
Die Baustellen bremsen an diesem Wochenende weder die Feier- noch die Einkaufslaune: Obwohl seit wenigen Tagen Bagger zwei Abschnitte der Kaiserstraße aufreißen, ist es am Samstag und Sonntag beim Fest der Sinne voll in der Karlsruher Innenstadt. Richtig voll.
„Wir gehen um den Bauzaun herum“, gibt sich eine Passantin gelassen. Denn auf vielen Plätzen gibt es etwas zu entdecken. Und wer am Sonntag zum Schlossplatz spaziert, erlebt die wahrscheinlich größte Überraschung: Mehr als 350 historische Fahrzeuge können dort bestaunt werden, obwohl zuletzt nur noch eine abgespeckte Version der Oldtimer-Show Tribut an Carl Benz in Aussicht gestellt war.
Mehr als 350 Oldtimer kommen trotz der Absage
Sichtlich bewegt steht Veranstalter Arnt Bokemüller auf dem Gelände. Seit Ende der 1990er Jahre organisiert er das Treffen. Erstmals zog er in diesem Jahr vorab wegen einer extrem schlechten Wetterprognose die Reißleine und sagte den Korso ab.
Das war am Donnerstag. „Da dachte ich, dass wir am Sonntag trotz Regen vielleicht 30, 40 Fahrzeuge zeigen können.“
Doch je näher der Sonntag kam, desto erfreulicher wurde die Vorhersage. Gleichzeitig sagten immer mehr Oldtimer-Besitzer fest zu. „Dieser Zuspruch ist enorm.“ Selbstkritisch sagt Bokemüller am Sonntag: „Ich habe sicher nicht alles richtig gemacht.“ Vielleicht habe er zu früh abgesagt. „Nur irgendwann muss man entscheiden.“
Die Oldtimer-Freunde wollen vors Schloss.Martin Wacker, KME-Chef und Oldtimer-Besitzer
„Wir freuen uns so, dass es am Ende doch geklappt hat“, versichert Bernd Hufendiek von Mercedes-Benz Trucks in Wörth: Erstmals präsentiert das Unternehmen fünf historische Lastwagen in Karlsruhe. Am Schlossplatz und entlang der Wege zum Schloss stehen Wagen, auch am Zirkel entlang füllt sich das Gelände.
Zwischenstopp in Karlsruhe
Auf einer Tour von Nordschottland nach Dubrovnik macht David Swan spontan mit seinem Mercedes 230E mit dem Baujahr 1984 Station am Schloss. Neben ihm steht ein Renault 4 TL, Baujahr 1977. Der gehört Martin Wacker.
Der Chef der Karlsruhe Marketing und Event GmbH (KME) verantwortet das Fest der Sinne. Und um den Besuchern in jedem Fall Oldtimer am Schloss bieten zu können, motiviert er Gleichgesinnte und steuert selbst seinen Wagen auf den Platz. „Ich bin immens dankbar, dass so viele mit ihren Fahrzeugen gekommen sind. Die Oldtimer-Freunde wollen vors Schloss.“





Die Besucher gehen umher, machen Fotos und Videos. Mit der Kamera ist auch Stephan Viel unterwegs: „Es ist wirklich toll hier. Diese Veranstaltung gehört ins Karlsruher Kulturprogramm“, sagt der Besucher aus Karlsruhe.
Immer mehr Menschen kommen auf das Gelände. Direkt neben den Oldtimern servieren Festwirte Erdbeer- und Spargelgerichte. So mancher, der einen Tisch ergattert hat, hat am Sonntag eine Tüte neben sich stehen. Schließlich ist verkaufsoffen in der Karlsruher City und in Durlach.
Verkaufsoffen zum Fest der Sinne
Am Sonntagmittag zieht Annette Wahl von Hut Nagel Bilanz: „Das Wochenende verläuft für uns erfreulich.“ Gerade am Samstag seien viele Kunden aus dem Elsass gekommen.
Wahl ist sicher: Solche Veranstaltungen bringen mehr Menschen in die Stadt. Direkt neben Hut Nagel hat am Sonntag Gaby Schwebe einen Verkaufstisch aufgebaut. Eigentlich bietet die Geschäftsfrau in der Waldstraße Feinkost und Spirituosen an. „Am Samstag war bei mir im Geschäft die Frequenz gering.“ Am Sonntag zeigt sie deshalb direkt in der Kaiserstraße Präsenz.

