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Straftaten am Telefon

Enkeltrick und Schockanrufe: Karlsruher Polizei warnt vor Betrügern

Immer wieder gehen ältere Menschen Betrügern am Telefon auf den Leim. Obwohl die Polizei seit Jahren vor den Maschen warnt, steigt die Zahl der Telefon-Straftaten immer weiter an.

Auf das Telefonat folgt die Geldübergabe: Opfer des Enkeltricks und von falschen Polizeibeamten verlieren große Teile ihres Vermögens. Die Betrüger konzentrieren sich systematisch auf ältere Menschen.
Auf das Telefonat folgt die Geldübergabe: Opfer des Enkeltricks und von falschen Polizeibeamten verlieren große Teile ihres Vermögens. Die Betrüger konzentrieren sich systematisch auf ältere Menschen. Foto: lettas/Adobe Stock

Bei einer älteren Frau klingelt das Telefon. Am anderen Ende der Leitung hört sie zunächst nur Schluchzen und Weinen.

Dann meldet sich ein Polizist und sagt, dass ihre Enkelin einen tödlichen Unfall verursacht habe und nun in Untersuchungshaft sitze. Freikommen könne die junge Frau nur gegen eine Kaution. Wenn die Oma genügend Geld im Haus habe, werde ein Kollege vorbeikommen und es abholen.

Kommt die ältere Frau der Forderung nach, kommt der zweite Schock. Den Unfall hat es nämlich nie gegeben und nun ist sie selbst das Opfer einer Straftat und um mehrere Tausend Euro ärmer.

„Es vergeht fast kein Tag, an dem wir nicht mit einem derartigen Betrugsanruf zu tun haben“, sagt die Karlsruher Polizeipräsidentin Caren Denner. Die meisten Angerufenen legten zwar auf, aber regelmäßig tappen die Leute auch in die Falle. BNN-Redakteur Ekart Kinkel hat Fragen und Antworten zu den Straftaten am Telefon zusammengestellt.

Was sind die Maschen?

Am weitesten verbreitet sind der Enkeltrick und Anrufe von falschen Polizisten. Mittlerweile gibt es verstärkt Schockanrufe, bei denen die Täter nach einem mutmaßlichen Unfall mit der erfundenen Verhaftung eines Angehörigen anrufen oder einen medizinischen Notfall vorgaukeln.

Wie gehen die Täter vor?

Meistens geben sich die Täter als Polizisten oder Verwandte aus und erschleichen sich so das Vertrauen ihrer Opfer. Im weiteren Verlauf wird eine Notlage geschildert, entweder geht es um einen drohenden Raubüberfall oder einen Verwandten, der dringend finanzielle Hilfe braucht. Irgendwann kommt die Frage nach dem Geld. Ist genügend Bargeld im Haus, wird eine Abholung vereinbart. Falls nicht, werden die Opfer dazu gedrängt, eine größere Summe von der Bank abzuheben.

Wie viele Taten gibt es in Karlsruhe?

2020 wurden von der Polizei 775 Anrufe registriert. Bei sieben Leuten hatten die Täter Erfolg und erbeuteten 87.000 Euro. 2021 führten zwölf von 766 Anrufen zum Erfolg und die Beute belief sich auf 257.000 Euro. Im ersten Halbjahr 2022 wurden bereits 913 Anrufe gemeldet, bei 13 Opfern knapp 400.000 Euro erbeutet.

Wer sind die Täter?

Organisiert werden die Anrufe von falschen Polizisten meistens von organisierten Banden in der Türkei. Dort werden von Call-Centern Hunderte Anrufe pro Tag getätigt. „Das sind professionelle Strukturen wie in einem Unternehmen“, sagt Helmut Geprägs von der Kriminalinspektion. „Und es sind keine Betrüger, sondern Hochkriminelle, die über Leichen gehen. Was sie mit älteren Menschen machen, ist ihnen egal.“

Für die Geldübergabe werden oft Jugendliche in Deutschland rekrutiert. Deshalb gehen der Polizei bislang auch meistens nur die Handlanger und nicht die Drahtzieher ins Netz. Enkeltricks und Schockanrufe werden nach den Erkenntnissen der Polizei mittlerweile auch von Polen aus organisiert.

