Der Zufall will es, dass die Sonne in diesem Moment die Stadtbibliothek in das schönste Licht taucht. OB Frank Mentrup hat die Stadtbibliothek im Neuen Ständehaus als den Treffpunkt für das BNN-Porträt auserkoren - weil die Einrichtung für ihn etwas ausstrahlt: „Hier ist ein niedrigschwelliger verbliebener Treffpunkt für Alt und Jung, alle Schichten, Menschen mit großem oder kleinem Geldbeutel“, freut sich Mentrup, der seit Jahren auch Präsident des Deutschen Bibliotheksverbands ist.
Im Anschluss geht es mit dem von SPD und Grünen nominierten OB-Kandidaten über den Friedrichsplatz.. „Der Platz verkörpert Karlsruhe mit seinem historischen Ambiente. Hier trifft sich eine Stadtgesellschaft in all ihren Facetten“.
Neue Stadtbibliothek „wünschenswert“
Mentrup, seit 2013 Oberbürgermeister, blickt zurück Richtung Ständehaus, „Es wäre wünschenswert, wenn wir eine neue Stadtbibliothek bekämen, für Kleinkunst, für Initiativen, für das Treffen vieler Gruppen.“ Doch nun gibt es Corona, damit die Krise der kommunalen Finanzen, das Thema ist zentral im Wahlkampf. Mentrup, wenn er am 6. Dezember wiedergewählt wird, sowie der Gemeinderat müssen sich darauf einstellen, dass nicht mehr alles geht.
Beispielsweise schnell eine neue Stadtbibliothek zu bauen. Aber der 56-Jährige will das Nachdenken nicht einstellen: „Trotz Corona-Krise müssen wir ja weiter Zielvorstellungen haben, wie wir unsere Einrichtungen attraktiv machen.“
Video: Der Mensch hinter dem OB-Kandidaten: Frank Mentrup
Mehr Geld von Bund und Land gefordert
Dass Corona zur Belastung werden wird, daraus macht Mentrup keinen Hehl. Man könne sich auf solche Zeiten auch nicht seriös vorbereiten. „Wir haben gute Vorsorge getroffen - aber es wäre nicht vermittelbar gewesen, wenn wir etwa in den guten Jahren an der Sanierung unserer Schulen gespart hätten.“ Bund und Land müssten künftig mehr Mittel für die zentralen Funktionen Karlsruhes bereit stellen. Ins Rennen geht der OB aber nicht nur mit seinen Vorstellungen, sondern auch mit den Ergebnissen der vergangenen acht Jahre.
Er sah sich bei der Wahl 2012 gut vorbereitet, angesichts seiner Vergangenheit als SPD-Stadtrat und Fraktionsvorsitzender in Mannheim, als Landtagsabgeordneter und Staatssekretär. Doch geprägt habe ihn stark seine Tätigkeit als Arzt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie: „Ich habe viel gelernt aus der Zusammenarbeit mit Patienten und ihren Familien über unsere Gesellschaft.“ Nur aus der Politik zu kommen, sei zu wenig.
Realitätsschock im Amt
Es folgte damals dennoch so etwas wie ein Realitätsschock im Amt: „Es war noch intensiver von der Arbeitsbelastung, als ich mir es vorgestellt habe“, erzählt er im Rückblick. Wer OB werden will, muss sich dem Amt mit Haut und Haaren verschreiben. Aber: „Man muss selber sein eigenes Maß finden“, räumt der vierfache Familien- und frischgebackene Großvater einen Lernprozess ein. Zentral dabei sei für ihn „ein großes Maß an Vertrauen für die eigene Verwaltung“.
Das gleiche Vertrauen will er weiter den Ideen der Bürger entgegenbringen. Er sieht sich als „Ermöglicher“ - vor Jahren prägte er bei der Debatte um die Kunst von Markus Lüpertz dieses Wort.
Ideen, die Sinn haben, wolle er den Weg zur politischen Entscheidungsfähigkeit ebnen, präzisiert er. Hier setze er weiter auf eine „gute Kultur im Gemeinderat“. Sollten ihm die Wähler erneut das Vertrauen schenken, will er die Bürger noch stärker mitnehmen, verweist auf den Stadtgeburtstag 2015 und den damaligen Aufbruch-Prozess. Dass sich ganze Gruppen der sich verändernden Stadtgesellschaft abmelden und nichts mehr miteinander zu tun haben, ist keine Vorstellung, die Mentrup einfach hinnehmen will. „Wir müssen als Stadt, zusammen mit Institutionen und Vereinen, ein Wir-Gefühl bis hinein in die Stadtteile entwickeln.“