Einige Quartiere abseits der Haupteinkaufstraße organisieren selbst Aktionen, angefangen beim Glücksrad bis zur Kleinkunst. In der Südlichen Waldstraße ist viel los. Und am Sonntag freut sich Geschäftsfrau Susanne Freytag, dass in der Karlstraße schon vor Ladenöffnung um 13 Uhr Menschen vor ihrer Tür warten, die in die Kochschule von „Karlsruhe kocht“ wollen. „Wir haben gut zu tun.“
Zufrieden ist ebenso Anne Klausmann, die das Einkaufszentrum Ettlinger Tor leitet: „Das Wochenende läuft sehr gut.“ Allein am Samstag zählt sie 37.000 Menschen im Haus. Damit liege man leicht über der Frequenz vom Stadtfest im Herbst 2022.
Zufriedener Oberbürgermeister
Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) zeigt sich am Sonntag begeistert. „Die Atmosphäre ist entspannt, gelassen, friedlich.“ Es freue ihn, wie viele Familien kommen. „Es ist ein Fest für die ganze Stadt und darüber hinaus.“ KME-Chef Wacker sieht ein Grundprinzip bestätigt: „Ohne Erlebnis kein Leben.“
Er sagt: Wir inszenieren die Stadt und die Karlsruher sowie die Menschen aus der Region kommen.“ Der bei der KME für das Citymarketing zuständige Dennis Fischer sieht das ähnlich: „Wir sind wahnsinnig zufrieden, die Innenstadt ist voll.“
Wie in Karlsruhe nutzen die Menschen in Durlach den Sonntag zum Bummeln, Stöbern und Shoppen: Wer sich über zwei- und vierrädrige Fortbewegungsmittel informieren will, wird vor dem Rathaus und vor der Karlsburg fündig. Wer eher Entspannung sucht, für den dürfte ein Massagestuhl verlockend sein, der an der Pfinztalstraße steht.

Erfrischungen für Groß und Klein bieten die Dornwald Hexen an ihrem Stand an. „Bei uns gibt es Cocktails mit und ohne Alkohol“, sagt der Hexen-Vorsitzende Markus Eyholzer.
Kleine Besucher dürfen sich aber auch auf das Basteln von Buttons und das Ausmalen von Bildern freuen. „Der Erlös fließt in unsere Jugendarbeit, außerdem spenden wir einen Teil an die Kinderklinik“, erzählt er.
In der Amtshausstraße laden Sessel vor dem „Raum 2“ zum Verweilen ein. Die drei Inhaberinnen, Sara Djavadi, Sabrina Huynh und Denise Djavadi, haben draußen Prosecco, Brezeln und nette Gespräche im Angebot, drinnen kann man sich über Mode und Accessoires, Make-up und ein Fotoshooting informieren. „Jede von uns hat ihr eigenes Fachgebiet“, erklärt Sara Djavadi die Mischung.
„Der Rabe“ ist immer dabei
Bei jedem verkaufsoffenen Sonntag ist die Buchhandlung „Der Rabe“ mit dabei: Als besondere Aktion gibt es einen Bücherflohmarkt. „Wir kaufen dafür Restbestände auf und geben sie günstig an unsere Kunden weiter“, sagt Mitarbeiterin Christine Greschek.
Für kleines Geld kann man da große Literatur, etwa Saul Bellow oder Erich Kästner, finden. Entsprechend fleißig wird in den Kisten gestöbert.
Dass an diesem Sonntag nicht nur verkauft wird, zeigt der Info-Stand der Durlacher Bürger-Stiftung. „Viele Durlacher wissen gar nicht, dass es uns überhaupt gibt“, sagt Stiftungsvorstand Gerhard Kessler und erklärt, dass die Stiftung Projekte rund um die Geschichte und die Kultur Durlachs unterstützt. Als Beispiele für eine solche Unterstützung nennt er das Musikforum, aber auch das Wasserrad an der Obermühle.