
Bei den Karlsruher Christdemokraten steigt die Spannung: Norbert Röttgen, Friedrich Merz oder Armin Laschet? Wenn am Freitag der digitale Bundesparteitag beginnt, sind Katrin Schütz, Ingo Wellenreuther und Thorsten Ehlgötz als Karlsruher Delegierte mit dabei. In ihren Büros und Arbeitszimmern beteiligen sie sich an den Weichenstellungen der Bundespartei, die am Samstag in der Wahl eines neuen Parteichefs gipfeln werden.
Aus Corona-Gründen muss der 33. Bundesparteitag der CDU dezentral und digital stattfinden. „Das macht schon einen Unterschied“, sagt Kreisverbandschef Wellenreuther. Wo sonst die Redner versuchen, mit einem mitreißenden Vortrag den Saal für sich zu gewinnen, sprechen sie diesmal allein in Kamera und Mikrofon. Für ein klein wenig Parteitags-Flair sorgt immerhin die „Delegiertenbox“, die die Wahlberechtigten von der Bundesgeschäftsstelle bekommen haben. Darin unter anderem: Süßigkeiten, Schlüsselband, der offizielle Parteitags-Kaffeebecher, Maske, Desinfektionsmittel, ein Teelicht und eine kabellose Ladestation - sowie natürlich die Parteitags-Unterlagen.
Ingo Wellenreuther setzt auf Friedrich Merz, den er ebenso wie Norbert Röttgen schon seit vielen Jahren persönlich kennt. „Auf jeden Fall haben wir aber drei hochqualifizierte Kandidaten.“
Keine Frau am Start
Stadträtin Karin Wiedemann geht bei dieser Einschätzung nur zum Teil mit. „Drei ältere Männer, aber keine Frau“ - auf diesen Nenner bringt sie ihre Enttäuschung über das Personaltableau jener Partei, der sie seit 20 Jahren angehört. Die Delegierte Katrin Schütz hingegen steht eigenen Angaben zufolge hinter Friedrich Merz; entsprechend hatte sich auch Landesvorsitzender Thomas Strobl positioniert.
Schütz ist nicht nur Staatssekretärin im CDU-geführten Stuttgarter Wirtschaftsministerium. Sie amtiert auch als Bezirksvorsitzende der Frauen Union (FU). Auch dort sei man mehrheitlich für den Wirtschaftsexperten aus dem Sauerland, betont die Karlsruherin. Das ist deshalb bemerkenswert, weil die Bundesvorsitzende der FU, Annette Widmann-Mauz, eine Empfehlung für Armin Laschet und Norbert Röttgen ausgesprochen hat.
Hoffnung auf Schub für Baden-Württemberg
In ihrer Unterstützung für Merz weiß sich die Delegierte Katrin Schütz eins mit der Stadträtin und Landtagskandidatin Rahsan Dogan. Sie hatte Merz beim Jahresempfang der Karlsruher Frauenunion im Herbst zu Gast und ist über ihn des Lobes voll. Der Wirtschaftsexperte sei fokussiert, bringe neue Impulse in die Partei und könne auch verbinden. „Ich erhoffe mir einen Schub fürs Land“, fasst die promovierte Juristin Dogan zusammen.
Vom Digital-Parteitag erwartet sie ebenfalls einen Schub: Für die Partei und die Digitalisierung. Vor allem sei wichtig, dass überhaupt ein Parteitag stattfinden könne.
Wer am Ende die Nase vorn haben wird, sei „ganz schwierig abzusehen“, sagt Frederik Hübl, Vorsitzender der Jungen Union Karlsruhe-Stadt. Weniger schwierig abzusehen ist die persönliche Präferenz Hübls. Sein Herz schlägt für Merz, was auch der Positionierung der JU im Bund entspricht.
Gerade angesichts der aktuellen Lage sei es nicht schlecht, wenn der Parteivorsitzende aus der Wirtschaft komme. „Friedrich Merz hat die Expertise und strahlt sie auch aus“, so der Jurist. Hübl will den Parteitag - wie viele andere Karlsruher CDU-Mitglieder auch - an den entscheidenden Stellen im Live-Stream mitverfolgen.
Taktische Überlegungen
Hinter den Partei-Kulissen und in den einschlägigen Internetforen gibt es längst ausführliche Debatten darüber, wie sich die Delegierten taktisch verhalten sollten, um am Ende ein bestimmtes gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Demzufolge kann es unter Umständen sinnvoll sein, wenn nach dem ersten Wahldurchgang der Wunschkandidat gerade nicht vorn liegt. „Oft kommt es dann aber anders als man denkt“, sagt Ingo Wellenreuther.
Auch sein Delegierten-Kollege Stadtrat Thorsten Ehlgötz bevorzugt das offene Visier: „Ich bin und bleibe ein Anhänger von Friedrich Merz“, sagt er. Dieser werde sich dem vernachlässigten Wirtschaftsflügel der CDU widmen und die Partei einen. Natürlich sei beim Digital-Konvent vieles anders also sonst: Kein Partei-Abend, kein persönliches Gespräch beim Kaffee im Foyer, kein Parteitagsflair. Eines aber immerhin ist wie stets: Die Delegierten treffen ihre Wahlentscheidung autonom und geheim.