den Verkehrsbetrieben in der Tullastr. abgeladen und kommt in das Museumsdepot
Im Jahr 1927 wurde dieser Waggon gefertigt. Es ist vermutlich der letzte erhaltene Personenwagen der meterspurigen Albtalbahn. Jetzt wurde er beim Depot in der Tullastraße abgeladen. Foto: Peter Sandbiller

Fast sechs Jahrzehnte stand der historische Albtalbahn-Personenwagen auf einer Wiese in Spielberg und war Heimat von Bienenvölkern. Jetzt ist das 1927 in der Waggonfabrik Rastatt – der heutigen BWR Waggonreparatur GmbH – gefertigte Fahrzeug vom Verein Treffpunkt Schienennahverkehr Karlsruhe (TSNV) mittels Autokran und Tieflader nach Karlsruhe in die Tullastraße gebracht worden. Dort wird der Wagen im „Historischen Depot 1913“, einer denkmalgeschützten Wagenhalle aus dem Jahr 1913, ausgestellt.

Das 96 Jahre alte Exponat ist der vermutlich letzte erhaltene Personenwagen der meterspurigen Albtalbahn, teilt der TSNV mit. Die Albtalbahn wurde ursprünglich in den Jahren 1897 bis 1899 als meterspurige Eisenbahn errichtet.

Um die Eisenbahnstrecke am Albtalbahnhof mit dem Karlsruher Straßenbahnnetz zu verknüpfen und den Reisenden das Umsteigen auf dem Weg in die Innenstadt zu ersparen, wurde sie in den Jahren 1957 bis 1966 in Etappen von Meterspur auf Normalspur (1.435 Millimeter) umgebaut. Für die alten Fahrzeuge gab es nach der Umspurung keine Verwendung mehr. Sie wurden deshalb bis auf wenige Exemplare, die an private Interessierte gingen oder im Museum erhalten blieben, verschrottet.

Waggon aus dem Jahr 1927 war bis in die 1960er Jahre im Einsatz

Der jetzt nach Karlsruhe gebrachte Wagen 83 stammt aus der letzten für die Albtalbahn beschafften Serie meterspuriger Waggons. Im Laufe seiner Einsatzzeit hatte das Fahrzeug drei Eigentümer, da die Albtalbahn mehrfach den Besitzer wechselte. Beschafft worden war der Wagen 1927 von der Badischen Lokal-Eisenbahnen AG (BLEAG). Im Jahr 1931 ging er an die Deutsche Eisenbahn-Betriebs-Gesellschaft (DEBG) über.

Mit der Übernahme der Albtalbahn durch die kommunale AVG im Jahr 1957 gelangte er schließlich in deren Fahrzeugbestand. Bis Anfang der 1960er-Jahre wurde der vierachsige Wagen hauptsächlich auf der Stammstrecke von Karlsruhe nach Bad Herrenalb eingesetzt. Nach deren Umspurung war er die letzten Jahre auf der Zweigstrecke von Busenbach nach Ittersbach unterwegs.

Nach Ende des meterspurigen Betriebs stand der Wagen 83 dann auf dem Wiesengrundstück in Spielberg. Ein Imker hatte das Fahrzeug von der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) erworben und dort viele Jahre Bienenstöcke untergestellt. Dafür wurde der Wagen komplett überdacht.

Historischer Wagen wurde von Imker in Spielberg genutzt

„Aufgrund der Einhausung ist das Fahrzeug in einem sehr guten Zustand erhalten“, schreibt der TSNV. Sogar die Fahrzeugbeschriftung wie etwa die Wagennummer, die Angaben zum Eigentümer und zu den technischen Daten seien noch vorhanden. Ebenso existieren die original Emaille-Schilder wie „Nichtraucher“, „Raucher“ und „Nicht hinauslehnen“.

Ein pensionierter Lokführer der Albtalbahn machte die TSNV-Mitglieder Reinhard Götz und Markus Weineich auf den Wagen aufmerksam. Da der nach dem Tod des Imkers seit einiger Zeit keine Bienenvölker mehr beheimatet und das Grundstück zukünftig anderweitig genutzt werden soll, haben die Angehörigen den Waggon dem TSNV für die Fahrzeugsammlung im „Historischen Depot 1913“ überlassen.

In der Wagenhalle an der Tullastraße sind neben den historischen Karlsruher Straßenbahnwagen auch ein Museumsbus und die ebenfalls meterspurige Ellok 2 der Albtalbahn aus dem Jahr 1910 ausgestellt. Hinter dieser Ellok kam der Wagen 83 in seinen letzten Betriebsjahren zum Einsatz.

Historischer Wagen 83 ist nicht mehr vollständig erhalten

Vom Wagen 83 ist allerdings nur der Wagenkasten erhalten. Möglicherweise sind die Drehgestelle mit den Rädern von der AVG damals nicht an den Imker verkauft, sondern separat als Alteisen gewinnbringend verwertet worden, heißt es beim TSNV. Die Räder habe der Imker für seinen Zweck schließlich nicht benötigt. Und ohne die Drehgestelle war der Waggon für den Landwirt leichter zu seinem Grundstück zu transportieren.

Beim TSNV ist man indessen zuversichtlich, über befreundete Vereine zwei passende Drehgestelle sowie Ersatz für die ebenfalls fehlenden Kupplungen und Schläuche der Saugluftbremse beschaffen zu können, sodass das Museumsfahrzeug in einiger Zeit wieder in äußerlich „komplettem“ Zustand ausgestellt werden kann.

Abgesehen von der Ergänzung der fehlenden Komponenten wird das Fahrzeug lediglich vollständig gereinigt, aber nicht neu lackiert, damit die Patina sowie die Originalbeschriftung erhalten bleiben. Ob die – um Platz für die Bienenstöcke zu schaffen – vom Imker Mitte der 1960er-Jahren im Inneren des Waggons auf einer Seite entfernten Holzsitzbänke samt Gepäckablagen rekonstruiert werden, sei noch nicht geklärt. Denkbar sei es, alternativ eine Wand mit alten Aufnahmen vom Wagen 83 und der Ellok 2 auf der Albtalbahn-Bergstrecke aufzustellen und so die letzten Einsatzjahre des historischen Personenwagens zu dokumentieren.

Service

Aus baulichen Gründen ist das historische Depot derzeit für Besucher nicht zugänglich. Am Sonntag, 11. Juni, werden jedoch von 13 bis 18 Uhr im Außenbereich Fahrzeuge gezeigt, nicht jedoch der Wagen 83: Erstens ist er noch nicht fahrbereit, zweitens muss erst eine Meterspur verlegt werden.

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