Wer sind die Opfer?

Meistens ältere Leute. „Viele Senioren glauben an das Gute im Menschen und sind hilfsbereit. Das nutzen die Täter gnadenlos aus“, betont Geprägs. Für Schockanrufe seien aber auch jüngere Leute empfänglich. Einige der Opfer seien mittlerweile zwischen 50 und 60 Jahre alt. Ausgewählt werden die Opfer meist zufällig bei einer Telefonbuchrecherche im Internet. Da finden die Täter die Nummern von Menschen mit alt klingenden Vornamen wie etwa Marianne oder Albrecht.

Warum funktioniert die Masche so gut?

Weil die Täter extrem professionell vorgehen. „Die Anrufer sind geschult und packen ihre Opfer an der richtigen Stelle“, betont Geprägs. Als mutmaßliche Polizisten erschleichen sie Vertrauen. Außerdem wecken sie mit der Schilderung einer Notlage oder einer Bedrohung schnell Emotionen. „Dann ist oft keine rationale Einschätzung der Situation mehr möglich“, sagt Geprägs. Mittlerweile würden die Täter ihren Opfern auch sagen, beim Geldabholen bei der Bank zu behaupten, dass sie eine Handwerkerrechnung bezahlen müssten.

Woran erkennt man die Betrüger?

An den erfundenen Geschichten. Kein Polizist ruft von der Unfallstelle bei Angehörigen an. Kein Polizist holt Geld von Senioren ab. Und kein Polizist erkundigt sich am Telefon nach den Vermögensverhältnissen von Privatleuten. Verwandte schicken ebenfalls keine Freunde zum Geld abholen, sondern kommen selbst vorbei.

Was rät die Polizei?

Am besten sofort auflegen und auf keine Fragen antworten. Wenn man sich anfangs noch unsicher ist und in ein Gespräch verwickeln lässt, den Anruf spätestens bei Fragen nach persönlichen und finanziellen Verhältnissen abbrechen. Wer sich immer noch unsicher ist, solle auflegen, ein paar Minuten warten und dann bei der 110 oder der Polizei vor Ort anrufen. Der wichtigste Tipp: Niemand in die Wohnung lassen und niemals einer unbekannten Person Geld geben, selbst wenn sie Uniform trägt oder sich als Freund von Verwandten ausgibt.

Was macht die Polizei?

Senioren direkt informieren. „Wir halten viele Vorträge bei Seniorenverbänden und informieren in den Medien regelmäßig über die Betrugsmaschen“, sag Präventions-Experte Remigius Kraus. Außerdem zeige das Präventionsreferat der Karlsruher Polizei regelmäßig auf Wochenmärkten und in der Innenstadt Präsenz. Banken und Taxifahrer werden ebenfalls für den Umgang mit mutmaßlichen Opfern sensibilisiert. Wenn aufgelöste ältere Leute viel Geld brauchten, sollte im besten Fall die Polizei verständigt werden.

Wer kann die Taten noch verhindern?

Fast jeder. Wer noch mit einem traditionellen deutschen Vornamen wie Karl oder Elfriede im Telefonbuch steht, kann zum Schutz vor Anrufen den Eintrag ändern oder die Telefonnummer wechseln. Bankmitarbeiter können ebenfalls ihren Teil zur Vermeidung von Straftaten beitragen und bei älteren Leuten, die größere Beträge abheben wollen, nach dem Grund fragen und die Angehörigen verständigen. Familien und Nachbarn können ebenfalls einen Beitrag zur Verhinderung der Straftaten leisten. „Sprecht mit der Oma und sagt ihr, was da passiert“, betont Geprägs. „Nur so bekommen wir das Problem in den Griff.“

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